Ein Prozent e.V. eine Hassorganisation
27. Juni 2020 - 16:19 Uhr
Am 2. Juni 2020 verhandelte der 4. Zivilsenat am Oberlandesgericht Dresden über die Berufung des 2015 gegründeten rechten „Ein Prozent„-Vereins. Facebook hatte den Account des Vereins gelöscht, da er zur Verbreitung von Hass genutzt werde und die Identitäre Bewegung (IB) unterstütze. Das Landgericht Görlitz hatte bereits im vergangenen Jahr die Löschung als rechtmäßig bestätigt.
In der Berufsverhandlung stand nun die Frage im Mittelpunkt, ob die Begründung von Facebook ausreichend war und ob sie den Nutzungsbedingungen entspricht. Der Richter sah nicht, dass die Begriffe „Hassorganisation“ und „Unterstützung“ unzureichend definiert seien. Eine Nähe des Vereins zur IB sei außerdem gegeben. Dabei führte er nicht nur Veröffentlichungen auf, die bei Wikipedia nachzulesen wären, sondern verwies zudem auf eine von der Bundesregierung beantwortete Kleine Anfrage. Es brauche für eine Unterstützung nicht mehr, als gemeinsame Ziele und einzelne gemeinsame Aktionen. Außerdem beziehe sich der Begriff Hassorganisationen nicht ausschließlich auf physische Gewalttaten, sondern schließt dabei ebenso gewaltvolle Sprache mit ein, so der Richter weiter.
Facebook erklärte, sich auf die Ausführungen aus dem Verfassungsschutzbericht aus Sachsen-Anhalt zu beziehen, indem gemeinsame Aktionen und Verknüpfungen zwischen Ein Prozent und Identitärer Bewegung dargelegt worden. Die Vertreter von Ein Prozent beklagten zum eine, dass die Begründung der Löschung nach Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) zu wenig transparent gewesen sei, ohne Vorwarnung geschah und eine qualifizierte Unterstützung der Identitären Bewegung nicht vorläge. Mit der Sperrung wäre eine politische Austauschplattform für mehr als 100.000 Follower weggebrochen, was einen massiven Einschnitt in die freie Meinungsäußerungen darstelle.
Nach zweiwöchiger Prüfung wies das Gericht die Berufung am 16. Juni 2020 zurück und übertrug die Kosten des Verfahrens dem Verein. Das Gericht bestätigte, dass Facebook den Begriff der Hassorganisation eindeutig in ihren Nutzungsbedingungen definiert habe und so die Löschung des Profils ausreichend begründet gewesen sei. Unverhältnismäßig wäre die Profillöschung bei bloßer Unterstützung einer Hassorganisation. Der Verein sei allerdings selbst als Hassorganisation zu verstehen, so das Gericht. Nach Prüfung der Beweise von Facebook vertrete der Verein eine Ideologie der Ungleichwertigkeit. Außerdem spräche der Verein verschiedenen Menschengruppen durch Aufkleber oder andere Aussprüche das Lebensrecht ab, so das Gericht. Zwar könne das Hauptverfahren weiter geführt werden, die Berufung gegen das Urteil vom Landgericht Görlitz wurde allerdings abgewiesen.
Bild: Presseservice Rathenow
Veröffentlicht am 27. Juni 2020 um 16:19 Uhr von Redaktion in Nazis