Mehrere rassistische Übergriffe um die Weihnachtszeit in Dresden
21. Dezember 2019 - 20:33 Uhr
Nachdem PEGIDA am vergangenen Adventssonntag auf dem Theaterplatz ihr Weihnachtssingen abhielt, kam es in der darauffolgenden Woche zu mehreren rassistischen Übergriffen in der Landeshauptstadt. Wenige Tage vor Ende des Jahres macht Dresden damit erneut mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. In der Stadt gehören solche Übergriffe schon seit geraumer Zeit zur traurigen Realität.
Angriff auf Unterkunft für minderjährige Geflüchtete
In der vergangenen Woche kam es in der Nacht von 14. auf den 15.12. gegen 2:30 Uhr zu einem Angriff auf eine von minderjährigen Geflüchteten bewohnte Einrichtung in Dresden-Klotzsche. Nach Polizeiangaben sollen sich zunächst bis zu vier maskierte Personen Zutritt zum Gelände verschafft haben, indem sie ein Zaunfeld des angrenzenden Parkplatzes eindrückten. Anschließend sollen die Angreiferinnen und Angreifer mit Hilfe von Holzstangen insgesamt sechs Doppelglasscheiben eingeschlagen haben, so berichtet es die Polizei Sachsen. Der entstandene Sachschaden soll sich auf insgesamt 1.200 Euro belaufen. Noch im Laufe des Abends konnte die Polizei drei Tatverdächtige stellen. Die Personen im Alter von 20, 21 und 22 Jahren sollen sich nach Polizeiangaben vor den Beamtinnen und Beamten versteckt haben. Gegen zwei der drei kontrollierten Personen erhärtete sich ein Tatverdacht, so dass die Polizei wenig später Durchsuchungen in den Wohnungen der 21 und 20-Jährigen anordnete, um dort Beweismittel sicherzustellen. Trotz des offensichtlich rassistischen Hintergrund der Tat, wertete die Polizei die Attacke bislang nicht als rechten Angriff.
Es war nicht der erste Angriff auf Geflüchtetenunterkünfte in dem Stadtteil im Norden der Landeshauptstadt. Bereits 2016 hatten zwei Unbekannte Steine in eine als Asylunterkunft geplante Einrichtung geworfen. Zuvor hatte es vor Ort eine Reihe von teilweise durch die AfD organisierte rassistische Demonstrationen gegeben, bei denen es auch zu einem Übergriff auf Journalisten gekommen war. Im September diesen Jahres erregten mehrere Graffitis die Aufmerksamkeit der regionalen Presse. Auf einem Brückenfundament in Klotzsche waren von Unbekannten mehrere dutzend rechte Parolen wie „NS-Zone“, „Nazikiez“ oder „AfD Zone“ gesprüht worden.
Nationalistischer Busfahrer in ÖPNV
Für einen Skandal der etwas anderen Art sorgte in der letzten Woche ein Busfahrer der Satra Eberhardt GmbH. Dieser hatte, für einsteigende Fahrgäste gut sichtbar, einen Zettel an eines der Busfenster geklebt, auf dem in Frakturschrift zu lesen war: „Diesen Bus steuert ein Deutscher Fahrer“. In sozialen Netzwerken ging das Bild schnell viral, nachdem es dort von einem empörten Fahrgast gepostet worden war. Auch die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) reagierten umgehend und schlossen einen weiteren Einsatz des Fahrer auf ihren Strecken aus. Während sich in sozialen Netzwerken vor allem belustigt über die Rechtschreibung des rassistischen Fahrers geäußert wurde, berichteten verschiedene Medien von massiven Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen dem 23jährigen Dresdner gegenüber, der das Schild publik gemacht hatte. Dass er sich in einem Interview mit RTL äußerte, am Anfang nicht über das Schild verwundert gewesen zu sein, spricht für die Normalität, die solche Vorfälle mittlerweile in der Landeshauptstadt darstellen.
Rassistischer Angriff auf Kind
Der jüngste Vorfall ereignete sich am vergangenen Dienstag gegenüber einer 31-Jährigen, die mit ihrem vierjährigen Kind auf dem Weg vom internationalen Kindergarten „Kleiner Globus“ zu sich nach Hause war. Nachdem ihr auf dem Weg zur Bahnhaltestelle ein älterer Mann entgegengekommen sei, habe dieser nach Aussage der 31-Jährigen unvermittelt gegen das Dreirad des Kindes getreten haben, so dass der Vierjährige stürzte und sich dabei verletzte. Als die Mutter den Täter daraufhin ansprach, wurde ein Unbeteiligter auf die Situation aufmerksam und eilte ihr zu Hilfe. Der Angreifer entfernte sich kurz darauf vom Ort des Geschehens. Die Betroffene erstattete später mit Hilfe einer Erzieherin Anzeige bei der Polizei. Diese ermittelt mittlerweile wegen Körperverletzung und sucht nach Hinweisen zum Geschehen. Der Täter soll zum Zeitpunkt des Übergriffs einen rotbraunen Anorak und eine schwarze Hose getragen haben.
In ersten Reaktionen hat sich eine ganze Reihe politisch Verantwortlicher zu dem Fall geäußert und ihr Mitgefühl ausgedrückt. Auch der Ausländerrat, als Träger der Kita, zeigte sich schockiert: „Es ist unerträglich, dass in Dresden ein Klima herrscht, dass sich eine rassistische Gewalttat gegen eines der verwundbarsten Mitglieder unserer Gesellschaft richtet: ein Kind. Hier sind Zivilgesellschaft und Politik gefordert, endlich jeglicher Herabwürdigung von Menschen entschlossen entgegenzutreten.“ Darüber hinaus bedankte sich der Verein bei der Zivilcourage des Mannes, der in dem Moment eingeschritten ist. Laut der in der Sächsischen Zeitung zitierten Sozialarbeiterin des Ausländerrates, soll die Mutter verängstigt gewirkt haben. Sie traue sich nicht mehr allein ihr Kind zur Kita zu bringen und abzuholen. Der Junge, der am nächsten Tag wieder die Kita besuchte, solle unsicher gewirkt und die Umgebung beobachtet haben.
Am 21. Dezember versammelten sich laut Dresden Nazifrei schließlich rund 120 Personen auf dem Theaterplatz, um unter dem Motto „Laut klingeln, statt still empören“ auf die Ereignisse der letzten Woche hinzuweisen. Auch mehrere Einzelpersonen haben sich mittlerweile mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dirk Hilbert gewendet. Dieser solle sein abgegebenes Versprechen halten, sich für eine offene und pluralistische Gesellschaft ohne menschenverachtende Hetze einzusetzen.
Veröffentlicht am 21. Dezember 2019 um 20:33 Uhr von Redaktion in Nazis