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Das Gespenst des Widerstands

22. April 2009 - 01:55 Uhr - Eine Ergänzung

Während ein Prozess wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der „militanten Gruppe“ vor dem Berliner Kammergericht weitergeht (http://de.indymedia.org/2009/03/245188.shtml), sucht das Landeskriminalamt immer noch nach den Verdächtigen im Fall des Brandanschlags auf den Fuhrpark der Dresdner Bundeswehr-Kaserne an den Ostertagen. Auch das Verteidigungsministerium ist bereits über den Stand der Dinge informiert worden. Ein Bekennungsschreiben, welches an verschiedene Zeitungen geschickt wurde, soll jedoch nicht echt sein, so mutmaßen jedenfalls die Ermittlungsbehörden.

Profis am Werk ?

„Abgewrackt ohne Prämie, 42 Fahrzeuge sind schrottreif“, so schreibt die Netzeitung in einem Bericht. Unbekannte hatten über die Osterfeiertage in einer Nacht mehrere Brandsätze gezündet. Die Schadensbilanz beläuft sich mittlerweile, nach einigen Korrekturen, auf drei Millionen Euro. Zerstört wurden dabei 42 Autos, Laster und Busse, ein Hangar wurde beschädigt, verletzt wurde allerdings niemand. Die Täter gelangten unentdeckt auf das gut 40 Hektar große Gelände der Offiziersschule, in dem sie vor 3 Uhr Nachts „vermutlich über einen zweieinhalb Meter hohen Zaun geklettert“ waren, das sagte zumindest eine LKA-Sprecherin kurz nach dem Anschlag. Die Bild schrieb gar von 20 Benzin-Brandsätzen mit Zeitzündern, die gelegt worden seien und bringt in ihren Mutmaßungen die „militanten Gruppe“ ins Spiel. Nach Informationen der Dresdner Morgenpost „trugen die Täter hochexplosive und zentnerschwere Behälter zwischen die Fahrzeuge und wollten eine noch verheerende Explosion erzeugen“ (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30130/1.html). Später geben die Ermittler an, dass das Feuer wahrscheinlich nur an drei Stellen gelegt worden ist. Insgesamt sollen bei dem Brand 65 Feuerwehrleute mit 22 Fahrzeugen im Einsatz gewesen sein.

Medien wie Feuer und Flamme

Als dann auch noch ein Bekennerschreiben von einer „Initiative für ein neues blaues Wunder“ die Verantwortung für die Brandstiftung übernimmt, schien zunächst alles klar, die Redaktionen leiteten das Schreiben weiter an andere Zeitungen, das Landeskriminalamt bekam natürlich umgehend das Original. Nach Ermittlerangaben sprach sich die Gruppe in dem Brief gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und für die Abrüstung von Kriegswaffen aus. In verschiedenen Zeitungen wurde sogleich geäußert, ob man „linker Gewalt“ zu positiv gegenüber stehe und auch das Forum von Indymedia wird des öfteren in Zusammenhang gebracht, so soll das Schreiben angeblich als erstes dort erschienen sein (http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/472427/3/10). Die Bild bietet das gesamte Schreiben, mit einigen unkenntlich gemachte Stellen, auf ihrer Seite zum downloaden an.

Landeskriminalamt mit Beißreflex

So schien also alles zusammenzupassen, denn in dem Schreiben waren die „linkstypische“ Argumente und Ausdrucksweise ausschlaggebend für den Verdacht der Ermittler. Unter anderem hieß es „wenn Ihr nicht abrüstet, tun wir es (…). Um menschenverachtendes Kriegsgerät unbrauchbar zu machen, haben wir es angezündet.“ Grundsätzlich wird im Schreiben auch die Ausbildung von Offizieren in Dresden kritisiert, im besonderen, dass die Beförderung von Offizieren am 7. Oktober vergangenen Jahres im Dresdener Rathaus öffentlich gefeiert wurde. Militärische Rituale sollten „aus der Öffentlichkeit verschwinden“, so lautete die Forderung. In dem Schreiben soll die Gruppierung den Angaben der Ermittlungsbehörden zufolge auch Bezug auf die „Proklamation der provisorischen Regierung der Bunten Republik Neustadt“, genommen haben, dem Fest, das jedes Jahr im Juni im alternativen Dresdner Stadtteil Neustadt gefeiert wird.

Empfindliches Ziel

Die Täter schienen anscheinend sehr gut Bescheid zu wissen, denn die Offiziersschule des Heeres (OSH) in Dresden ist die zentrale Ausbildungsstätte für Offiziere des Heeres. Jährlich werden dort rund 4.000 Offiziere, Offiziersanwärter und zivile Angehörige der Bundeswehr in bis zu vier Monate dauernden Lehrgängen aus- und fortgebildet. Bis 1974 gab es Heeresoffiziersschulen in Hannover, Hamburg und München. Dann übernahm die zentrale OSH in Hannover deren Aufgaben. Seit 1998 ist das historische Militärgelände in der Dresdner Albertstadt der Standort. Derzeit werden dort rund 540 Offiziere des Truppen- und des Militärfachlichen Dienstes, zivile Angehörige der Bundeswehr sowie Reserveoffiziere in Lehrgängen aus- und fortgebildet.

Verfassungsschützer sind ratlos

Die in der Nähe des Geschehens liegende Landeshauptstadt Dresden gilt nach Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz neben Leipzig zwar als Zentrum der linksextremen Szene in Sachsen, entgegen dem sachsenweiten Trend war die Anzahl der Dresdner Autonomen jedoch zuletzt rückläufig. So heißt es zumindest im Jahresbericht des Verfassungsschutzes für 2008, der in diesem Monat von Verfassungsschutzpräsident Reinhard Boos vorgestellt wurde. Die autonome Szene wird in diesem in die „antideutsche“ und die „andere Hälfte“ geteilt, die sich davon distanziert. Sachsenweit verzeichnet der Verfassungsschutz 340 Autonome, wobei deren Aktionsfelder lediglich als Kampf gegen Rechtsextremisten und „für selbstverwaltete Freiräume“ aufgeführt sind.

Ermittlungen führen zunächst in eine Sackgasse

Der Anschlag sei gut vorbereitet gewesen und zeuge von einer hohen kriminellen Energie, sagte die Sprecherin des LKA Silvaine Reiche in den ersten Tagen der Ermittlungen. Nun ließen jedoch die Staatsanwaltschaft Dresden und das Landeskriminalamt Sachsen vor wenigen Tagen Unsicherheit im ersten Ermittlungsansatz durchblicken. Es werde Zweifel an der Echtheit des Bekennerschreibens gehegt, heißt es. Das beim Sachsenspiegel, der Sächsischen Zeitung, der Frankfurter Rundschau, dem MDR und einer Dresdner Kirchgemeinde eingegangene Schreiben stamme möglicherweise von „Trittbrettfahrern“, so die Ermittlungsbehörden. Es bleibt also weiterhin ein Rätsel, wer für den Anschlag verantwortlich ist, denn nach ersten Untersuchungen enthalte das Bekennerschreiben „keine Informationen, die auf tatsächliches Täterwissen hindeuteten“.

Fälschung, oder Irreführung der Behörden ?

Die Straftat sei nur allgemein beschrieben worden, Folgeaktionen ließen sich aus dem vermeintlichen Bekennerschreiben ebenfalls nicht ableiten. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen zwar davon aus, dass „der Verfasser des Schreibens der linken Szene zugeordnet werden kann“. Als unüblich stuften die Ermittler aber die Verbreitung des Schreibens über die Medien und die Briefform ein. Nach Erkenntnissen der Polizei wird für derartige Bekenntnisse heute eher das Internet gewählt. Die Brandsätze seien bereits analysiert worden. Zu ihrer Bauweise wurde aus „ermittlungstaktischen“ Gründen zunächst nichts darüber bekannt. Medienberichte, wonach es sich um zentnerschwere Behälter gehandelt habe, wollte die LKA-Sprecherin Reiche nicht bestätigen. Den Angaben Zufolge sind die Ermittlungsbehörden also keinen nennenswerten wichtigen Schritt weiter gekommen. Die Sonderermittlungsgruppe „Albertstadt“, die extra gegründet wurde, soll voraussichtlich aus 20 bis 30 Personen bestehen, berichtet die Nachrichtenagentur ddp.

Gefahr von links und Islamismus in einem Atemzug

Das Bundesinnenministerium hat übrigens vor einigen Tagen in einem Interview vor einer Gefahr terroristischer Anschläge in Deutschland „im Jahr der Bundestagswahlen“ gewarnt. Angesichts von „neuen, Besorgnis erregenden Videobotschaften in deutscher Sprache direkt an uns mit Hinweisen auf das Wahljahr“, sei die Terrorgefahr für Deutschland „sehr real“. Das sagte der Innenstaatssekretär August Hanning der Berliner BZ am Sonntag. Dabei nahm er wohl Bezug auf ein vor kurzem aufgetauchtes Video, welches einen angeblich abgefilmten Osama Bin-Laden mit deutschen Untertiteln zeigt. Auch hier war bereits die Echtheit des Videos angezweifelt worden. August Hanning vergaß in dem Interview allerdings nicht vor einer linken Gefahr zu warnen. So gab er an, die „Anschlagsgefahr drohe jedoch nicht nur vom islamistischen Terrorismus sondern auch aus dem linksradikalen Bereich“.

Bewacht wurde der Fuhrpark in Sachsen übrigens von einem privaten Wachdienst, denn eine eigene Wachkompanie, soll der Bundeswehr angeblich zu teuer sein, daher setzt sie in Dresden und in Delitzsch, einer Unteroffizierschule des Heeres, auf den privaten Sicherheitsdienst. Eine sogenannte Beraterkommission der Bundeswehr habe dies so festgelegt, nach Recherchen der Morgenpost seien nun jedoch die Sicherheitsvorkehrungen in Dresden verschärft worden. Die Fahrzeuge so hieß es, seien alle versichert gewesen.

Quelle: Indymedia (20.04.09)


Veröffentlicht am 22. April 2009 um 01:55 Uhr von Redaktion in News

Ergänzungen

  • anscheinend übt die bundeswehr jetzt schon für einsätze im inneren. am dienstag dem 22.april kreisten stundenlang fünf militärhubschrauber über der dresdner neustadt.

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