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„Wir sind das Limit“: Erstes Klimacamp in Tschechien entert Kohletagebau nahe Most

14. Juli 2017 - 12:04 Uhr

In Zusammenarbeit mit dem Internationalistischen Zentrum Dresden

Ende Juni (21.-25.06.) ließ sich im nordtschechischen Horní Jiřetín nahe der Stadt Most einem Schauspiel historischen Ausmaßes beiwohnen. Organisiert von der Gruppe „limity jsme my“ (Wir sind das Limit), versammelten sich rund 300 Aktivistinnen und Aktivisten zu einem ersten internationalen Klimacamp in Tschechien. Neben einer Vielzahl an Vorträgen und Diskussionen, gelang es einer größeren Gruppe am Samstag, eine der umliegenden Kohlegruben zu besetzen. Erst am Tag darauf waren die letzten der von der Polizei während der Besetzung teilweise brutal festgenommenen Menschen wieder freigelassen worden.

In ihren Forderungen hatte sich „limity jsme my“ bereits im Vorfeld nicht nur das Einhalten der 1991 festgelegten Grenzen für die bestehenden Tagebaugruben, sondern auch einen sofortigen Stopp des Abbaus und der Verbrennung von Kohle ausgesprochen. Stattdessen schlug die Gruppe der tschechischen Regierung vor, ihren Strombedarf gänzlich aus erneuerbaren Energien zu beziehen, um damit die Produktion von Treibhausgasen sehr stark zu reduzieren. Die wirtschaftlichen Nachteile für die Region sollten durch eine höhere Besteuerung und Umverteilung der Unternehmensgewinne zugunsten der nachhaltigen Entwicklung der betroffenen Regionen genutzt werden. Während der größte Teil des Camps der inhaltlichen Debatte und dem internationalen Austausch gewidmet war, verliehen etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Forderungen am Samstag Nachdruck, als sie am Tagebau „Lom CSA“ eine symbolische rote Linie zogen. Danach wurde mit der gewohnt martialisch auftretenden Polizei eine Busreise zu einer Kundgebung vor dem örtlichen Kohlekraftwerk vereinbart. Ein Teil der Gruppe nutzte die Busfahrt jedoch während eines kurzen Halts dazu, hinab in die Kohlegrube von Bílina zu steigen, um dort die Kohlebagger und Fließbänder kurzerhand für einige Stunden lang symbolisch zu besetzen.

Die Umweltbewegung trifft in der tschechischen Republik auf starken Widerstand, der bis in höchste Regierungskreise reicht. So gehört nicht zuletzt der ehemalige Staatspräsident Václav Klaus zum Kreis bedeutender Klimawandelleugner und beschrieb in seinem 2007 auch auf deutsch erschienen Buch „Blauer Planet in grünen Fesseln“ Umweltschutz und Ökologiebewegung als neuen Kommunismus und „Ökoterrorismus“. Aber auch ganz pragmatisch ist Tschechien sehr an die Kohle gebunden. Das Energiesystem des Landes gehört noch immer zu den kohleintensivsten Europas. Darüber hinaus exportieren tschechische Energiekonzerne einen großen Teil (ca. 20%) der so produzierten Energie ins Ausland. Zuletzt sorgte das tschechische Unternehmen EPH mit dem Kauf der ostdeutschen Braunkohlesparte des schwedischen Vattenfall-Konzerns für Aufsehen und Kritik.

In Tschechien ist die Region um die Stadt Most die einzige große Abbauregion für Braunkohle. Dort gibt es auch eine noch immer wichtige Schwerindustrie. Dies mag auch die soziale Basis des einzigartigen Erfolgs der orthodox marxistischen Kommunistischen Partei Böhmen und Mährens (KSČM) sein, welche noch immer den Landeshauptmann, ein Amt ähnlich das eines Ministerpräsidenten, der Region Ústecký kraj stellt. Innerhalb der Region ist das von einem Bürgermeister der Grünen Partei regierte Horní Jiřetín ein gallisches Dorf. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Kleinstadt widersetzen sich seit mittlerweile über 20 Jahren der Erweiterung des angrenzenden Tagebaus. Doch nicht nur der G20-Gipfel in Hamburg zeugt von einer mittlerweile routinemäßig ablaufenden länderübergreifenden Zusammenarbeit der Polizeien. So fanden sich auch in Hornsí Jiřetín deutsche Polizeibeamte wieder, die neuralgische Punkte besetzt hatten und Kontrollen durchführten.


Veröffentlicht am 14. Juli 2017 um 12:04 Uhr von Redaktion in News

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