Nazis

Bautzen: Neonazis erfinden Messerattacken!

9. Februar 2024 - 12:47 Uhr

Wie die Polizei Sachsen mitteilt , wurde in Bautzen ein Ermittlungsverfahren wegen schwerer Körperverletzung eingestellt. Anlass für die Ermittlungen war ein Instagram-Post vom 27. Januar 2024, in dem eine Person aus Bautzen schrieb, sie sei von mehreren Personen mit einem Messer angegriffen worden. Diese hätten zuvor eine Freundin in der Bautzener Innenstadt bedrängt. Als eine Gruppe zu Hilfe gekommen sei, sei diese mit einem Messer angegriffen worden. Der Beitrag wurde mit einem Foto einer Schnittwunde versehen. Mehrere tausend Mal wurde dieses Bild in den sozialen Medien geteilt.

Die sächsische Polizei teilte nun mit, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. Der Verfasser des Posts sei nie bei den zuständigen Ermittlungsbehörden vorstellig geworden, sondern werde jetzt selbst Gegenstand von Ermittlungen. Bei der Vernehmung des angeblich Betroffenen habe sich herausgestellt, dass die Geschichte frei erfunden war, teilte die Polizei mit. Gegen den 22-Jährigen wird nun wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt. In einer Pressemitteilung der Polizei Sachsen heißt es: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum! Derartige Behauptungen können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“

Auch wenn die Polizei Sachsen von einer unklaren Motivlage des Betroffenen spricht, ist ein mögliches Motiv bei genauerer Betrachtung offensichtlich. Aus dem Post ist ein rassistischer Ton deutlich herauszulesen. So schreibt der 22-Jährige, er sei „von 3 Gästen dieses Landes“ angegriffen worden. Er sei nun „einer von vielen“, die von „einer bestimmten Gruppe von Menschen“ angegriffen worden sei. Der Beitrag wurde überwiegend in rechten Kreisen geteilt, wie auch die zahlreichen rassistischen Kommentare darunter belegen. Mittlerweile wurde der Beitrag gelöscht.

Bei genaueren Ermittlungen hätte die sächsische Polizei bemerkt, dass es sich nicht um den ersten Post dieser Art handelte. Bereits am 17.01.2024 kursierte ein ähnlicher Beitrag auf Instagram, in dem eine Person behauptete, ihr Bruder sei auf dem Nachhauseweg in Bautzen von „2 südländischen, dunkelhaarigen Vorzeigedeutschen“ angesprochen worden. Sie hätten ihm Drogen verkaufen wollen. Als dies abgelehnt wurde, sei die Person bedrängt und mit einem Messer angegriffen worden. Wie bei dem nun von der sächsischen Polizei als Fake entlarvten Instagram-Post wurde auch hier ein Bild zu dem Post hinzugefügt, auf dem eine Jacke mit vermeintlichen  Messerspuren zu sehen ist. Auch zu diesem Vorfall ist auf dem Presseportal der Polizei Sachsen nichts zu lesen, was darauf schließen lässt, dass es nie zu einer Anzeige gekommen ist. Der Post endet damit, dass es „nicht der letzte Angriff dieser Art gewesen sein wird“. 

Der Post, in dem der Verfasser die Migrationspolitik für den vermeintlichen Vorfall verantwortlich macht, hat bis heute 33.000 Likes auf Instagram und wurde vielfach in den sozialen Medien geteilt. Auch die Freien Sachsen teilten den Beitrag auf ihrem Telegram-Account. Unter dem Post finden sich hunderte rassistische Kommentare. Unter anderem von dem bekannten Dresdner Youtuber Max Herzberg , der sich im Umfeld der rechten Szene bewegt. Er schreibt: „Unfassbar, diesen tragischen Einzelfall überhaupt zu erwähnen“. Viele Kommentator:innen kritisieren aber auch die rassistische Sprache des Posts und weisen auf die Widersprüche der vermeintlichen Einstichstellen an der Jacke hin. So schreibt ein Nutzer: „Stech einmal mit einem Messer in ein gespanntes Tuch, das gibt einen deutlichen Riss. Da ist wohl eher jemand mit der Jacke irgendwo hängen geblieben“.

Es liegt nahe, dass es sich bei den Posts um bewusste Falschmeldungen handelt, um die eh schon feindselige Stimmung gegen Migranten noch weiter anzuheizen. So ist der Verfasser des Beitrages vom 17. Januar 2024 kein Unbekannter, sondern der Bautzner Neonazi Danny Wölfer.  Ebenso posiert sein Bruder, der vermeintliche Geschädigte, in addn.me vorliegenden Instagram-Posts mit einschlägiger Kleidung. Im Jahr 2022 wurde Wölfer vom Amtsgericht Dresden wegen seiner Beteiligung an den Ausschreitungen nach dem Fußballspiel Dynamo Dresden gegen Türgücü München wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt. Er hatte mehrere Gegenstände auf Polizist:innen geworfen. Vor Gericht gab er zwar an, sich von rechtem Gedankengut distanziert zu haben. Addn.me liegen jedoch Fotos vor, die Wölfer nur wenige Tage nach der Gerichtsverhandlung mit einschlägigen Personen aus dem Umfeld der Bautzener Neonazigruppe „Balaclava Graphics“ zeigen. Zuletzt scheint sich Danny Wölfer von „Balaclava-Graphics“ entfernt zu haben und sich bei einer neuen Bautzener Neonazigruppe namens „omnia ad urbem turrium“ zu beteiligen, welche sich in ihrem Gründungspost für Umwelt-, Tier- und Heimatschutz einsetzen möchte und somit gängige rechte Schein-Betätigungsfelder aufgreift.

Wölfer war Boxer beim „MSV Bautzen 04“ für den er 2022 die sächsische Landesmeisterschaft in der Gewichtsklasse bis 92 kg gewann.  Inzwischen musste Danny Wölfer den Verein aufgrund seines Weltbildes verlassen – kündigte jedoch für 2024 diverse weitere Kämpfe an. Weiterhin im Verein aktiv ist sein Vater Frank Wölfer, der nach Berichten der Rechercheplattform „Runter von der Matte“ dem Umfeld der Neonazigruppe „Sturm 24“ angehört haben soll. Auch die Brüder von Danny Wölfer bewegen sich in der rechten Szene der ostsächsischen Stadt und boxen für den MSV Bautzen 04. Regelmäßig nehmen sie an den Montasdemonstrationen des sogenannten „Jugendblocks“ in Bautzen teil und machen in den sozialen Medien Stimmung gegen Geflüchtete. Danny Wölfer trat bereits als Redner für den sogeannnten Jugendblock auf, der durch den Verfassungsschutz Sachsen seit September 2023 der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zugeordnet wird

Beide Vorfälle zeigen, dass sich Neonazis nicht nur mit Kampfsport auf Auseinandersetzungen vorbereiten, sondern diese auch gezielt mit Fake News provozieren wollen. Die Vorfälle, die in den sozialen Medien kursieren, sollen die Stimmung gegen Geflüchtete anheizen und die eigene Klientel auf einen möglichen Tag X vorbereiten . Leidtragende sind die Migrant:innen in der Region, die wohl vermehrt mit rassistischen Anfeindungen rechnen müssen. Bereits 2016 kam es zu Hetzjagden und Ausschreitungen von bis zu 80 Neonazis auf Migrant:innen in der Bautzener Innenstadt, im Gefolge eines (stattgefundenen) Übergriffs eines Asylbewerbers auf einen Deutschen. In der gefühlten Stärke, in der sich die Bautzener Neonaziszene derzeit befindet, ist ein ähnliches Szenario nicht auszuschließen.


Veröffentlicht am 9. Februar 2024 um 12:47 Uhr von Redaktion in Nazis

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