Prozess gegen Willy Kunze
26. Januar 2009 - 12:21 Uhr - 2 Ergänzungen
Seit dem 15. Januar läuft vor dem Dresdner Landgericht das erste von mehreren Verfahren gegen Neonazischläger aus dem Hooliganmilieu des ortsansässigen Fußballvereins SG Dynamo Dresden. Dem 21-jährigen Angeklagten Hooligan und Ordner des auch in der Dresdner Neustadt aktiven Security-Unternehmens „Ihre Wache“ Willy Kunze wird vorgeworfen, am 25. Juni 2008 an den Übergriffen auf drei Lokale im so genannten Szeneviertel beteiligt gewesen zu sein. Nach dem 3:2 Halbfinalsieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft hatten mehr als 50 schwarzvermummte Neonazis drei Lokale überfallen und dabei mehrere Personen zum Teil schwer verletzt. Der Angeklagte, der in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Übergriffe auffällig geworden war, sitzt bereits seit Mitte Juli in Untersuchungshaft und steht nun vor der Jugendkammer des Gerichtes.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am Tattag und am Abend der Tat mehrere SMS mit eindeutigen Botschaften an die beteiligten Personen verschickt zu haben. Außerdem gilt er als Drahtzieher der fremdenfeindlichen Übergriffe. Auffällig ist, dass während der ersten Verhandlungstage sehr viele Personen aus Kunzes direktem Fußballumfeld und damit auch aus dem direkten Täterkreis im Zuschauerraum saßen. Von der vielbeschworenen Dresdner Zivilgesellschaft war während des Prozesses bisher nicht sehr viel zu sehen. So erklärt sich vielleicht die Unsicherheit einiger Zeugen vor Gericht auch dadurch, dass fast ausschließlich mutmaßliche Tatbeteiligte den Prozess verfolgen, während die Zivilgesellschaft aber auch regionale Medien kein wirkliches Interesse an der Bestrafung der Täter zeigen.
Mit einer Haftstrafe ist nach Abzug der nun fast schon 7monatigen Untersuchungshaft kaum noch zu rechnen, dafür wird sicherlich auch sein Verteidiger und Eislöwen Vizepräsident Rolf Franek sorgen, der noch in der Vergangenheit mehrfach linke Personen vor Gericht vertreten hatte.
Einmal mehr ein trauriges Kapitel über den Umgang mit dem Thema „Rechts“ in Sachsen im Superwahljahr 2009. Aber auch ein Zeichen dafür, dass die Auseinandersetzung mit Neonazis in Dresden nicht den Leuten überlassen werden kann, die sich zu recht oder zu unrecht als Zivilgesellschaft bezeichnen.
Die nächsten Verhandlungstermine sind:
Mittwoch, 28. Januar; Freitag, 30. Januar; Dienstag, 10. Februar; Donnerstag, 12. Februar; Montag, 2. März; Montag, 9. März; Montag, 16. März (jeweils 9 Uhr)
Veröffentlicht am 26. Januar 2009 um 12:21 Uhr von Redaktion in Nazis, News
Wer oder was ist denn die Zivilgesellschaft?