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AfD-Antrag zum Verbot der Antifa scheitert im Landtag

23. Mai 2019 - 16:15 Uhr - 2 Ergänzungen

Am Mittwoch fand im Sächsischen Landtag die 92. Plenarsitzung statt. Auf Antrag der AfD-Fraktion wurde als Tagesordnungspunkt 4 der Antrag mit dem Titel „Antifaschistische Aktion (Antifa) verbieten und die staatliche Förderung von Linksextremisten beenden“ verhandelt. Nach der eineinhalbstündigen Debatte wurde dieser jedoch von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Im Vorfeld hatten Unbekannte gegenüber des Sächsischen Landtag ein 32 Meter großes „Antifa 4 ever“ Graffiti angebracht, welches vom Sitzungssaal aus gut sichtbar war. Schon 2012 hatte der damalige Sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) Antifaschismus nicht als richtige Antwort auf „Rechtsextremismus“ bezeichnet. Angesichts der inzwischen kaum noch zu übersehenden parlamentarisch begleiteten Radikalisierung der bürgerlichen Mitte hat sich jedoch auch gezeigt, dass die von ihm gewünschte „Auseinandersetzung aus der Mitte der Gesellschaft“ seit geraumer Zeit gescheitert ist.

In dem am 04.07.2018 von AfD-Landeschef Jörg Urban eingereichten Antrag, wurde die Landesregierung u. a. aufgefordert, „sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die „Antifaschistische Aktion“ einschließlich aller Untergruppen und deren Kennzeichen bundesweit verboten werden“. Darüber hinaus sollen Antifaschistische Gruppen „von jeglicher staatlichen Förderung des Freistaates Sachsen, egal ob direkt durch Geldmittel oder indirekt durch die Überlassung von Sachmitteln oder(Frei-)Räumen, ausgeschlossen werden“. Der Antrag ist mit wahllosen Absätzen des Verfassungsschutzberichtes 2017 unterlegt, welche die Gewaltbereitschaft der Antifa belegen sollen. Dabei werden Autonome, Anarchisten, Linksextremisten und Antifa ohne jegliche Differenzierung oder Kontextualisierung durcheinandergewürfelt. Immer wieder wurde dazu mit den Ausschreitungen anlässlich des G20-Gipfeltreffens in Hamburg, sowie Anschlägen im Vorfeld, die laut AfD-Fraktion in Gänze durch die „Antifaschistische Aktion“ durchgeführt wurden sein sollen, argumentiert.

Für Sachsen nennt die AfD-Fraktion in ihrem Antrag über die im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) erwähnten Antifa Gruppierungen „URA“ , „Antifa-Klein-Paris“ und „Antifarecherche Team Dresden“ sowie die „Antifaschistische Aktion Görlitz“ hinaus, noch eigene recherchierte Gruppen. Benannte Gruppen sind die „Antifaschistische Initiative Löbtau“, als auch Facebookseiten wie „Antifamobilisierung“ oder „Antifa GmbH“. Festgemacht werden antifaschistisch eingestellte Menschen aber eher am Auftreten, als an politischer Organisation. So stellt die AfD in ihrem Antrag fest, dass sich Personen, die sich selbst zu dieser Gruppe zählen, „auf Demonstrationen oft schwarze Kleidung mit Kapuze und Sonnenbrillen [tragen], um sich zur Unkenntlichkeit zu vermummen“ oder aber Sprüche wie „One solution Revolution“ oder „No nation, no border – fight law and order!“ rufen. Passend dazu meinte dann auch die Grafikdesignerin und AfD-Parlamentarierin Karin Wilke in einer Kurzintervention in der Debatte zu wissen, dass ein Baseballschläger ein „typisches Antifa Werkzeug“ sei.

Nachdem der Antrag von Carsten Hütter eingebracht wurde, äußerte sich als zweiter Redner der CDU-Abgeordnete Rico Anton zur Sache. Wie für die sächsische Union nicht verwunderlich, betonte er vor allem, dass der Freistaat Extremismus in aller Form bekämpfen müsse. Dies sei auch im jüngst veröffentlichten Verfassungsschutzbericht ersichtlich, in dem allein 60 Seiten dem Linksextremismus gewidmet seien. Rechtlich wandte sich der Abgeordnete gegen den Antrag, da die Antifa kein eingetragener Verein sei und damit auch nicht auf Grund des Vereinsrechtes verboten werden könne. „Wenn dieser Weg vielversprechend wäre, wären wir ihn längst gegangen“, endete Anton seine Rede und machte damit einmal mehr deutlich, was linken Gruppierungen bevorstehen wird, sollte es nach den Landtagswahlen am 1. September zu einer schwarz-blauen Koalition kommen.

Extremismusexperte Rico Anton sorgte bereits 2017 für Schlagzeilen, als er an einer Diskussionsrunde des Vereins „Heimattreue Niederdorf e.V.“ teilnahm. Der Verein ist zu Teilen Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes und war an den Demonstrationen Ende August 2018 in Chemnitz aktiv beteiligt. Der Vorsitzende des Vereins, Thomas Witte, wird von der Behörde als „rechtsextrem“ eingestuft und tritt bei den anstehenden Gemeinderatswahlen auf der Liste der Niederdorfer Bürger an.

Als nächstes sprach die antifaschistische Sprecherin der Linken, Kerstin Köditz. Die 52-Jährige stellte in ihrer Rede sowohl das Rechtsverständnis der AfD, als auch ihre historischen Kenntnisse über die Entstehung der 1932 als Sammelbewegung von Mitgliedern der KPD, SPD, Gewerkschaften und Parteilosen gegründeten „Antifaschistischen Aktion“ in Frage. Ein Großteil ihrer Mitglieder verschwand nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Konzentrations- bzw. Vernichtungslagern und wurde ermordet. Abschließend bekannte sich Köditz zum Antifaschismus als „Kampf für humanitären, zivilisatorischen, sozialen und politischen Fortschritt“. Bereits im Vorfeld hatte eine Reihe von Abgeordneten der Linksfraktion mit mehreren Antifafahnen vor dem Parlamentsgebäude posiert, um so ihre Solidarität mit der Bewegung auszudrücken.

Der SPD-Abgeordnete Henning Homann führte in seinem Beitrag aus, dass der Antrag der AfD-Fraktion nur dafür da sei, zu imaginieren, dass alle Parteien mit der Antifaschistischen Aktion gegen die AfD arbeiten würden und damit als verschwörungstheoretisch abzustempeln wäre. Die Debatte würde damit nur ein weiteres Mal zur eigenen Opferstilisierung dienen, warf Homann der AfD-Fraktion vor. „Unser Grundgesetz“, so der SPD-Landtagsabgeordnete zum Abschluss seiner Rede ,“ist in seinem tiefsten Kern antifaschistisch.“

Das letzte Wort in der Debatte hatte der Grünen-Politiker Valentin Lippmann. Er warf der AfD-Fraktion vor, ein Phantom zu jagen: „Es gibt nicht die eine Organisation Antifa. In jeder Schülerarbeit wird besser recherchiert als bei Ihrem Antrag“. Darüber hinaus stellte er die im Antrag erwähnten Quellen des Verfassungsschutzes als unseriös in frage und griff die Doppelmoral der AfD an: „Den Verfassungsschutz in Sachsen, der bereits hinter dem Eintreten für ‚Freiheit‘ und ‚Gerechtigkeit‘ den grassierenden Linksextremismus vermutet, halten wir somit für den absurdesten Kronzeugen für Ihr Unterfangen. Spannend ist aber, dass es sich hier um jenen Verfassungsschutz handelt, den Sie spätestens dann infrage stellen, wenn er Sie als Prüffall einstuft. Aber mit Stringenz hatten Sie es noch nie.“

Letztendlich wurde der Antrag bei einer namentlichen Abstimmung von allen Parteien mit Ausnahme der AfD-Fraktion abgelehnt. Auch wenn die Debatte wenig überraschendes bot, hat die AfD es doch erneut geschafft, das Thema in einer breiteren Öffentlichkeit zu bringen. Die Aktivitäten der Landesregierung in den letzten Jahren gegen zivilgesellschaftlich-antifaschistisches Engagement oder die im Sande verlaufenen Ermittlungen nach §129 gegen zeitweise bis zu 50 Beschuldigte im Zuge der erfolgreichen Proteste gegen die alljährlichen  Naziaufmarsch um den 13. Februar in Dresden sowie die bundesweit geführten Diskussionen zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit antifaschistischer Vereine wie dem VVN-BdA oder der Roten Hilfe, lassen eine Entwicklung erkennen, die politische Arbeit für antifaschistisch eingestellte Menschen auch in Zukunft nicht einfacher machen wird.

Titelbild: Jule Nagel


Veröffentlicht am 23. Mai 2019 um 16:15 Uhr von Redaktion in Nazis

Ergänzungen

  • Als Christ bin ich schockiert, dass ernsthaft ein Antrag zum Verbot der Antifa eingereicht wurde. Es wird ernst! In welcher Zeit lebe ich?! Wo ist die Meinungsfreiheit?! Wenn die Antifa irgendwann mal wirklich verboten wird, raste ich aus. Die Werte der Antifa sind im Kern christlich, ein Verbot der Antifa wäre eine Form der Christenverfolgung. ALERTA ANTIFASCISTA!!!

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