Soziales

Vonovia-Jahresbilanz 2020: Die Krise bleibt allein Sache der Mieter:innen

17. Mai 2021 - 12:29 Uhr

Schwarzes Plakat auf rostigen, braunen Untergrund, die Aufschrift: Vonovia enteignen.

Die Bilanz der Vonovia für 2020 macht deutlich: Trotz Pandemie läuft die Umverteilungsmaschine auf dem Wohnungsmarkt ungehindert weiter. Das Nachsehen haben die Mieter:innen. Sie sind es die, die Dividende erarbeiten müssen, die der Konzern an seine Aktionär:innen ausschüttet.

„Vonovia unterstützt Kinderstiftung“, meldete ein Dresdner Stadtteilblog Ende März. Der Anreißer erklärte, die Vonovia sorge dafür, „dass Kinder den Tag mit einem warmen Abendessen beenden können“. Klar, besser wäre, wenn Kinder nicht auf ominöse Spenden angewiesen sind, um an ein warmes Essen zu kommen. Aber andererseits wissen alle, ohne Mampf kein Kampf. Wieso also pingelig sein. Der Klick auf den Artikel überraschte dann aber doch: 40 (in Worten: vierzig) warme Essen hat der milliardenschwere DAX-Konzern einem kirchlichen Sozialträger im Dresdner Jägerviertel gespendet – und zwar einmalig.

Etwa zeitgleich veröffentlichte der Konzern seine Jahresbilanz für das Jahr 2020. Und entpuppte sich, wenig überraschend, als Krisengewinner. Während groß Teile der Gesellschaft, insbesondere die unteren Einkommen, durch die Pandemie Einkommensverluste hinnehmen mussten, sprudelten die Mieteinnahmen unverändert weiter. Die Vonovia konnte erneut Rekordgewinne vermelden: 1,3 Milliarden Euro (2019: 1,2 Milliarden Euro) hat der Konzern aus dem Geschäft mit dem Wohnen abgeschöpft. Knapp eine Milliarde davon wurde direkt an die Aktionär:innen weitergereicht. Entschieden haben das, wie es sich für eine Aktiengesellschaft gehört, die Aktionär:innen selbst. Nahezu einstimmig folgten sie auf der Hauptversammlung am 16. April 2021 dem Vorschlag des Vorstands, eine Dividende von 1,69 Euro pro Aktie (2020: 1,57 Euro) auszuschütten. Nicht gefragt wurden die, die für das leistungslose Einkommen einiger weniger Aktienbesitzer:innen gerade stehen müssen: die hunderttausenden Mieter:innen. 

Für die hat der Konzern wie schon im Vorjahr steigende Mieten eingeplant – die Gewinne der einen, sind die Verluste der anderen. Um 2,8% (2019: 3,7%) wuchsen die Mieten bei der Vonovia im bundesweiten Durchschnitt. In Dresden verlangte der Konzern im Durchschnitt 2,1% (2019: 3,9%) mehr. Das ist eine weniger starke Mietsteigerung als im vergangenen Jahr. Sie liegt damit aber dennoch deutlich über der allgemeinen Preis- und Lohnentwicklung. So nahmen die Preise 2020 lediglich um 0,5% zu und die Durchschnittslöhne haben im Vergleich zum Vorjahr mit -1,1% sogar erheblich abgenommen

Auffällig sind die Zahlen der Vonovia für Berlin. Der Konzern vermietet dort rund 43.000 Wohnungen und musste erstmals sinkende Mieten ausweisen: Um 2,1% wurden die Mieter:innen im Jahr 2020 entlastet. Guter Wille steckt allerdings nicht dahinter, sondern der durch das Land Berlin im Januar 2020 eingeführte Mietendeckel. Dieser stellte damit seine Wirksamkeit unter Beweis – jedoch nur für kurze Zeit. CDU und FDP-Bundestagsabgeordnete klagten vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Regelung und setzen ihre Politik zu Lasten der Mieter:innen fort. 

Ende März 2021 urteilte das Gericht, das Land Berlin könne keinen Mietendeckel einführen, dazu sei allein der Bund legitimiert. Damit läutet das BVerfG die nächste Runde im Kampf um das Recht auf Wohnen ein. Die LINKE wirbt nun für die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels und will die Wohnfrage zu einem zentralen Thema der im September anstehenden Bundestagswahlen machen. Zum anderen sammelt die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ derzeitig fleißig Unterschriften für einen Volksentscheid. Wenn es gut läuft, mehr als die Hälfte der benötigten Stimmen sind bereits zusammengekommen, könnten die Berliner:innen zur Bundestagswahl auch über die Enteignung der großen und privaten Immobiliengesellschaften in Berlin abstimmen.

Und in Dresden? Auch da tut sich einiges. Vor Gericht musste die Vonovia wegen ihres Geschäftsgebahrens einige Niederlagen hinnehmen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Betriebskosten und der Verdacht, dass der Konzern damit Gewinne erwirtschaftet. Das jedoch ist gesetzlich verboten. Bewusst setzt der Konzern hier auf Intransparenz und eröffnet Räume für Betrug zu Lasten der Mieter:innen. So erklärte die Vonovia vor dem Amtsgericht Dresden, keine Preislisten für Hausmeisterdienste zu haben. In einem anderen Fall verlangt das Landgericht Dresden, dass das Unternehmen, das Leistungsverzeichnis einer Tochtergesellschaft offen legt. Denn die Vonovia habe nicht ausschließen können, dass sie in diesem Fall durch die Hausreinigung Gewinne erwirtschaftet hat.

Transparent an einem Haus in der Dresdner Neustadt

Unterdessen schreitet die Vernetzung der betroffenen Mieter:innen voran. In der Äußeren Neustadt gründete sich im Frühjahr eine neue Initiative und verstärkt damit das bereits bestehende Netzwerk der Vonovia-Mieter:innen in Dresden. Mehr Druck ist zweifellos nötig, damit auch die politischen Entscheidungsträger:innen ihrer Verantwortung nachkommen. Bisher fehlt es an wirksamen Lösungen, um das renditegetriebene Geschäft zu Lasten der Mieter:innen zu unterbinden.


Veröffentlicht am 17. Mai 2021 um 12:29 Uhr von Redaktion in Soziales

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