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Solidaritätskundgebung mit dem in Dresden inhaftierte:n Maja

18. Dezember 2023 - 10:58 Uhr

Am 14. Dezember fand oberhalb des Gefängniskomplexes auf dem Hammerweg in Dresden eine Kundgebung statt. Gegen 17 Uhr versammelten sich etwa 20 Menschen in der dunklen Parkanlage, von der man sowohl auf das Gefängnisgebäude als auch auf die Stadt blicken kann. Anlass war die Inhaftierung der Antifaschist:in Maja auf dem Hammerweg und dem Geburtstag am 14. Dezember. Er wurde am Montag, den 11. Dezember in Berlin festgenommen, kurz darauf fanden bei Verwandten im thüringischen Jena Hausdurchsuchungen statt.

Im Nieselregen und einbrechender Dunkelheit wurden etwa eine Stunde lang einige Lieblingssongs des Inhaftierten abgespielt und mehrere Grußworte und Redebeiträge vorgelesen, sowie eigene Lieder gesungen. Einen Tag zuvor waren auch Menschen in Jena gegen die anhaltende Repression gegen Antifaschist:innen auf die Straße gegangen. Auf dieser Demonstration sprach auch der Vater des:der Inhaftierten, die:der unter dem Gefängnisnamen „Maja“ in der Öffentlichkeit genannt wird.

Ein Mitschnitt dieser Rede wurde auch in Dresden abgespielt. Er habe versucht seine Kinder so zu erziehen, dass sie sich gegen Faschismus und Krieg einsetzten, sagte der Vater in der Rede. Angesichts der Glorifizierung des Nationalsozialismus und der faschistischen Gewalt in Budapest am sogenannten Tag der Ehre, könne er nicht nachvollziehen, wie gegen sein Kind und andere Antifaschist:innen in der BRD vorgegangen werde. 

Jagd auf Antifaschist:innen

Hintergrund der Verhaftung in Berlin sind die Ermittlungen der Sonderkommission Linx des Sächsischen Landeskriminalamtes gegen mehrere Antifaschist:innen. Sie werden von den ungarischen Behörden verdächtigt, mehrere Angriffe auf mutmaßliche Neonazis verübt zu haben. Letztere treffen sich alljährlich rund um den 13. Februar in Budapest, um die Verteidigung der Stadt durch nationalsozialistische Truppen gegen die Rote Armee zu glorifizieren. In den vergangenen Jahren organisierte das Europaweit aktive Bündnis „Geschichtsrevisionismus stoppen“ einen antifaschistischen Protest gegen die Naziveranstaltungen in Budapest, an denen immer wieder Faschist:innen aus dem Umfeld des „Dritten Weges“  und anderer rechter Organisationen aus Deutschland teilnehmen. Wie das „Antifa Recherche Team Dresden“  berichtete, nahmen regelmäßig auch Nazis aus Dresden an den Aktivitäten in der Ungarischen Hauptstadt teil.

Bericht vom Tag der Ehre 2023 vom Journalist:innenkollektiv democ.

Wegen der vermeintlichen Übergriffe sitzen derzeit zwei Personen in ungarischen Gefängnissen, 14 weitere werden mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Die Soko LinX leitete ein sogenanntes Spiegelverfahren ein und fahndet mit Hochdruck nach einer zweistelligen Zahl an Personen, die untergetaucht sein sollen. In Verlautbarungen des Chefermittlers Dirk Münster heißt es immer wieder, man arbeite eng mit den ungarischen Behörden zusammen. Mehrere, teilweise mit heftiger Gewalt durchgeführte Hausdurchsuchungen waren die Folge. In Leipzig setzten Beamt:innen der Sächsischen Polizei, laut den Bewohner:innen eines durchsuchten Hauses, Schusswaffen ein, um Türen zu öffnen und warfen eine Blendgranate in eine Wohnung.

Unklar ist, wie es mit dem Inhaftierten weiter geht. Der zuständige Ermittlungsrichter verhängte zunächst die Untersuchungshaft. Bisher sei kein Auslieferungsersuchen aus Ungarn bekannt. Angesichts der Jagd auf die beschuldigten Antifaschist:innen, die im Zusammenspiel von Polizei, Presse und Politik, ablief, ist mindestens eine lange Untersuchungshaft zu erwarten. Immer wieder hatte zum Beispiel die Bildzeitung detaillierte Informationen zu Privatleben und schlagzeilentaugliche Details zu den Vorwürfen veröffentlicht. Der Sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) war sich nicht zu schade für einen Vergleich zwischen den Gesuchten und der Roten Armee Fraktion.

Drohszenario Ungarn

So absurd der Verfolgungseifer deutscher Behörden für Antifaschist:innen ist, so harmlos wirken sie noch angesichts der Verlautbarungen und Informationen, die zu dem Verfahren aus Ungarn kommen. Dort wurde gegen zwei inhaftierte und eine dritte Person Anklage erhoben. Die Staatsanwaltschaft fordert nicht weniger als zehn Jahre Haft für eine italienische Antifaschistin wegen Beteiligung an zwei Körperverletzungen rund um den Tag der Ehre und bis zu fünf Jahre Haft für einen deutschen Antifaschisten wegen Beteiligung an einer europäischen kriminellen Vereinigung. 

Nicht nur in der BRD sitzt in diesem Verfahren nun ein Antifaschist in Untersuchungshaft und wartet auf eine mögliche Auslieferung nach Ungarn, sondern auch in Italien. In Mailand war Mitte November eine Person wegen ähnlicher Vorwürfe festgenommen worden. Am 12. Dezember verhandelte nun schon zum zweiten Mal ein italienisches Gericht über die Auslieferung. Laut einem Artikel der Analyse & Kritik lehnte die Staatsanwaltschaft eine Auslieferung vorerst unter Verweis auf die ungarischen Verhältnisse ab. 

Die Bedingungen der Untersuchungshaft in Ungarn sind Berichten zu Folge schwer mit Menschenrechtsstandards in Einklang zu bringen. Weder seien ausreichende Möglichkeiten der Kommunikation mit Verteidiger:innen oder Angehörigen gegeben, noch würde sich an hygienische Mindeststandards gehalten. In einem ersten und einzigen Verhör sei es zu Demütigungen gekommen, schreibt die Analyse & Kritik unter Berufung auf italienische Anwält:innen.

Am Montag hatte sich der Ermittlungsausschuss Dresden mit einem Offenen Brief an das italienische Honorarkonsulat in Dresden gewandt und gefordert, sich gegen die Auslieferung einzusetzen. Weder aus Italien noch aus der BRD dürften Menschen an das faschistische Ungarn ausgeliefert werden. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und Amnesty International erhöben schwere Vorwürfe wegen der Gleichschaltung der ungarischen Justiz, argumentiert der Ermittlungsausschuss, der sich gegen Überwachung und Repression einsetzt.



Veröffentlicht am 18. Dezember 2023 um 10:58 Uhr von Redaktion in Antifa, News

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