Die Uni als Ausgangspunkt zur Veränderung der Gesellschaft – realpolitischer Nachruf auf das Sächsische Hochschulgesetz und den (ausgebliebenen) Widerstand
30. November 2008 - 20:47 Uhr
Vor kurzem wurde das neue Hochschulgesetz verabschiedet. Dass das nicht verhindert werden konnte liegt nahe angesichts der Ohnmacht und Gleichgültigkeit der Studierendenschaft selbst gegenüber solch gravierenden Einschneidungen in das Leben an der Uni, einem der wenigen Orte, wo noch ein Ausweg aus den falschen Verhältnissen gelernt und gedacht, aber auch verwirklicht werden kann. Theoretisch. Und es soll nochmal jemand behaupten hier wäre die Demokratie nicht verinnerlicht worden. Denn das ist möglicherweise wahr. Ein Abriss der Veränderungen unseres Bildungssystems.
Die Beschneidung von Mitbestimmungsrechten der Studierenden passt in das Gesamtbild des Rückschrittes, der das gesellschaftliche Klima immer rauer werden lässt: ArbeitehmerInnenrechte werden abgebaut, während Löhne stagnieren oder ganz allgemein: Das Problem der Lohnarbeit existiert weiter und verschärft sich noch. Der Sozialstaat wird scheinbar von einem Überwachungsstaat abgelöst. Das zeigen z.B. die Einführung der Vorratsdatenspeicherung und fast täglich neue Pläne zu neuen Überwachungsmethoden. Der Prozess der Privatisierung weiter Teile des öffentlichen Sektors schreitet immer weiter voran , was wir schon jetzt an der Uni spüren. Dabei ist der neoliberale „Klima-Wandel“ ebenso wie sein Vetter aus der Umwelt keineswegs etwa ein natürliches Phänomen, das nun einmal auftritt und zu dem es keine Alternative gibt, wie uns seine BefürworterInnen unter dem Slogan TINA – There Is No Alternative – verkünden wollen.
Wie ist nun die aktuelle Hochschulreform in diesem Kontext zu sehen?
Um dies klarer zu machen bedarf es einen tieferen Blickes in die Rolle des Bildungssystems.
Die Wirtschaft benötigt ausgebildete Arbeitskräfte. Diese Ausbildung übernimmt zum größten Teil der Staat. Dabei stellt die Ausbildung auch gleichzeitig einen Selektionsmechanismus des differenzierten Bedarf der Wirtschaft an unterschiedlich qualifizierten Arbeitskräften für die potentiellen TeilnehmerInnen am Arbeitsmarkt dar, grob gesagt vielen weniger Qualifizierten für „normale“ Arbeiten und – natürlich abgestuft – wenigen höher Qualifizierten für anspruchsvollere oder Verantwortungspositionen. Da der Bedarf entscheidet, welche Qualifikation wertvoll ist und welche nicht, passen sich die Bildungsinstitutionen diesem an, mensch denke an den fast permanenten Vorwurf der Wirtschaft an die Bildungswelt, diese sei nicht praxisnah genug oder produziere nicht genügend nutzbare Ergebnisse. Die Bildungshoheit des Staates existiert faktisch nur auf dem Papier.
Es soll nun also mit möglichst geringem Kosten- und Zeitaufwand und ohne Berücksichtigung von Vorbildung, Begabung, materieller und personeller Unterstützung durch die Eltern den auszubildenden Menschen das für ihre Arbeit nötige Wissen vermittelt werden während Lerninhalte das Material und die Prüfungen die Methoden zur Herstellung der Qualifikationsunterschiede an den Menschen darstellen.
Soweit die Empirie:
Uns liefern schon Untersuchungen von in das Vergesellschaftungssystem eingebetteten Verwaltungsinstitutionen die empirischen Belege für die Widersprüchlichkeit der (Aus-)Bildung als Teil des Kapitalismus: Deutschlands Bildungssystem passt nahtlos in dieses Bild und ist dabei sogar eines der sozial selektivsten, wie schon des öfteren durch Organisationen wie UNO etc. festgestellt wurde: Kinder aus sozial schwächeren bzw. sog. bildungsferneren Familien sind benachteiligt, Kinder aus MigrantInnenfamilien haben es besonders schwer. Das beweisen seit Jahren diverse Untersuchungen und Studien, wie z. B. die PISA-Studie, die zeigt, dass Kinder von AkademikerInnen mit viel größerer Wahrscheinlichkeit ein Gymnasium besuchen, als Kinder aus FacharbeiterInnenfamilien. Das spiegelt sich natürlich auch an den Hochschulen wieder: „Die Frage, ob ein Kind ins Studium gelangt oder nicht, ist demnach zuallererst eine Frage des Bildungsstatus des Elternhauses“, wie die 18. Sozialerhebung des deutschen Studentenwerkes feststellt. Ihr zufolge nehmen 83% der AkademikerInnenkinder ein Studium auf, im Gegensatz zu nur 23% in der Gruppe der Nicht-AkademikerInnen. Darüber hinaus spielen die Berufe der Eltern eine weitere Rolle. So entsendet die Gruppe der Selbständigen genau so viele Studierende an die Hochschulen wie die in der Gesellschaft viel stärker vertretene Gruppe der ArbeiterInnen.
Es zeigt sich, dass durch die Ausbildung zumeist lediglich die Klassenlage bzw. soziale Schichtzugehörigkeit der Eltern reproduziert wird. Nach obigen Überlegungen stellt sich die Frage, ob dies verbesserungswürdig oder gar vermeidbar ist, oder ob es nicht sogar durch die Wirtschaft erwünscht, wenn nicht gar grundlegend für die Funktion des Kapitalismus ist, da oben genannter Bedarf an unterschiedlich qualifizierter Arbeitskraft gedeckt werden soll.
Sollten die Bildungseinrichtungen Horte humanistischer und fortschrittlicher Ideen, Sprache und Veränderung hin zu neuen Gesellschaftsperspektiven sein, die Bildungspolitik ist es nicht. Wer auch immer den Grundsatz „Du lernst für das Leben“ formuliert hat, die leichte Modifikation „Bildung ist eine Investition in dein eigenes Humankapital“ wäre angebrachter gewesen. Im Hinblick auf die Hochschulen ist immer wieder von Autonomisierung die Rede. Was diese konkret bedeutet ist den wenigsten klar und dass in deren Zuge studentische Rechte abgebaut und die Situation der Beschäftigten verschlechtert werden, spielt wohl auch nur eine untergeordnete Rolle, das zeigt auch die kaum vorhandene mediale Aufmerksamkeit, die der Diskurs um die sächsische Bildungspolitik erhalten hat.
Elite und Exzellenz
Etwas medienwirksamer sind da schon die Elite-Uni-Pläne der Bundesregierung, in deren Zuge auch die Autonomisierungs-Bestrebungen zum Tragen kommen, durch die z.B. die Unis die Beschäftigung von Personal nun selbst in der Hand halten, eine Tendenz, die erfahrungsgemäß wohl kaum zu Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen der MitarbeiterInnen der Hochschulen führen dürfte. Im bildungspolitischen Elite-Diskurs ist von Exzellenzclustern und universitärer Spitzenforschung die Rede. Es geht um die Exzellenz-Initiative der Bundesregierung, die die Voraussetzungen für Elite-Universitäten (in der Fachsprache auch „Leuchttürme der Wissenschaft“ genannt) schaffen soll, an denen durch „Innovationen in Spitzentechnologie“ dem deutschen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort ein Wettbewerbsvorsprung verschafft werden soll, der nur mit gewöhnlichen Unis nicht zu erreichen ist. Dafür fordert und fördert der Staat auch mehr Wettbewerb im Hochschulbereich selber, eben durch Reformen wie dieser. Die Vergabe Fördermitteln von Fördermitteln ist von der Drittmitteleinwerbung abhängig, sodass die Geisteswissenschaften, um die es im Rahmen der Ökonomisierung der Hochschulwelt sowieso nicht allzu gut steht, in der Regel zu kurz kommen. Außerdem wird nur die Forschung gefördert, die Lehre fällt völlig unter den Tisch und es besteht ein ziemlich unausgewogenes Verhältnis zwischen den Umfängen von Hochschulpakt – 220 Mio. Euro – und Exzellenzinitiative – 1,9 Mrd. Euro. Weitere Reformwerkzeuge zur Schaffung von Wettbewerb sind etwa die Bezahlung des Lehrpersonals nach Leistung sowie die Konzentration von Mitteln auf bestimmte Bereich zur sogenannten Profilbildung.
Die Elitenförderung ist also in aller Munde. In der Sprache der Politik wird nunmehr auch bewusst das Wort Chancengerechtigkeit benutzt, die die Chancengleichheit wahrscheinlich abgelöst hat. Neben dem klassischen Begriff der ‘Leistung’ steht immer mehr auch die Begabung von Kindern als bildungsspezifisches Bewertungskriterium im politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Wurden bisher vornehmlich die etablierten formalen Bildungsabschlüsse als Rechtfertigunginstrumente für soziale Ungleichheit und deren vermeintliche Unvermeidbarkeit strapaziert, so reicht nun die Spanne zurück bis zu naturgegebenen, angeborenen Faktoren, eben der Begabung. Paradoxerweise wird Menschen, die mehr Förderung bräuchten, schon früh weitere Bildung verwehrt. Das dahinter stehende biologistische Gedankengebäude ist nicht neu, sondern tritt nur zu oft auch dann zu Tage, wenn AkademikerInnenkinder bei gleichen Fähigkeiten eher auf ein Gymnasium geschickt werden, als ArbeiterInnenkinder. Dabei können LehrerInnen wie Eltern gleichermaßen als Beispiel gesehen werden, wie solche Denkmuster in den Köpfen der Menschen fest verankert sind. Die Problematik der Schullaufbahnempfehlungen, die sowohl die soziale Situation der SchülerInnen widerspiegeln, als auch, wenngleich unbewusst, von ihr abhängig gemacht werden, stehen schon länger im Fokus der Internationalen-Grundschul-Lese-Untersuchung (kurz IGLU-Studie). Die für die Anforderungen des Arbeitsmarktes an unterschiedliche Bildungsniveaus notwendige Ungleichheit wird somit schon in den jüngsten Jahren eines Menschen festgelegt, und zwar entsprechend seiner sozialen Herkunft.
Studiengebühren
Die Einführung von Studiengebühren ist unter dem selben Vorzeichen wie die bisher genannten Mechanismen zu sehen. Der Druck des Geldes auf die Effizienz der Ausbildung soll nicht nur in der Lehre und Wissenschaft spürbar sein, sondern auch bei den Studierenden selbst. Studiengebühren als weiteres Ausleseinstrument fügen sich nahtlos in die Eliten- und Verwertungs-Bestrebungen ein. Selbst bei den tollsten Studiendarlehen und Stipendien-Möglichkeiten steigt doch die Hürde für Menschen aus finanziell schwächeren und/oder bildungsfernen Familien, ein Studium aufzunehmen. In Österreich entspricht der Rückgang der Studierendenzahl seit Einführung von Studiengebühren etwa 5%. „Nur“ wird mensch vielleicht im ersten Augenblick denken. ‘Immerhin’ 5%, wenn mensch sich vor Augen hält, dass in der Politik schon seit Jahren von einer Erhöhung der AkademikerInnenzahl (StudienanfängerInnenanteil von 40%) geredet wird. Hinzu kommt, dass der Rückgang um einiges höher ausfällt, wenn nur die StudienanfängerInnen aus ArbeiterInnenfamilien betrachtet werden.
Es sind eben 500 Euro mehr zu zahlen und wenn Stipendien wegfallen, was wohl für die Mehrheit der Studierenden zutreffen dürfte bleibt es immer noch ein Darlehen, das mensch aufnehmen und auch wieder zurückzahlen muss, sofern das Studium nicht aus eigener Kraft finanziert werden kann. Und nicht jedeR findet nach dem Studium gleich eine passende Arbeitsstelle. Dass durch die Gebühren die Qualität der Lehre verbessert werden wird, ist nebenbei bemerkt, äußerst fraglich, da abzusehen ist, dass sich die Länder nach der Einführung der Gebühren einfach weiter aus der Finanzierung der Hochschulen zurückziehen.
Bachelor und Master
Das zeitlich enorm gestraffte Bachelorstudium, das hinsichtlich der Rationalisierung im Bildungswesen wohl die Zeitdruck-Komponente darstellen könnte tut hier sein übrigens. Es kommt faktisch der Einführung einer 40-Stunden-Woche für Studierende gleich. Was eigentlich gar nicht so schlimm ist, es bleiben ja noch 108 Stunden für die Aneignung von Soft-Skills, für soziales und politisches Engagement, das Erlernen von Fremdsprachen und Nebenjobs. Und natürlich die vorlesungsfreie Zeit für Praktika oder Ferienjobs.
Und zulassungbeschränkte Master-Studiengänge finden wir zum kotzen.
Elterngeld
Angesichts der Verschärfung der Ausbildungsbedingungen und den dadurch entstehenden Mangel an AkademikerInnen schaffte es die Politik sogar noch mit einer eugenischen Familienpolitik zu überzeugen, die mit der Einführung des einkommensabhängigen Elterngeldes das Kinderkriegen auch für karriereorientierte bzw. Menschen mit hohem Bildungsgrad attraktiver machen soll. Es soll also mehr AkademikerInnenkinder geben.
Noch mehr arbeiten
Die Verkürzung der Studienzeiten im Rahmen der Umstellung auf die Bachelor- und Master-Abschlüsse, die einher geht mit einem vermehrten Überschreiten eben dieser – am Ende ist also doch nicht so viel gewonnen – fällt zusammen mit der Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf 12 Jahre sowie der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Kinder sollen im Kindergartenalter schon Fremdsprachen lernen, Unternehmensberatungsfirmen fordern eine Kita-Pflicht, v.a. im für die geistige Entwicklung so wichtigen Lebensjahr kurz vor der Einschulung. Im ersten Augenblick klingt das auch eigentlich gar nicht so schlecht. Doch muss mensch sich bei all dem immer darüber im Klaren sein, dass es hier wohl kaum um das Wohl junger Menschen geht, sondern vielmehr die Verwertung der menschlichen Arbeitskraft optimiert werden soll. Das heißt im Klartext: Wir sollen noch mehr arbeiten.
Unternehmen Hochschule
Die Entdemokratisierung der Hochschullandschaft kann damit nicht losgelöst von der verstärkten Ökonomisierung weiter Bereiche des gesellschaftlichen Lebens gesehen werden. Mit dem neuen Hochschulgesetz und der damit verbundenen enormen Stärkung der Position des Rektors könnten dessen Pläne zur Umwandlung der TU Dresden in eine Stiftungsuni wieder auf den Tisch kommen, dadurch die Unabhängigkeit von Forschung & Lehre, sogar die Existenz einiger Wissenschaftszweige wie die genannten Geisteswissenschaften und die Grundlagenforschung gefährdet werden.
Ein Student der Betriebswirtschaftslehre sagte mir mal, dass der Rektor ja dann sein Unternehmen – sprich die Hochschule – trotzdem nach den Bedürfnissen der Kunden – sprich der Studierenden – ausrichten müsse. – Na dann schönen Dank, wenn das die Perspektive ist, die wir uns von dem neuen Gesetz erhoffen dürfen. Außerdem wird mit dem Bild des Kunden ein unvollständiges Bild vermittelt, verbindet mensch doch mit Kunden immer auch die zahlenden Kunden.
Und mit einem Rektor, der im Alleingang eine Gebührenordnung einführen bzw. ändern kann kommt keine Freude auf. Wie wahrscheinlich das wirklich ist kann natürlich heute noch niemand sagen. Vielleicht werden Studiengebühren auch durch die Landesregierung eingeführt. Die Ungewissheit darüber mag auch ein Grund unter anderen sein, dass, im Gegensatz zu Ländern wie Hessen, wo die Einführung von Gebühren konkrete und beschlossene Absicht der Politik war, die Bildung einer breiten Studierendenbewegung in Sachsen noch auf sich warten lässt. Insofern könnte das Sächsische Hochschulgesetz auch als Versuch gedeutet werden, Gebühren über die Hintertür an die Unis zu bringen, was sich als sehr geschickt von der Regierung erweisen und sich letztendlich natürlich auch erst im Nachhinein in dieser Weise feststellen lassen würde. Wann und wie Studiengebühren evtl. eingeführt werden ist im Endeffekt eigentlich egal. Was zählt, ist, dass sie in den Köpfen sind. Und letztlich sollte nur die Vehemenz des studentischen Protests über ihre Einführung entscheiden.
Protest und sein Ausbleiben
Und wenn wir uns die Vergangenheit des gesellschaftlichen Protests anschauen, lässt sich folgender Grundsatz aufstellen: (Studentischer) Protest ist umso effektiver, je mehr wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird. Denn das scheinen PolitikerInnen als eines der wenigen Dinge noch wirklich zu fürchten. Zwei Demos reichen nunmal nicht, auch wenn sie verhältnismäßig groß sind. In Frankreich hat mensch das erkannt und so konnte z.B. ein Gesetz zur Lockerung des Kündigungsschutzes durch massiven Protest verhindert werden. Es kam zur Solidarisierung breiter Gesellschaftsschichten, was wohl, wenn wir die möglicherweise etwas revolutionärere Grundgesinnung der französischen Bevölkerung außer Acht lassen, der ausschlaggebende Faktor für den Erfolg des Widerstands gewesen sein dürfte. „Die gesamtgesellschaftliche Bewusstlosigkeit muss durchbrochen werden“, das war schon bei Dutschke so.
Auch vor kurzem zeigte sich Frankreich wieder von seiner aufsässigen Seite, denn dort sollte dasselbe geschehen, wie hier. Die Einführung eines Gesetzes zur Liberalisierung der Hochschulen, dass den UniversitätspräsidentInnen mehr Macht gibt und die Unabhängigkeit der Universitäten gefährdet.
Aber nicht nur dort gab & gibt es Protest. Auch in Deutschland gab es Versuche, sich zu wehren. In Hessen wurde aufgeklärt, demonstriert, Hochschulen, Autobahnen und mehr besetzt, vor Gerichten geklagt und bis zum letzten gekämpft, und: die Studiengebühren wurden wieder abgeschafft. Und wenn die zeitliche Entflechtung der Einführung von Studiengebühren in den verschiedenen Bundesländern zwar die bundesweite Koordination von Aktionen verhindert, so gibt sie doch eigentlich die Möglichkeit zum Lernen aus dem und gegenseitigen Aufstacheln des Protest der unterschiedlichen Länder.
Im Nachhinein können wir nur noch feststellen: Wirklicher Widerstand hätte Not getan und bei all dem hätten wir es sogar leichter gehabt, denn wir hätten uns nur von anderen Ländern und dem dortigen Protest inspirieren lassen müssen. Und an dieser Stelle wären die bereits erwähnten studentischen Streiks eines der wichtigsten Mittel um den Forderungen Aus- und Nachdruck zu verleihen. Zwei Demos reichen nunmal nicht, auch wenn sie verhältnismäßig groß sind und viele engagierte Menschen viel Energie reingesteckt haben. Aber für mehr braucht es auch das Bewusstsein aller, das Verständnis Universität als Raum des Lebens, der Verwirklichung, der Veränderung und nicht nur der Heranbildung von Humankapital für das irrationale, entmenschlichte Wirtschaftssystem.
Soweit die Theorie. Die Praxis ist leider verschlafen worden. Wir dürfen gespannt sein, wohin sich das mit den Hochschulen und der Bildung entwickelt. Wer an der Uni – oder auch von der Uni aus – etwas verändern will braucht Freiheit. Die jedoch verschwindet zusehends zwischen dem gehetzten Ergattern von “Leistungspunkten” und Nebenjobs, mit Rationalisierung und Exzellenz. Vielleicht führt ja die Optimierung und Rationalisierung der Bildung, die Verschärfung von Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die Prekarisierung des studentischen Lebens doch noch zu einer revolutionären Krise. Bis dahin genießen wir noch die letzten Reste der in den sozialen und studentischen Kämpfen der sechziger und darauffolgenden Jahre erreichten Fortschritte und Freiheiten im Bildungswesen und konstatieren: Der Zug “Verhinderung des sächsischen Hochschulgesetzes” und damit Erhaltung eben dieser Bedingungen ist abgefahren.
Quelle: ahsgdd.blogsport.de (30.11.08)
Veröffentlicht am 30. November 2008 um 20:47 Uhr von Redaktion in Freiräume, News