Morddrohungen gegen Bürger.Courage überschatten Kunstaktion
12. August 2010 - 18:09 Uhr
Am Freitag, dem 13. August, wird der Dresdner Verein Bürger.Courage die Kunstinstallation „18 Stiche“ beenden. Seit dem 1. Juli wurden 18 große Betonmesser in der Stadt verteilt. Die von dem Künstler Johannes Köhler entworfenen Skulpturen sollten auf die am 1. Juli 2009 ermordete Marwa El-Sherbini aufmerksam machen und darüber hinaus einen Diskurs über Alltagsrassismus anstoßen. Sherbini wurde von dem bekennenden NPD-Sympathisanten Alex Wiens während eines Berufungsprozesses am Dresdner Landgericht mit 18 Messerstichen ermordet.
Schon bevor die ersten Betonmesser aufgestellt wurden, stellte sich die Stadt quer. Vor der Dresdner Staatskanzlei durfte das 600kg schwere weiße Betonmesser gar nicht aufgestellt werden. Begründet wurde dies mit dem „Neutralitätsgebot“ staatlicher Institutionen. Hatte Helma Orosz (CDU-Oberbürgermeisterin) noch auf der Gedenkkundgebung zum ersten Todestag mehr Initiative gegen Rassismus gefordert, verblassten die Worte nur wenig später mit solchen Verfügungen wieder. Auch die bereitgestellten Mittel aus einem Lokalen Handlungsplan bekamen bisher nicht jene zivilgesellschaftlichen Organisationen, die täglich Opfer rechter Gewalt betreuen oder präventiv Aufklärung und Bildungsarbeit leisten. Einen Teil der fünfstellige Summe kam dem Christlichen Verein junger Menschen (CVJM) in Laubegast zugute, der sich der akzeptierenden Jugendarbeit verschrieben hat. So diente das Projekt in den Wintermonaten als Treffpunkt für rechte Jugendliche in Laubegast.
Den Diskurs, den Bürger.Courage mit der künstlerischen Umsetzung von Rassismus in Gang setzen wollte, wurde durch ganz andere „Tritte“ verstärkt. Scheinbar störten sich einige Menschen an der Aktion, an der auch immer Schilder angebracht waren, die auf den Kontext hinwiesen. Schon kurz nach dem Aufstellen wurden die ersten Stelen wieder umgeworfen. Das mediale Echo auf die Botschaft, die so eine umgeworfene Stele hinterlässt, rückte die Aktion in den Fokus der Dresdner Medienlandschaft und des öffentlichen Interesses. Hierbei war die physische Gewalt gegen die Aktion scheinbar noch die harmloseste Form. Neben E-Mails mit wüsten Beleidigungen, wurden auch offene Morddrohungen ausgesprochen.
Insgesamt zeigte sich Bürger.Courage über den Verlauf und die Resonanz der Kunstaktion sehr zufrieden. Es konnte erreicht werden, dass das Thema Alltagsrassismus zumindest für einige Tage zum Stadtgespräch wurde, so die Pressesprecherin des Vereins.
Veröffentlicht am 12. August 2010 um 18:09 Uhr von Redaktion in Kultur