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AfD-Abgeordneter mit rechter Vergangenheit will Ernst-Thälmann-Straße in Heidenau umbenennen

12. November 2019 - 19:55 Uhr - Eine Ergänzung

Nach der Kommunalwahlen im Mai 2019 beginnt der Sitzungsalltag in den Städten. In Heidenau sorgte ein Antrag der AfD bereits für hitzige Diskussionen auch über die Grenzen der Kleinstadt vor den Toren Dresdens hinaus. Der Abgeordnete Daniel Barthel hatte während der ersten Sitzung beantragt, die Ernst-Thälmann-Straße in Woldemor-Winkler-Straße umzubenennen. Der Antrag war Ende Oktober mit den Stimmen der FDP und der Enthaltung von drei CDU-Abgeordneten angenommen worden. Inzwischen regt sich allerdings Protest gegen die Entscheidung. Heidenauer Bürgerinnen und Bürger wollen per Petition die Umbenennung noch verhindern. Darüber hinaus bringt das „Antifa Recherche Team“ den AfD-Abgeordneten in einer Veröffentlichung mit der extremen Rechten und dem Umfeld der 2001 vom Sächsischen Innenministerium (SMI) verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) in Verbindung, deren Mitglieder bis zum Verbot immer wieder durch gewalttätige Übergriffe in der Region um Pirna aufgefallen waren.

„Abgesehen von seinen antidemokratischen Überzeugungen, war Ernst Thälmann nicht nur Teilnehmer, sondern auch Mitorganisator des ‚Hamburger Aufstandes‘ vom 23. bis 25 Oktober 1923.“, so die Begründung in dem von Barthels eingereichten Antrags im Heidenauer Stadtrat. Laut des AfD Abgeordneten gäbe es keinen ersichtlichen Grund, warum eine der schönsten Straßen Heidenaus den Namen einer historisch umstrittenen Persönlichkeit tragen sollte. Anders als der neue Namensgeber Woldemar Winkler, überlebte der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann den Zweiten Weltkrieg nicht, sondern wurde nach 11 Jahren Einzelhaft im Konzentrationslager Buchenwald im August 1944 ermordet.

Geht es nach Barthel, soll die Straße künftig den Namen des Heidenauer Malers Woldemar Winkler tragen. Wie der AfD-Politiker auf den 2004 verstorbenen Maler kommt, wird im Antrag nicht erwähnt. Zu einer Suchanfrage auf Wikipedia über bekannte Persönlichkeiten in Heidenau wird Winkler als Erster gelistet, obwohl der Maler selbst nur wenige Lebensjahre tatsächlich in Heidenau direkt verbrachte. Mit einem Auszug aus eben jener Plattform wird dann auch das Leben Woldemar Winklers im Antrag beschrieben. Auch der Sohn Winklers zeigte sich in der „Neuen Westfälischen“ überrascht über den Vorstoß der AfD. Christoph Winkler äußerte sich in der Zeitung wie folgt: „Aber eigentlich ist mein Vater in Heidenau nicht bekannt. Ich wundere mich schon sehr, wie die AfD auf ihn gekommen ist. Die wollten wohl eher den Thälmann loswerden“.

Ebenso überrascht über die Pläne zu Umbenennung zeigte sich der Vorsitzende der Woldemar-Winkler-Stiftung Ulrich Kniesel. In seinem Antrag argumentierte Barthel u.A. auch damit, dass die Stiftung in das Vorhaben einbezogen worden wäre und sich sehr erfreut von den Plänen der AfD-Fraktion gezeigt hätte, dem die Stiftung jedoch widerspricht. Laut Kniesel seien keinerlei Zusagen einer Unterstützung irgendwelcher Art gemacht worden: „Wir haben in unserer Antwort herausgestellt, dass aufgrund unserer sehr beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen der Fokus unserer Aktivitäten auf regionaler Ebene liegt“, wird Kniesel in der „Neuen Westfälischen“ zitiert.

Auch bei den Anwohnerinnen und Anwohnern der Ernst-Thälmann-Straße regt sich unterdessen Widerstand. Mit einer Petition soll die Umbenennung, die bis zum 1. Januar 2020 von der Verwaltung umgesetzt werden soll, verhindert werden. Auf der Plattform Open Petion haben sich bis Redaktionsschluss bisher 593 Personen gegen das Vorhaben ausgesprochen, wovon 361 aus Heidenau stammen. Die Initiatorin argumentiert vor allen mit den Kosten, die auf die Anwohnerinnen und Anwohner zukommen würden. Darüber hinaus sei „der Straßenname […] seit Jahrzehnten in Heidenau etabliert“. In über 250 Kommentaren wird immer wieder auf die antifaschistischen Aktivitäten Thälmans hingewiesen. „Die Opfer des Faschismus dürfen nicht zweimal ermordet werden“ oder „Ich habe gelernt, wer Ernst Thälmann war, und weiß um seinen Anteil an der deutschen Geschichte, auch wenn die heutige Sicht anders ist. Und ich habe mich über den nicht unbedeutenden Woldemar Winkler belesen. Ich finde es jämmerlich, den Namen Ernst Thälmann aus der Stadt zu radieren und durch einen nicht mit Heidenau in Beziehung stehenden bildenden Künstler zu ersetzen! Um ihn zu würdigen, gibt es sicher andere neue Straßen“ schreiben unter anderem zwei Nutzerinnen auf der Plattform. 

Besondere Aufmerksamkeit erlangte ein in diesem Zusammenhang veröffentlichter Artikel des ART Dresdens. In dem Beitrag wird Barthels eine Betätigung innerhalb der extremen Rechten zu Beginn der 2000er Jahre vorgeworfen. Damals soll Barthel bei einer Demonstration in Pirna an gewalttätigen Übergriffen auf Antifaschistinnen und Antifaschisten beteiligt gewesen: „So war Barthel Teil eines Nazi-Mobs der am 4. November 2000 in Pirna eine Solidaritätskundgebung der ‚Aktion Zivilcourage‘ angriff. Diese solidarisierte sich mit dem Imbiss „Antalya Grill“, der zuvor regelmäßig Ziel rechter Attacken gewesen war. Aus der mindestens 50 Personen starken Gruppe um Barthel kam es immer wieder zu Steinwürfen und tätlichen Angriffen auf die Demoteilnehmer*innen“, heißt es in dem Artikel der Dresdner Gruppe. Doch die Vorwürfe gehen noch weiter. Vier Jahre später soll der mittlerweile 36-Jährige Anmelder einer Kundgebung unter dem Motto „Antifaschistischer und antideutscher Polemik entgegentreten – gegen eine Normalisierung linksradikaler Strukturen in Pirna und anderswo“ gegen ein linke Demonstration in der Stadt gewesen sein. Laut ART sollen sowohl die Kundgebung, als auch die Aktivitäten gewaltbereiter Nazis an dem Tag später den Kern des SSS-Fortführungsverfahren gebildet haben. Informationen, ob Barthel selbst Teil der Ermittlungen war, liegen addn.me nicht vor. Weitere Bilder zeigen den AfDler auch auf Veranstaltungen der NPD in der jüngeren Vergangenheit.


Veröffentlicht am 12. November 2019 um 19:55 Uhr von Redaktion in Antifa

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