Rechte Mobilisierungen: Alltag im Dresdner Umland
5. September 2015 - 10:30 Uhr
Rechte Aufmärsche sind in Sachsen mittlerweile nur noch eine Randnotiz wert, nahezu wöchentlich gründet sich irgendwo im Freistaat eine neue Initiative aus häufig „besorgten“ Bürgerinnen und Bürgern, um gemeinsam mit bekannten Protagonisten aus der rechten Szene gegen eine im Raum stehende Unterkunft für Asylsuchende auf die Straße gehen. Parallel zum Erstarken von PEGIDA hat sich in Sachsen mittlerweile eine rechte Protestkultur entwickelt, bei der mitunter offen gegen Asylsuchende, Medien und die Politik gehetzt wird. Gleichzeitig ebnen die Proteste den Weg für rechte Gewalttäter, die den oft als erfolglos empfundenen Straßenprotest schließlich in die Tat umsetzen und Asylsuchende angreifen oder Unterkünfte attackieren.
Zu befürchten haben sie dabei allerdings wenig, denn während das staatliche Gewaltmonopol in Heidenau anschaulich gemacht hat, dass notfalls auch „Überraschung“ bei hiesigen Sicherheitsorgangen noch immer als Entschuldigung für das rassistische Treiben herhalten kann, zeigen die wenig bis gar nicht vorhandenen Ermittlungsergebnisse bei einer steigenden Zahl rechter Übergriffe und Brandanschläge in der jüngeren Vergangenheit, dass im Unterschied zur allgegenwärtigen Repression gegen die linke Szene offenkundig noch nicht einmal ein Wille zur Aufklärung existiert. Allein in dieser Woche fanden in Sachsen bislang mindestens drei größere rechte Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Kein Zufall dürfte es sein, dass sich dabei weder in Meißen, noch in Großröhrsdorf wirklich die Mühe gemacht wurde, überhaupt zu Gegenprotesten aufzurufen.
Am Mittwoch versammelten sich am frühen Abend rund 150 Menschen in Stolpen bei einer von der NPD angemeldeten Veranstaltung unter dem Motto: „Gesetze anwenden, Asylbetrüger abschieben“, Redner war u.a. der rechte Historiker und Pirnaer Stadtrat Olaf Rose (NPD). Nach einer Kundgebung auf dem Marktplatz zogen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen eine kurze Runde durch die 25 Kilometer von Dresden entfernte Kleinstadt. Abgesehen von einem Friedensgebet in der Stadtkirche gab es vor Ort nur sehr vereinzelten Protest einiger weniger Bürgerinnen und Bürger. Tags darauf versammelten sich sowohl in Meißen, als auch in Großröhrsdorf rund 300 Menschen. Auf der durch die rechte „Initiative Heimatschutz“ organisierten Veranstaltung in Meißen sprach dabei der als PEGIDA-Anwalt bekannt gewordene Jens Lorek.
Die zeitgleich in Großröhrsdorf angemeldete Versammlung stand ganz im Zeichen einer ursprünglich geplanten Erstaufnahmeeinrichtung, die jedoch nach dem plötzlichen Rückzug des Vermieters wenige Tage zuvor wieder ausgesetzt worden war. Ebenso wie in Stolpen beteiligten sich auch in Großröhrsdorf neben der Bevölkerung auch zahlreiche organisierte Nazis der JN und unorganisierte Teile der ostsächsischen Naziszene an der Demonstration. Als Redner traten u.a. der mit PEGIDA sympathisierende Dresdner Unternehmer Nicos Chawalez und der ehemalige Radeberger NPD-Stadtrat Simon Richter an. Für einen kleinen Eklat sorgten die Veranstalter selbst, als ein Asylsuchender, der die Möglichkeit wahrnehmen wollte, am offenen Mikrophon zu sprechen, beschimpft und schließlich weggeschickt wurde. Schon in der kommenden Woche soll es weitergehen. So will am Mittwoch die NPD in Riesa gegen „Asylmißbrauch und Überfremdung“ demonstrieren, am Donnerstag wurden für den frühen Abend Versammlungen in Sebnitz und Freital angemeldet.
Veröffentlicht am 5. September 2015 um 10:30 Uhr von Redaktion in Nazis