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Praha by Bus

6. Januar 2010 - 19:14 Uhr

„Kafka, Karlsbrücke, Kiffen“ titelte heute die Tagesschau und hat damit gar nicht so unrecht. Seit dem 1. Januar gilt in Tschechien das wahrscheinlich liberalste Drogengesetz Europas. Die zulässigen Höchstmengen für Marihuana wurden auf 15 Gramm festgelegt, auch der Besitz harter Drogen wie Heroin ist seit dem Jahreswechsel im nur wenige Kilometer entfernten Nachbarland in geringen Mengen erlaubt. Im überarbeiteten Gesetz der konservativen Regierung geht es vor allem um „Rechtssicherheit“, so der Leiter der tschechischen Anti-Drogen-Behörde Jakub Frydrych. Justizministerin Daniela Kovarova erläuterte, dass sich bei der Neuregelung vor allem an bestehenden Gerichtsurteilen orientiert wurde. Auch der Anbau von Marihuana wurde zum Teil legalisiert, wer fünf der Pflanzen in seinem Garten stehen hat, muss jetzt auch offiziell nicht mehr mit einer Strafverfolgung rechnen.

Kritik kam vor allem von deutscher Seite. In der deutschsprachigen Prager Zeitung wurden die im Gesetz festgelegten Höchstgrenzen als „sehr verbraucher- und dealerfreundlich“ kritisiert. Dabei wurde gekonnt übersehen, dass sich am bestehenden Verbot zum Verkauf von Drogen auch im neuen Jahr nichts geändert hat.

Aus aktuellen internationalen Studien geht hervor, dass jeder zweite tschechische Jugendliche schon Erfahrungen mit weichen Drogen gemacht hat. Das ist Rekord in Europa, in Deutschland ist es etwa jeder fünfte Jugendliche. Der „Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht“ zufolge haben inzwischen mehr als 70 Millionen Europäerinnen und Europäer einschlägige Erfahrungen mit Cannabis gemacht. Damit ist Cannabis weiter vor Kokain die am häufigsten konsumierte illegalisierte Droge.

In Deutschland ist Anbau, Besitz und die Weitergabe von Pflanzen oder Pflanzenteilen gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes seit 1929 strafbar. Cannabis war 2008 für mehr als die Hälfte (55,2%) aller Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz verantwortlich und ist die mit Abstand verbreiteteste illegalisierte Droge. Der Erwerb, die Einfuhr und der Besitz von Cannabis in geringen Mengen, machte 2008 mehr als 100.000 Fälle (-2,2 Prozent) also rund drei Viertel aller Taten aus.

Ganz andere Wege bestreitet das liberale Kalifornien unter Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass ab 2010 eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene möglich werden soll. Zahlreiche medizinische Gutachten hatten in der Vergangenheit belegt, dass Marihuana weitaus weniger gefährlich einstufen sei, als legale Drogen wie Alkohol und Tabak. Der Haushalt von Kalifornien hatte 2009 mit einem Defizit von mehreren Milliarden US-Dollar zu kämpfen. Im Zuge einer Legalisierung könnte der Bundesstaat mehr als eine Milliarde Dollar an Steuern einnehmen, so Experten. Bereits im Oktober hatte die aktuelle demokratische Regierung unter Präsident Obama dem Verkauf von Cannabis aus medizinischen Gründen zugestimmt.

Fast 500.000 Amerikanerinnen und Amerikaner verbüßen Haftstrafen wegen Verstößen gegen geltende Drogengesetze. Das sind zwölfmal so viele wie 1980. Die US-Behörden geben einer Studie nach im Jahr mehr als 44 Milliarden Dollar aus, um Verbote illegaler Drogen durchzusetzen. Etwa 18% davon entfallen auf Cannabis-Straftaten.


Veröffentlicht am 6. Januar 2010 um 19:14 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur, News

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