Kritik an ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten von Baden-Württemberg
22. Oktober 2012 - 09:55 Uhr
Nur wenige Monate nach dem Führungswechsel beim Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz wird die Kritik an einem der Mitglieder einer von Innenminister Markus Ulbig (CDU) erst im Juli eingesetzten „unabhängigen Kommission zur Neuordnung des Verfassungsschutzes“ lauter. So war Kommissions-Mitglied Helmut Rannacher (CDU) zu einem Zeitpunkt Präsident des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, als Medienberichten zufolge einer der Mitarbeiter seiner Behörde einem führenden Ku-Klux-Klan-Mitglied aus Schwäbisch Hall Informationen weitergereicht hatte, wonach die Organisation durch den Verfassungsschutz überwacht wird. Nach Bekanntwerden habe es weder disziplinarrechtliche Konsequenzen noch eine strafrechtliche Verfolgung des Vorganges gegeben. Eine Stellungnahme zu den Vorfällen hatte Rannacher bis zuletzt abgelehnt.
Als Reaktion auf eine Reihe von „Pannen“, die mit dem Rücktritt des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Reinhard Boos ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hatten, war Sachsens umstrittener Innenminister Ulbig in die Offensive gegangen und hatte eine „unabhängige Kommission“ mit dem Ziel ins Leben gerufen, „eine neue tragfähige Struktur des Verfassungsschutzes zu erarbeiten“. Dem Arbeitskreis gehören neben der früheren Generalbundesanwältin Monika Harms und dem ehemaligen Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes Franz Josef Heigl auch der langjährige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg Helmut Rannacher an. Der Grüne-Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn kritisierte die Besetzung der Kommission mit Rannacher und forderte Sachsens Innenminister auf, einen „Zwischenbericht zum bisherigen Stand der Arbeit der Kommission zu veröffentlichen“.
Im Zuge der Recherchen zur bisher beispiellosen Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes war außerdem bekannt geworden, dass dem europäischen Ableger des im 19. Jahrhundert gegründeten radikal protestantischen Geheimbundes aus dem Süden der Vereinigten Staaten nach taz-Recherchen mindestens zwei Beamte der Bereitschaftspolizei im schwäbischen Böblingen angehört haben sollen. Beide waren Kollegen der am 25. April 2007 an der Heilbronner Theresienwiese durch den NSU ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter. Einer der beiden war sogar Gruppenführer von Kiesewetter in der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 523 und hielt sich am Tag ihrer Ermordung nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt auf. Ihre Mitgliedschaft bei den „European White Knights of the Ku Klux Klan“ hatten die Polizisten damals während ihres Disziplinarverfahrens damit begründet, neue Freunde, hübsche Frauen und eine Gemeinschaft als „Kirchenersatz“ kennenzulernen. Dass der Geheimbund rassistisch sei, wäre ihnen erst später aufgefallen.
Veröffentlicht am 22. Oktober 2012 um 09:55 Uhr von Redaktion in News