Die Landeshauptstadt Dresden und der Umgang mit Bettlern Teil 2
4. April 2009 - 01:39 Uhr - 2 Ergänzungen
Bereits im Dezember berichteten wir über den Umgang der sächsischen Landeshauptstadt Dresden mit Bettlern. Inzwischen hat sich in dieser Frage in der Stadt etwas bewegt, leider nicht zum Guten. In einem Artikel der Sächsischen Zeitung vom 2. April wird schon in der Überschrift deutlich, wohin die Diskussion letztendlich führen wird. Da heißt es, dass das Rathaus und allen voran Dresdens Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) in Zukunft so genannte „Schummel-Bettler ins Visier“ nehmen wird.
In einer dem Stadtrat vorgelegten veränderten Verordnung wird auf „eine Gruppe rumänischer Bettler“ Bezug genommen, die im vergangenen Jahr das „Mitgefühl und Mitleid von Bürgern und Touristen“ ausgenutzt haben soll, „um ihnen Geld zu entlocken“. Grund dafür sind, wenn man den Aussagen von Sittel Glauben schenken darf, gehäufte Beschwerden aus der Bevölkerung und von Touristen.
Mit einer Änderung der aktuellen Polizeiverordnung soll im Stadtrat demnächst mit den Stimmen der CDU und SPD in Zukunft das „Betteln unter Vortäuschung körperlicher Gebrechen“ als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit bis zu 1.000 Euro Geldbuße bestraft werden. Während das „Vortäuschen körperlicher Gebrechen“ in Deutschland im Normalfall „toleriert und lediglich als moralisch verwerflich bezeichnet [wird]“, versucht sich die nach Außen weltoffen und tolerant gebende Stadt Dresden als Initialgeber für soziale Ausgrenzungsphantasien zu profilieren.
Nicht nur, dass gesellschaftliches Elend und Armut auf „Rumänen“ in antiziganistischer Art und Weise projeziert wird, nein mit solchen Aussagen wird der Bevölkerung suggeriert, dass es ein großes zu lösendes Problem mit bettelnden Menschen in der historischen Altstadt und im innerstädtischen Einkaufsbereich gibt. Das ist nichts anderes als Rassismus und zeigt im Superwahljahr eindrucksvoll, wie es um die Toleranz gegenüber sozial schwachen Menschen im Freistaat bestellt ist.
Veröffentlicht am 4. April 2009 um 01:39 Uhr von Redaktion in News, Soziales
Rathaus nimmt Schummel-Bettler ins Visier
Von Thilo Alexe
Die Stadt will dem Treiben organisierter Bettler-Banden Einhalt gebieten. Bettler, die eine Behinderung vortäuschen, sollen künftig mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro bestraft werden können. Das sieht die Neufassung der Polizeiverordnung vor, über die der Stadtrat heute abstimmen soll.
In der von Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) erarbeiteten Vorlage wird ausdrücklich auf „eine „Gruppe rumänischer Bettler“ verwiesen. Sie habe im vergangenen Jahr in der Dresdner Innenstadt „Mitgefühl und Mitleid von Bürgern und Touristen“ ausgenutzt, „um ihnen Geld zu entlocken.“ Gemeint sind damit Bettler, die schwere Gebrechen an Armen und Beinen vortäuschen.
Beschwerden häufen sich
Sittel berichtet von zunehmenden Beschwerden aus der Bevölkerung. Mit einem juristischen Kniff will die Stadt das sogenannte Schummel-Betteln unterbinden. Rechtlich gesehen stellt das Betteln keine Normverletzung dar. Untersagt als „Ordnungsstörung“ ist bislang lediglich das „aggressive Betteln“ – etwa durch mehrfaches Ansprechen, Anfassen oder „Mitführen eines Hundes“, wie es in der bisherigen Polizeiverordnung heißt. Dresden will nun auch das „Betteln unter Vortäuschung körperlicher Gebrechen“ als eine solche Störung einstufen. Damit sind Platzverweise möglich. Das Ordnungsamt kann aber auch Bußgeld verhängen.
Mit dieser Neuregelung, für die sich im Stadtrat eine breite Mehrheit abzeichnet, nimmt Dresden deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein. „Das Vortäuschen körperlicher Gebrechen wird bislang bundesweit eher toleriert und lediglich als moralisch verwerflich bezeichnet“, heißt es im Begründungstext.
Die Fraktionen von CDU und SPD signalisieren Zustimmung. Kritik kommt von der Linksfraktion.PDS. „Wer einem Bettler nichts geben will, der gibt ihm eben nichts“, sagt Fraktionschef Ronald Weckesser. Ihm gehe die Vorschrift zu weit. Die Nennung von Rumänen in der Begründung sei überzogen. „Mir wird innerlich unwohl dabei“, sagt Weckesser, der eine Stigmatisierung befürchtet. Mit den weiteren Änderungen der Polizeiverordnung habe er allerdings keine Probleme. Die Stadt drängt nämlich auf sauberere Straßen. Tierkot soll von den sogenannten Tierführern unverzüglich beseitigt werden. Bislang galt diese Regelung ausschließlich für Hundebesitzer. Jetzt wird sie ausgeweitet – mit Blick auf etliche Pferdekutschen, die durch das Zentrum fahren. Zudem spielten vor allem in den Eingemeindungsgebieten am Stadtrand „Pferde eine zunehmende Rolle im Freizeitverhalten der Bürger“.
Behälter für Pferdeäpfel
Reiter und Kutscher müssen künftig einen Behälter mit sich führen, um Pferdeäpfel rasch beseitigen zu können. Der dritte Punkt in der neuen Polizeiverordnung befasst sich mit Glas- und Papiercontainern. Sie sollen länger nutzbar sein – an Sonnabenden nämlich auch zwischen 15 und 19 Uhr.
Quelle: Sächsische Zeitung (02.04.09)
Organisiertes Betteln soll verboten werden
Von Peter Ufer
Der Anlass für das Verbot ist schon Monate her. Eine Bettelkolonne zog über den Neumarkt und warb bei Dresdnern und Touristen um Geldspenden. Schnell stellte sich heraus, dass die Mitleid erregende alte Frau eine junge professionelle Bettlerin war. Ein Trick organisierter Bettelbanden.
Damals wusste sich Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) nicht zu helfen. In anderen Städten gab es längst ein Verbot dafür. In Dresden nicht. Heute will der Stadtrat einen Beschluss fassen, dass in der Innenstadt eben dieses agressive Betteln verboten wird. Das ist ein richtiger Schritt. Denn nicht nur Dresdner, sondern auch Touristen fühlen sich durch Bettelei belästigt.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wer wirklich in Not ist, dem muss geholfen werden. Und für jene Menschen ist jede Spende richtig. Auch auf der Straße.
Quelle: Sächsische Zeitung (02.04.09)