CDU-Mehrheit in der Stadt schwindet
28. Mai 2014 - 20:08 Uhr - 8 Ergänzungen
Bei den Kommunalwahlen vom Wochenende gab es in Dresden einige Überraschungen. So hatte die CDU gegenüber den Wahlen von 2009 nicht nur hohe Stimmenverluste zu verzeichnen, sondern verlor durch die Stimmenverluste der FDP und des Bürgerbündnisses auch ihre Mehrheit im künftigen Stadtrat. Insgesamt kam die CDU auf 27,6% der Stimmen und verlor gegenüber 2009 3,4 Prozent. Deutlich schlechter sieht es nur bei der FDP aus, die 7,1 Prozentpunkte einbüßte und von 12,1% auf 5% abstürzte und damit ihren Fraktionsstatus verlor. Als Gewinner der Wahl gingen die Linken, die mit 20,9% (+4,7%) ihr Ergebnis von 2009 stark verbessern konnten, und die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) hervor. Letztere erhielt aus dem Stand heraus knapp 7% der Stimmen. Auch die NPD konnte trotz Stimmenverlusten mit 2,8 Prozent erneut in den Stadtrat einziehen. Den größten Stimmenanteil hatten allerdings wie so oft in der Vergangenheit die Nichtwählerinnen und Nichtwähler. Von den 435.483 in Dresden wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern schafften es am Wahltag gerade einmal 53,2 Prozent an die Wahlurnen, ein leichter Zuwachs gegenüber 2009. Damals waren es sogar nur 49 Prozent gewesen. Die Wahl fand in diesem Jahr zeitgleich zu den Wahlen zum Europaparlament statt, bei denen die europäische Rechte in einigen Ländern beachtliche Erfolge erzielen konnte.
Im neuen Stadtrat wird es trotz der teilweise durch die AfD kompensierten Verluste nicht mehr für eine konservative Mehrheit reichen. Dafür dürften neben der CDU und den Freien Bürgern, die jeweils zwei Sitze verloren, besonders die fehlenden sechs Mandate bei der FDP Sorge tragen. Zusammen mit den fünf Sitzen der AfD kommt die CDU auf gerade einmal 31 Stimmen im 70-köpfigen Stadtrat. Ganz anders sieht die Situation auf der Gegenseite aus, wo die Linken gemeinsam mit den Grünen, der SPD und den mit 3,3% der Stimmen erstmals im Stadtrat vertretenen Piraten auf eine Mehrheit von 37 Stimmen kommen. Bereits kurz nach der Wahl hatten die beiden Spitzenkandidaten der Linken ihre Bereitschaft signalisiert, sich mit den drei anderen Parteien „über gemeinsame politische Projekte in der neuen Stadtratsperiode“ zu verständigen. Auch die Dresdner SPD hatte sich ebenso wie die Piraten nach den Wahlen vom Sonntag für eine Mehrheit ohne die CDU ausgesprochen. Die Piraten, welche jetzt für einen Politikwechsel in Sachsens Landeshauptstadt sorgen könnten, bedankten sich bei ihren Wählerinnen und Wählern. „Wir sind jetzt das Zünglein an der Waage, das Salz in der Suppe und der Pfeffer in den Augen konservativer Politiker“, so der neu in den Stadtrat gewählte Norbert Engemaier.
Welche Auswirkungen die Wahlen auf die teilweise kontrovers diskutierten Großprojekte haben werden, bleibt abzuwarten. So hatten bereits im Vorfeld der Wahlen Vertreterinnen und Vertreter der vier Parteien wiederholt angekündigt, den erst kürzlich vom Stadtrat beschlossenen Ausbau der Königsbrücker Straße ebenso auf den Prüfstand zu stellen, wie das geplante Bauvorhaben für einen Globus-Markt auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs sowie den Neubau von Luxuswohnungen am Pieschener Elbufer durch private Investoren. „Rot-rot-grün kann nun die drängenden Fragen nach bezahlbarem Wohnraum, einem stadtteilverträglichen Ausbau der Königsbrücker Straße und viele weitere Themen im Sinne der Dresdner angehen.“ kündigte der frisch gewählte Neustädter SPD-Stadtrat Vincent Drews am Dienstag an. Auch der Direktkandidat der Piraten, Martin Schulte-Wissermann, sieht angesichts des Wahlergebnisses das Aus für „einige der verfehlten und überdimensionierten Großprojekte“.
Mit ihrem schlechtesten Ergebnis seit der Wiedervereinigung konnte die CDU bei den diesjährigen Kommunalwahlen ihren Erfolg von 2009 nicht wiederholen und verlor in fast allen Stadtteilen Stimmen. Besonders erfolgreich waren sie vor allem in den Gemeinden im Dresdner Umland. So kam die CDU zwar in mehreren Wahlkreisen auf mehr als 30% der Stimmen, dennoch reichte das Ergebnis nicht aus, um die hohen Verluste auszugleichen. Der Spitzenwert der Partei lag mit 35,3% im Wahlkreis 4 (Trachau/Hellerau/Klotzsche/Weixdorf/Langebrück). In Weixdorf erhielt sie sogar mehr die Hälfte aller Stimmen (51,3%), auch in Schönfeld-Weißig, Altfranken/Gompitz und Kleinschachwitz lag ihr Ergebnis mit Werten über 37 Prozentpunkten deutlich über dem stadtweiten Durchschnitt. Ihr mit Abstand schlechtestes Ergebnis erzielte sie mit 13,5% im Wahlkreis 2, zu dem auch die Äußere Neustadt gehört. Im gleichen Wahlkreis kamen die Grünen auf mehr als 34%, gefolgt von den Linken mit 20,7 Prozentpunkten. Verlustreich war die Wahl auch für die FDP, die in nahezu allen Stadtteilen Stimmen verlor und das Ergebnis von 2009 (12,1%) klar verfehlte. Die größten Verluste musste sie im Stadtteil Kaditz, und in Cotta verkraften (-13,6 bzw. -12,5 Prozentpunkte). Lediglich in Prohlis/Reick/Niedersedlitz/Strehlen/Nickern (Wahlkreis 9) konnte sie mit 7,2% auf niedrigem Niveau an alte Erfolge anknüpfen und mit drei Kandidaten in den Stadtrat einziehen.
Die Linke konnte ihren zweiten Platz verteidigen und knüpfte mit rund 21% der Stimmen nach der Schlappe von 2009 wieder an die Wahlergebnisse von 1994-2004 an. Ihr bestes Ergebnis erreichte sie mit rund 26 Prozent im Wahlkreis 1 (Johannstadt/Altstadt), wo sie sich mit wenigen Stimmen Unterschied nur knapp der CDU geschlagen geben musste. Deutliche Stimmenzuwächse gab es in der Äußeren Neustadt, wo sich die Partei um 8,8 Prozentpunkte verbessern konnte. Auch in den angrenzenden Stadtteilen Leipziger Vorstadt (5,5%) und Pieschen-Nord legte sie um jeweils fast 7,4 Prozent zu, in Cotta gewann sie 7,6 Prozentpunkte. Am schlechtesten schnitt die Partei im Norden der Stadt ab. Sowohl im Wahlkreis 4, als auch im Wahlkreis 5 (Bühlau/Weißig/Schönfeld/Pappritz) blieb die Linke weit unter ihrem Gesamtergebnis. Des einen Freud, ist des anderen Leid – während die Linke im Wahlkreis 2 deutliche Stimmengewinne für sich verbuchen konnte, verloren die Grünen allein in ihrer Hochburg Äußere Neustadt mehr als sieben Prozentpunkte, erreichten jedoch im Wahlkreis insgesamt noch einen Spitzenwert von 34 Prozent. Am schlechtesten schnitt die Partei dort ab, wo die NPD und AfD die meisten Wählerinnen und Wähler hatte, so konnte sie im Wahlkreis 9 und 12 nicht einmal 10% der Stimmen für sich reklamieren. Trotzdem konnten die Grünen ihr schlechtes Abschneiden von 1999 endgültig vergessen machen und wurden nach 2004 und 2009 noch vor der SPD erneut drittstärkste Kraft.
Die SPD muss sich in Dresden inzwischen damit anfreunden, den Status einer Volkspartei endgültig verloren zu haben. Sie schaffte es im Unterschied zu den Linken nicht, von der allgemeinen Wechselstimmung in der Stadt zu profitieren. Zwar wird ihr Wahlergebnis auf kommunaler Ebene womöglich ausreichen, um in einer rot-grün-roten Koalition ein Wörtchen mitzureden, dennoch liegt sie mit den erreichten 12,8% weit unter vergleichbaren Wahlergebnissen in anderen Bundesländern. Das schlechteste Ergebnis erzielte die SPD mit weniger als zehn Prozent im CDU-dominierten Wahlkreis 4, den höchsten Stimmenanteil erhielt sie mit fast 17 Prozent in Johannstadt, Bühlau und Plauen. Die erstmals bei einer Kommunalwahl in Dresden angetretenen Piraten konnten vor allem in der Äußeren Neustadt mit acht Prozent, der Leipziger Vorstadt mit 7,2 Prozent und in Löbtau mit sieben Prozent punkten. Insgesamt reichte es für 3,3 Prozent der Stimmen und zwei möglicherweise wichtigen Plätzen im neu gewählten Stadtrat.
Als Neueinsteiger profitierte die AfD nach Einschätzung des Dresdner Politikwissenschaftlers Werner Patzelt vor allem vom „allgemeinen Missbehagen mit unserem politischen System und dem Europa-Kurs“ und der wechselwilligen ehemaligen CDU-bzw. FDP-Wählerschaft. Die der Partei immer wieder vorgeworfenen inhaltlischen Überschneidungen mit Positionen der NPD zeigte sich unter anderem dadurch , dass mit Sören Oltersdorf erst kürzlich ein Vorstandsmitglied und Stadtratskandidat der AfD zu Gast auf dem Europakongress der NPD-Jugendorganisation JN im thüringischen Kirchheim gewesen ist. Die Partei, die in Sachsen bislang auf kommunaler Ebene keinen Posten inne hatte, kam bis auf eine Außnahme in nahezu allen Stadtteilen auf mehr als sechs Prozentpunkte und wird in Zukunft mit fünf Kandidaten im Stadtrat vertreten sein. Besonders viele Stimmen erhielt sie in den Wahlkreisen, in denen auch die NPD erfolgreich gewesen ist. Aber auch in Gruna/Seidnitz/Blasewitz (Wahlkreis 8) lag die erst im vergangenen Jahr gegründete Partei, die auf einer Wahlkampfveranstaltung auf der Prager Straße mit einem Übergriff auf ein Mitglied der Grünen Jugend von sich reden machte, über ihrem Gesamtergebnis in der Stadt.
Im Unterschied zum ländlichen Raum, musste die NPD in Dresden erneut einen Rückschlag hinnehmen und verlor gegenüber 2009 noch einmal deutlich. Während sie sachsenweit fast fünf Prozent der Stimmen erreichen konnte, waren es in Dresden gerade einmal 2,8%. Dennoch reichten die abgegebenen Stimmen für den erneuten Einzug der NPD mit zwei Kandidaten. Das bisherige Stadtratsmitglied Hartmut Krien schaffte in seinem Wahlkreis jedoch nicht die für einen Wiedereinzug erforderlichen Stimmen. Seine Nachfolge tritt nun der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete René Despang an, der zusammen mit dem NPD-Kreisvorsitzenden Jens Baur in den neu gewählten Stadtrat einzieht. Ihr schlechtestes Ergebnis erzielte die rechte Partei mit 0,8 Prozent erwartungsgemäß im zur Neustadt zählenden Wahlkreis 2, wo sie dennoch immerhin 504 Stimmen erhielt, gefolgt von Wahlkreis 6 (Striesen/Blasewitz) mit 1,4% der gültigen Stimmen. Erfolgreich war sie mit ihrem offen rassistisch geführten Wahlkampf besonders im Süden und Osten der Stadt. Im Wahlkreis 12 (Cotta/Gorbitz/Cossebaude/Briesnitz) erhielt die Partei mit Kandidat Jens Baur 2.800 Stimmen und kam auf insgesamt 4,8 Prozentpunkte. Darüber hinaus war die NPD besonders in Wahlkreis 9 sowie in Pieschen/Trachau/Mickten/Kaditz (Wahlkreis 3) erfolgreich. In beiden Wahlkreisen erhielt sie mehr als 2.000 Stimmen.
Statistische Werte: Ergebnisse für Dresden im Einzelnen | Vorläufige Sitzzuteilung
Veröffentlicht am 28. Mai 2014 um 20:08 Uhr von Redaktion in News
Warum schreiben sie bei der AFD Rechtspopulistisch bei der LINKEN schreiben sie aber nicht das sie Rechtsnachfolger der SED ist. Was soll ich davon halten? Soll das Journalismus sein?
Warum sie das nicht schreiben? Weil sie eben gute Journalisten sind und nicht populistische Formulierungen wie ihre vorgeschlagene verwenden.
Von der sächsischen CDU sagt ja auch keiner, dass sie nach der Wende mit Parteikadern aus NRW und anderen Westbundesländern vollgestopft wurde, die in ihrem bisherigem Bundesland nicht weiteraufsteigen konnten.
Wenn man aber bedenkt, wie oft die Parteispitze der AfD und v.a. Herr Lucke leugnet, dass die AfD mit (z.T. vorbestraften) NPDlern und anderen rechtsextremen Menschen überschwemmt wird und immer gesagt wird, es seien Einzelfälle, dann ist es journalistische Pflicht zu betonen was kein Einzelfall ist. Es spricht ja nichts dagegen, dass Menschen sich in der AfD engagieren, aber die Ohren werden zu oft vor fremdfeindlichen und nationalistischen Aussagen verschlossen, sowohl in der AfD als in der Gesellschaft / Öffentlichkeit allgemein. Wer es nicht schafft, das Problem klar zu benennen und sich klar abzugrenzen, der muss mit so einer Bezeichnung leben. (Rechtspopulistisch ist dabei noch nett. Ich würde das selbst nicht so zurückhaltend formulieren…)
@kowalski: heul doch du inzestkartoffel!
müsste man dann nach deiner logik auch schreiben, dass die afd rechtsnachfolger der nsdap ist?
@Kowalski , dann sollte man bei der CDU und FDP aber bitte auch noch NSDAP schreiben.
der Rechtsruck
ob Gremien Ausschüsse Ämter
da wo die Amigo-Partei Einzug hält
schwindet die Demokratie
Faschismus macht sich breit
https://verfassungsklage2014.wordpress.com