Kundgebungen gegen Putins Krieg in der Ukraine
25. Februar 2022 - 09:32 Uhr - Eine Ergänzung
Am Albertplatz versammelten sich gegen 18 Uhr etwa 200 Personen, um gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu protestieren. Aufgerufen hatte das Anarchistische Netzwerk Dresden, nachdem sich am frühen Donnerstagmorgen die Ereignisse in der Ukraine überschlagen hatten und Russland die Invasion startete. Bereits am Vortag hatte sich eine Gruppe Anarchist:innen am Dresdner Elbufer solidarisch mit der ukrainischen Bevölkerung gezeigt und gegen einen drohenden russischen Angriff protestiert. Im Vorfeld hatten anarchistische Gruppe aus der Ukraine zu Protesten aufgerufen.
In verschiedenen Redebeiträgen in deutscher, englischer und russischer Sprache wurde gegen Kriegstreiberei Position bezogen. Der Angriff unterstreiche das autoritär-nationalistische Gebaren des russischen Machthabers Wladimir Putins, das an der Lage der Menschen nicht interessiert ist, sondern allein am Machterhalt und -ausbau. Den Preis dafür zahle allein die Bevölkerung und nicht Putins Machtclique und ihre milliardenschweren Unterstützer:innen, so die Kritik vor Ort. Ein anderer Beitrag thematisierte die Auswirkungen auf progressive und emanzipatorische Projekte in der Ukraine, die im Zuge der Maidan-Proteste 2013/2014 entstehen konnten. Sie seien akut gefährdet und wären in einer durch Russland unterworfenen Ukraine nicht mehr denkbar. Zudem brauche es akute praktische Unterstützung, zumal viele Menschen nicht über die Mittel verfügen, um aus der Ukraine zu fliehen. Auf der Kundgebung wurden Spenden gesammelt.
Im Anschluss an die Redebeiträge bildete sich ein Demonstrationszug. Mit Sprechchören wie „Für die Freiheit, für das Leben – Putin aus dem Kreml fegen“ oder „Gegen jeden Imperialismus, nieder mit Putin und für den Anarchismus/Kommunismus“ lief der Zug über die Augustusbrücke auf den Neumarkt. Dort fand bereits eine Mahnwache statt, zu der verschiedene Zusammenhänge aus Parteien und Zivilgesellschaft aufgerufen hatten. In der Summe waren mehr als 1.000 Leute vor Ort. Es gab viele Wortmeldungen u.a. von Expats aus der Ukraine, Belarus aber auch aus Russland. Gefordert wurden schärfere Sanktionen gegen Russland und mehr Unterstützung für die Bevölkerung der Ukraine. Die nächste Mahnwache ist bereits für Sonntagnachmittag angekündigt.
Bundesweit gab es zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Krieg, an denen sich Kriegsgegner:innen aus unterschiedlichen politischen Spektren beteiligten. Bemerkenswert ist aber auch die große Zahl und Beteiligung an Anti-Kriegsdemonstrationen in Russland selbst. In zahlreichen Städten beteiligten sich dort hunderte Personen an Protesten und trotzten den angekündigten Repressalien der russischen Regierung. Später gab es viele Verhaftungen. Möglicherweise wäre der Krieg ein Anlass, um eine weltweite, antimilitaristische Graswurzel- und Basisbewegung aufzubauen.
Seit Beginn der neuerlichen Eskalation von Seiten Russlands verlassen viele Menschen, die dazu in der Lage sind, die Ukraine. An der Grenze zur Slowakei bildeten sich bereits erste Einreisestaus. In den kommenden Tagen ist auch in Sachsen mit der Ankunft zahlreicher Menschen zu rechnen. Mission Lifeline plant derzeit einen Konvoi an die slowakische Grenze, um die Menschen bei der Flucht vor dem Krieg zu unterstützen und sammelt dazu Spenden. In ersten Statements der Landesregierung hieß es zwar, man sei solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Unklar blieb jedoch, ob das auch gilt, wenn diese Menschen hier vor Ort eintreffen.
Sächsische Ministerpräsidenten und die hiesige CDU suchten in der Vergangenheit gezielt die Nähe zu Putin und Russland. 2009 verlieh der damalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich Putin im Rahmen des Semperopernballs einen Dankesorden. Der amtierende Ministerpräsident Kretschmer forderte noch 2019 im Wahlkampf ein Ende von Sanktionen. Im April 2021 lud er Putin während eines Telefongesprächs, für das er eigens nach Moskau gereist war, zu einem Besuch in Sachsen ein. Gegenüber der Sächsischen Zeitung war in einem jüngsten Statement keine Selbstkritik zu erkennen. Stattdessen will Sachsens Regierungschef offenbar die Kriegssituation nutzen, um an anderer Stelle das Rad zurückzudrehen: Er ließ verlautbaren, man müsse nun die Ausstiegsbeschlüsse zu Kohle oder Atomkraft neu diskutieren.
Veröffentlicht am 25. Februar 2022 um 09:32 Uhr von Redaktion in International