Soziales

Erfolgreicher Kampf um Radwege auf der Albertstraße

15. Juni 2020 - 21:39 Uhr

Wie die Stadt Dresden am 04. Juni vermeldete, wird ein Teil der wichtigsten Nord-Süd-Radroute in Dresden sicherer. Die Albertstraße bekommt zwischen Carolaplatz und Albertplatz beidseitig einen Radweg. Baubeginn auf der etwa 700 Meter langen stark frequentierten Strecke, welche unter anderem die Äußere Neustadt mit der Technischen Universität verbindet, soll am 20. Juli sein. Von den bestehenden vier Autospuren wird eine für den Ausbau zusätzlicher Radverkehrsinfrastruktur benötigt. Die Radwege werden eine Breite von zwei Metern erhalten.

Vorausgegangen war eine regelrechte Posse. Noch im Januar 2019 hatten CDU, FDP und Bürgerfraktion beantragt, „den Straßenrückbau zu stoppen“. Mit Unterstützung der AfD und einer daraus resultierenden braunen Allianz gegen eine fahrradfreundlichere Stadt gelang das Vorhaben tatsächlich und die eigentlich für Februar 2019 geplante Vergabe platzte im letzten Moment. Pikant, da die Ausschreibung bereits erfolgt war und Baufirmen durchaus auf Schadenersatz hätten klagen können. Baubürgermeister Schmidt-Lamontain (Grüne) stellte damals im Gegenzug klar, dass es sich bei dem Vorhaben um ein „allgemeines Verwaltungshandeln, eine verkehrsrechtliche Anordnung“ handeln würde. Weiterhin müsse der Rat erst ab einer Vergabesumme von einer Million Euro abstimmen. Eine Zustimmung des Stadtrates wäre nie notwendig gewesen.

Schnell regte sich Widerstand in der Stadt. Die Dresdner „Critical Mass“ setzte sich fortan nun immer Dienstagabend zur besten Berufsverkehrszeit in Bewegung, um auf der Albertstraße ein paar Runden zu drehen. Während sich die Dresdner Polizei anfangs zurückhaltend verhielt und ratlos die klingelnden Radelnden beobachtete, dauert es nicht lange, bis es bei folgenden Ausfahrten zu ersten Konfrontationen kam. Am Jorge-Gomondai-Platz belagerten dabei Einsatzzüge der Bereitschaftspolizei den Treffpunkt für die nach Ansicht der Organisator:innen anmeldefreie „Critical Mass“.

Teilnehmer:innen wurden grundlos gefilmt und Versuche der eingesetzten Polizeikräfte, mögliche Veranstalter:innen ausfindig zu machen, wurden unternommen. Dennoch setzten sich immer wieder einzelne Gruppen mit ihren Rädern in Bewegung. Mit waghalsigen Manövern stoppte die Polizei einzelne Fahrradkonvois im fließenden Verkehr und nahm zum Teil Personalien auf, da der Verdacht der Teilnahme an einer nicht angemeldeten Veranstaltung bestand. Dabei wurden die Teilnehmer:innen teilweise im Nachgang durch die Lokalpresse als „radelnder Mob“ denunziert. 

Im Oktober 2019 stimmte der Stadtrat erneut über den geplanten Radwegbau ab. Mit nun 36 zu 33 Stimmen, einer Mehrheit aus Grünen, Linken, SPD und fraktionslosen Stadträten wurde schließlich doch noch der Weg für eine sichere und fahrradfreundliche Albertstraße geebnet. Der Baustart soll nun endlich am 20. Juli 2020 erfolgen. Wie erfolgreich Aktionen und organisiertes Vorgehen sein können um Einfluss auf kommunale Projekte zu nehmen, zeigt das Beispiel Albertstraße gut.

Am Morgen des 3. Juni 2020 demonstrierten auch im Dresdner Osten Menschen für eine fahrradfreundlichere Stadt. Aufgerufen hatte der ADFC Dresden. Im Mittelpunkt der Demonstration stand ein Teil der Route entlang Dürer- und Wormser Straße. Mit einem symbolischen Lückenschluss machten die Teilnehmer:innen auf fehlende Radwege in einer Einbahnstraße aufmerksam. Laut Angaben des ADFC hatte bereits 1997 das Stadtplanungsamt verkündet, an dieser Stelle aktiv zu werden. Bis heute hat sich jedoch nichts geändert. Es bleibt offen, inwieweit der öffentliche Druck auf die Stadtverwaltung auch hier zu einer positiven Veränderung führen kann.


Veröffentlicht am 15. Juni 2020 um 21:39 Uhr von Redaktion in Soziales

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