NPD-Konvoi fährt in Sitzblockade
2. November 2012 - 00:44 Uhr - 6 Ergänzungen
Die derzeit stattfindende Tour der NPD durch Sachsen machte heute zweimal in Dresden halt. Vor einer Moschee in Dresden-Cotta und vor einem Heim für Asylsuchende in der Johannstadt hetzten die Nazis in Redebeiträgen und mit Plakaten gegen Menschen muslimischen Glaubens und Asylsuchende. An beiden Kundgebungsorten fanden bunte und laute Gegenproteste statt. Nachdem Nazis am Käthe-Kollwitz-Ufer versuchten, in eine Sitzblockade zu fahren, stiegen sie aus und griffen wahllos etliche der anwesenden Menschen an.
Am Donnerstagmorgen kamen etwa 30 Nazis zur Fatih-Camii-Moschee in Dresden-Cotta. Allerdings konnte kaum jemand etwas von den Hetztiraden des sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Arne Schimmer verstehen, da in unmittelbarer Nähe knapp 100 Bürgerinnen und Bürger mit Trillerpfeifen lautstark gegen den rechten Aufmarsch protestierten. Obwohl die NPD laut einem Beschluss nicht direkt vor der Moschee hätte demonstrieren dürfen, traf genau das ein. Auf Nachfrage der DNN dementierte die Dresdner Stadtverwaltung den Vorgang und behauptete, dass die Nazis einige Meter neben dem Eingang Aufstellung genommen hätten. Während neben Schimmer auch der NPD-Bundesvorsitzende und Landtagsabgeordnete Holger Apfel gegen Muslime und Ausländer hetzte, wurden die protestierenden Menschen aus der Moschee mit warmen Tee und Essen versorgt.
Nach nicht einmal einer Stunde packte die NPD zusammen und machte sich auf den Weg in die Dresdner Johannstadt, wo vor einer zentralen Unterkunft für Asylsuchende die Hetze weitergehen sollte. Doch auf dem Weg dorthin blockierten am Käthe-Kollwitz-Ufer ein paar dutzend Antifaschistinnen und Antifaschisten die Zufahrtsstraße. Als die Kolonne aus NPD-Fahrzeugen die Blockade sah, beschleunigte das erste Fahrzeug und steuerte direkt auf die Blockade zu. Die dort sitzenden Personen konnten bis auf wenige Ausnahmen zur Seite springen. Einige wurden jedoch von dem roten VW-Bus gestriffen. Daraufhin stiegen aus den Fahrzeugen etliche mit Schlagstöcken und Latten bewaffnete Nazis aus und machten Jagd auf die Menschen, die zuvor die Straße blockiert hatten. In dem Tumult ging die Heckscheibe und ein Seitenspiegel eines der Fahrzeuge zu Bruch. Eine Person wurde bei dem Übergriff so schwer von einem der Angreifer verletzt, dass sie im Anschluss in einem Dresdner Krankenhaus behandelt werden musste. Die herbeieilende Polizei setzte daraufhin nach eigenen Angaben 15 Personen fest, fesselte sie mit Kabelbindern und schaffte sie in das Polizeipräsidium auf der Schießgasse. Die bewaffneten Angreifer aus der rechten Szene konnten, nachdem bei einigen von ihnen ebenfalls die Personalien aufgenommen wurden, ihre Fahrt zum Asylsuchendenheim fortsetzen. Nun ermittelt die Polizei wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung.
Etwa zur gleichen Zeit hatten sich auf den von den Grünen und dem DGB angemeldeten Kundgebungen in Johannstadt mehrere hundert Menschen gesammelt, um damit ihre Solidarität mit den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in dem Wohnheim auf der Florian-Geyer-Straße auszudrücken. Nachdem der NPD-Tross mit einiger Verspätung den Kundgebungsort erreicht hatte, wurden sie von den protestierenden Menschen mit Eiern und Obst beworfen. Auch dabei kam es zu Rangeleien mit den eingesetzten Ordnungskräften, als diese versuchten, eine Person festzunehmen. Zeitgleich zu den Protesten war in der Unterkunft ein von der Stadt und der GAGFAH organisiertes Familienfest für die Bewohnerinnen und Bewohner organisiert worden, zu dem sich auch Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) eingefunden hatte. Das Netzwerk „Asyl, Migration, Flucht“ begrüßte in einer Stellungnahme die Bereitschaft von Dresdens Oberbürgermeisterin, „sich dem Problem einen Schritt zu nähern“. Zugleich kritisierten sie die Geschäftsführung der GAGFAH, die zuvor veranlasst hatte, ein Transparent mit der Forderung nach Grundrechten von einem ihrer Gebäude zu entfernen.
Am Nachmittag reisten die Parteikader weiter nach Leipzig, wo sie vor der Al-Rahman-Moschee ebenfalls lautstark von etwa 200 Menschen empfangen wurden. Nach nicht einmal einer halben Stunde zogen sie weiter nach Leipzig-Wahren. Dort lauschten etwa 20 Nazis einem Redebeitrag des stellvertretenden NPD-Landeschefs Maik Scheffler. Nachdem Scheffler jedoch aus Lärmschutzgründen auf ein Megaphon umsteigen musste und den Nazis durch die Polizei letztlich sogar das Singen der Deutschlandhymne untersagt worden war, endete die Veranstaltung ohne weitere Vorkommnisse gegen 19 Uhr. Am Freitag will die NPD zum Abschluss ihrer Tour unter anderem in Radebeul und Pirna demonstrieren. Auch in diesen beiden Städten wurde dazu von Seiten der Zivilgesellschaft zu Protesten aufgerufen. Bereits am Dienstag war die Partei mit ihrer menschenverachtenden Tour in Chemnitz und Plauen gestartet. In der ehemaligen „Stadt der Moderne“ hatten sich die Nazis dazu vor einem türkischen Gemeindezentrum und einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende eingefunden. Am frühen Abend endete schließlich der erste Tag vor einem Heim für Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. In beiden Städten war der rechte Aufzug von Protesten mehrerer hundert Menschen begleitet worden.
Weiterer Artikel: NPD-Tour in Sachsen: Angriff auf Holger Apfel, hunderte Menschen demonstrieren friedlich und ein merkwürdiges Transparent
Veröffentlicht am 2. November 2012 um 00:44 Uhr von Redaktion in Nazis
Versteh ich nicht: „wo sie vor der Al-Rahman-Moschee ebenfalls lautstark von etwa 200 Menschen empfangen wurden.“ und „Nachdem Scheffler jedoch aus Lärmschutzgründen auf ein Megaphon umsteigen musste“