hszfuersklima – die Hörsaalbesetzung an der TU Dresden
2. Dezember 2019 - 13:06 Uhr - Eine Ergänzung
Im Rahmen der Climate Action Week hatte die Gruppe „HSZfuersKlima“ gemeinsam mit Ende Gelände und anderen Dresdner Gruppen diese Woche einen Hörsaal an der TU Dresden besetzt. Ungeachtet des Widerstandes von anderen Studierenden, Rektorat und Polizei blieben die Aktivistinnen und Aktivistenüber mehrere Tage vor Ort und schufen damit Raum für Diskussion, Auseinandersetzung und öffentliche Sichtbarkeit. Sie forderten die dringend notwendige Auseinandersetzung mit Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Nachdem das Rektorat die Besetzung zu Wochenbeginnnoch geduldet hatte, verweigerte Rektor Hans Müller-Steinhagen am Donnerstag den Einlass und berief sich auf das Hausrecht– die Polizei räumte daraufhin das Gebäude. Wir haben mit einer Besetzerin gesprochen.
Wer hat diese Woche den Hörsaal besetzt? Wie ist das abgelaufen?
K: Ich glaube es ist wichtig zu betonen, dass es eine Gruppe von Einzelpersonen war. Das waren Individuen, die zum Ziel hatten, Klimagerechtigkeit an der Uni und bei den Studierenden mehr in den Fokus zu rücken. Als Mittel haben sie die Besetzung gewählt und sich eine knappe Woche lang im Audimax, dem größten Hörsaal der TU Dresden aufgehalten. Im Vorfeld wurde mit Plakaten für den Treffpunkt am Montag um halb neun mobilisiert. Da haben sich einige Menschen eingefunden, unter anderem auch die Trommelgruppe ROR – rhythm of resistance. Um neun wurde der Hörsaal aufgeschlossen und die Gruppe ist mit den anderen Studierenden rein. Dort haben sie mit ROR und Transparenten den Hörsaaal besetzt, das waren ungefähr 100 Menschen.
Du studierst selbst an der TU Dresden. Wie hast du den Kontakt mit Mitstudierenden wahrgenommen?
K: Geteilt. Man kann sagen, wir waren wirklich präsent, auf twitter und vor Ort. Besonders auch bei der ersten Vorlesung am Montag: Wir sind da durchaus auf Feindseligkeit gestoßen. Es gab ja auch Aktionen wie das Anzünden des TUWI-Würfels, das ist ein Kunstwerk der Umweltinitiative. Viele haben Unverständnis gegenüber der Besetzung geäußert. Und parallel haben viele Lust gehabt auf eine wirkliche Auseinandersetzung und wollten wissen, warum diese Besetzung stattfindet. Diese Menschen hatten großes Interesse gezeigt, sich mit dem Thema Klimagerechtigkeit zu beschäftigen! Das hat für viele Studis Sinn gemacht: Einen temporären Freiraum zu schaffen, in dem politische Diskussionen zur Klimagerechtigkeit geführt werden können.
Ihr hab ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Wie sah das genau aus?
K: Ja, das Programm wurde sehr gut angenommen. Viele haben uns gesagt: der Hörsaal ist ja eigentlich dafür gemacht, dass es eine vortragende Person gibt und das Auditorium nur zuhört. Dieses Raumkonzept haben wir geschafft zu brechen und verschiedene Workshops und Vorträge gleichzeitig stattfinden zu lassen. Das war teilweise schwierig wegen des Lärmpegels, geichzeitig hatte das auch zur Folge, dass immer Menschen dazu kommen konnten. Das war wirklich eine schöne Stimmung und ein intensiver Austausch.
Ihr habt euch den Raum genommen, um über Klimagerechtigkeit zu diskutieren. Was waren eure Forderungen über den Unikontext hinaus?
K: Wie gesagt, das Ziel ist eine Form von Klimagerechtigkeit zu erkämpfen und um Solidarität mit anderen aktiven Menschen auszudrücken, die sich nicht aussuchen können, ob sie sich mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen wollen oder nicht, weil sie in ihrer Existenz bedroht sind durch den Klimawandel. Neben diesen Prioritäten sollten auch über die Woche konkrete Forderungen erarbeitet werden. In den drei Tagen ist dann eine ganze Bandbreite formuliert worden. Von der Forderung, dass sich die TU der de-vestment Bewegung anschließen soll, die nicht weiter in fossile Brennstoffe investiert, bis hin zu verschiedenen Mobilitätsforderungen, wie etwa einem Ausbau der Rad- und Fußwege. Aber auch kleinteilige Forderungen, zum Beispiel an das Studierendenwerk, für mehr vegetarisches und veganes Essen in den Mensen. Die sehr verschiedenen Leute bei der Besetzung haben sehr unterschiedliche Forderungen mitgebracht, die wir erstmal gesammelt haben.
Seid ihr mit anderen Aktionen und Besetzungen vernetzt?
K: Schon allein die Personen der Besetzung stammen aus verschiedenen Gruppen: Aus der Umweltinitiative, von Fridays for Future, oder Students for Future, von WHAT und der Linksjugend. Innerhalb von Dresden haben sich unterschiedliche Initativen mit uns solidarisiert, aber auch außerhalb der Stadt: die Vollversammlung in Berlin und Fridays for Future Berlin zum Beispiel. Teilweise erreichten uns leider aber auch Ent-Solidarisierungen, wie die von unserem eigenen STURA. Es war also sehr unterschiedlich, auf jeden Fall war es aber interessant einen Diskurs anzustoßen.
Den Abschluss der Climate Action Week sollte ja eine Demonstration am vergangenen Freitag bilden. Habt ihr auch dorthin mobilisiert?
K: Ja, wir haben diese Demonstration, die von Fridays for Future organisiert wurde unterstützt. Ursprünglich wollten wir direkt vom HSZ eine Zubringerdemo machen. Das hat nicht geklappt, weil vorzeitig geräumt wurde. Wir waren aber natürlich trotzdem alle da.
Kannst du etwas mehr zur Räumung sagen?
K: Aus unserer Perpsektive war die Räumung fadenscheinig argumentiert und unbegründet. Der offizielle Grund war ein Eintrag bei der Bettenbörse von Ende Gelände (für 297 Schlafplätze), den es aber schon lange vorher gab. Das war also kein Bruch der Abmachung, dass wir von 9 bis 20 Uhr das Audiomax nutzen. Wir haben uns die ganze Woche an die Abmachung gehalten, außer am Montag, da sind zwei Besetzende im Gebäude geblieben. Zur Räumung: Es hatten sich am Donnerstag um neun morgens alle Aktivistinnen und Aktivisten eingefunden, als das Rektorat plötzlich den Zugang verweigerte. Es hatte im Vorfeld keine Kommunikation mit uns stattgefunden und plötzlich hieß es, der Kanzler macht von seinem Hausrecht Gebrauch, mit dem genannten Grund. Wir haben mehrere Gesprächsangebote gemacht und auf die Fadenscheinigkeit hingewiesen, aber darauf wurde nicht eingegangen. Die Uni war nicht zum Gespräch bereit. Bei der Räumung wurde dann ein Student von der Polizei fixiert und rausgetragen, obwohl er im letzten Moment noch von seinem Wahlrecht [zu Gehen] Gebrauch machen wollte. Er hat danach ein Hausverbot erhalten.
Wir geht es bei euch weiter?
K: Das ist eine spannende Frage. Viele von uns hat die letzte Woche viel Energie und Kraft gekostet, auch wegen dem Gegenwind. Aber für viele war es auch empowernd, einen Freiraum und Diskurs anstoßen zu können. Wir wollen uns auch in Zukunft mit allen, die Lust haben, treffen und gemeinsam überlegen, wie es weitergeht. Mehr Infos werden weiterhin vor allem über den Twitterkanal hszfuersklima verbreitet werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen unter:
https://hszfuersklima.blackblogs.org/ https://twitter.com/hszfuersklima
Veröffentlicht am 2. Dezember 2019 um 13:06 Uhr von Redaktion in Soziales
Schade, dass die große Öffentlichkeit anscheinend nicht genutzt wurde, um auch auf andere, bereits langfristig und weniger lautstark agierende Initiativen mit Engagement für den Klimaschutz aufmerksam zu machen.