Bundesweite Warntreiks im öffentlichen Dienst, Arbeitskampf bei der Post
13. März 2023 - 09:08 Uhr - Eine Ergänzung
Am vergangenen Dienstag und Mittwoch streikten auch in Dresden Arbeiter:innen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), zahlreicher Kindertagesstätten und Behörden. Die Gewerkschaft ver.di hatte bundesweit fast 2,5 Millionen Beschäftigte zu einem Warnstreik aufgerufen.
Anlass für die neuerlichen Arbeitsniederlegungen im März war das Scheitern der zweiten Tarifrunde auf Bundesebene Ende Februar 2023. Der Bund und der Verband kommunaler Arbeitgeber (VKA) hatten darin ein Angebot vorgelegt, welches sich vor allem auf eine Einmalzahlung an alle Arbeiter:innen stützt und von der Gewerkschaft vehement abgelehnt wird. Ver.di kritisiert, dass mit diesem einmaligen Extragehalt keineswegs die dauerhaft hohen Preise ausgeglichen werden könnten.
Stattdessen fordert die Gewerkschaft eine allgemeine Anhebung der Löhne um 500 Euro im Monat, um die Reallohnverluste durch die steigende Inflation dauerhaft auszugleichen. Darum sei auch die von Bund und VKA vorgeschlagene Laufzeit von 27 Monaten für den Tarifabschluss vollkommen unzulänglich. Zuletzt wendete sich ver.di auch gegen jede Spaltung zwischen den Berufsgruppen. 500 Euro mehr seien das Minimum für alle Arbeiter:innen, die die Gewerkschaft im öffentlichen Dienst vertritt.
Kein unpolitischer Streik
Bereits am Freitag, den 3. März, hatte ver.di zu Streikaktionen im öffentlichen Nahverkehr aufgerufen. Am selben Tag hatte auch die Bewegung Fridays for Future (FFF) zu einem globalen Klimastreik mobilisiert. Gemeinsam riefen ver.di und FFF, aber auch diverse Klima- und Umweltschutzgruppen zu einem Verkehrswendeaktionstag auf. Zusammen forderten sie mehr Investitionen in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) für eine klima- und sozial gerechte Verkehrswende sowie bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im ÖPNV.
Dafür wurde der Nahverkehr bundesweit von etwa 60.000 Verdi-Mitgliedern bestreikt und in mehreren Bundesländern teilweise lahmgelegt. Auch in Dresden fuhren fast keine Busse und Bahnen. Dennoch fanden sich gut 5.000 Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche, auf dem Dresdner Neumarkt zu einer Demonstration ein. Dort sprach auch ein Vertreter der Gewerkschaft und betonte die Gemeinsamkeiten zwischen den Arbeiter:innen bei Bus und Bahn sowie den Streikenden von FFF.
Die für die Rettung des Klimas notwendige Verkehrswende, sei ohne gute Arbeitsbedingungen und gute Löhne im ÖPNV nicht zu machen. Es brauche den Ausbau der Infrastruktur und eine deutliche Erhöhung der Kapazitäten bei Bus und Bahn. Schon heute fehlten hingegen zahlreiche Beschäftigte in dieser Branche. Arbeiter:innen würden sich eben nicht nur danach richten, was politisch notwendig sei, sondern auch und vor allem, was ein gutes Leben ermögliche.
Der Bundesverband der Arbeitgeber (BDA) hatte die Aktion ver.dis mit dem Verweis auf das Verbot politischer Streiks in der Bundesrepublik kritisiert. Demnach dürfe ver.di nicht „für das Klima streiken“, sondern nur für Anliegen, die unmittelbar den Arbeitsplatz beträfen. Glücklicherweise prallte diese Kritik an der Gewerkschaft ab. Letztlich ist jeder Streik ein politischer Streik, denn auch und gerade die Verteilung von Löhnen ist unmittelbar politisch.
Drohende Post-Streiks
Auch bei der Post droht ein Streik. Am Freitag vergangene Woche trafen sich ver.di und Konzernvertreter zur mittlerweile vierten Verhandlungsrunde in den Tarifgesprächen, nachdem sich am Tag davor bei einer Urabstimmung 85,9 Prozent der Befragten für unbefristete Streiks ausgesprochen hatten. Ver.di fordert 15 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten im Bereich Post & Paket.
Noch vor der Urabstimmung hatte die Deutsche Post AG mit der Ausgliederung von Betriebsbereichen und Stellenabbau gedroht, wenn die Gewerkschaft nicht „von den hohen Forderungen abweiche“ und damit laut ver.di gezeigt, „wie die Fremdvergabe eingesetzt wird, um Tarifbindung und Tarifautonomie zu unterlaufen„.
Nach der Abstimmung für unbefristete Streiks hatte die Post zwar in der vierten Verhandlungsrunde am Freitag ihr Angebot deutlich erhöht und höhere Einmalzahlung im April, monatliche Zahlungen zum Inflationsausgleich bis März 2024 und einen tabellenwirksamen Festbetrag von 340 Euro ab April 2024 zugesagt. Aber das Angebot scheint immer noch nicht abschließend zufriedenstellend für die Beschäftigten zu sein.
Begründet wurde die Weigerung, stärker auf die Forderungen der Beschäftigten einzugehen, wie so oft mit der Wirtschaftlichkeit. Jedoch steht der Behauptung des Managements, das Angebot der Post gehe „an die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren“, ein neues Rekordjahr an Gewinnen für den Konzern gegenüber. Zwar wurde im Post- und Paketgeschäft weniger Gewinn gemacht als zuvor, etwa 1,27 Milliarden Euro, die mit der Erfüllung der ver.di-Forderungen nach unten umverteilt werden würden. Allerdings profitiert die Post vom zunehmenden Online- und Versandhandel und verdient ihr Geld vor allem im Ausland mit Fracht-und Lieferketten-Dienstleistungen. Unterm Strich erzielte sie insgesamt einen neuen Rekordgewinn von 8,4 Milliarden Euro, ein Plus von 5,7 Prozent. Aus diesem Grund wurde die Dividende für Aktionäre erhöht und das bestehende Aktienrückaufprogramm um eine Milliarde Euro aufgestockt.
Die gesamte Konzerngeschichte zeigt beispielhaft die Auswirkungen von Privatisierungen von Aufgaben, die für die öffentliche Daseinsfürsorge notwendig sind. Während auf Profit und Wachstum ausgerichtete Unternehmen die Kosten für die Allgemeinheit erhöhen und Risiken sowie Mehrarbeit auf die Beschäftigten abwälzen, werden die Gewinne privatisiert. Seit Jahren gehen die zunehmenden Gewinne außerdem mit immer schlechteren Arbeitsbedingungen einher. Während die Menge an schlechter bezahlten Aushilfsstellen und der Umfang an Arbeit und Verantwortung für die Zusteller:innen steigt, profitiert der Aktienkonzern in Form von Betriebsgewinnen. Immer öfter ist der Konzern mit scharfer Kritik an den Ausbeutungsverhältnissen konfrontiert.
Bild: Symbolbild
Veröffentlicht am 13. März 2023 um 09:08 Uhr von Redaktion in Soziales