Kommission soll Grundrechtsverstöße aufarbeiten
10. Oktober 2011 - 23:53 Uhr - Eine Ergänzung
Eine Sonderkommission der Bürgerrechtsorganisiation „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ hat sich am Montag konstituert. Ziel der „Untersuchungskommission 19. Februar“ soll es sein, die „vielfältigen staatlichen Verstöße gegen Grundrechte“ während und nach der Proteste gegen den Naziaufmarsch am 19. Februar aufzuarbeiten. Die Arbeit der Kommission könne zur Versachlichung der Diskussion beitragen, so die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Friedel.
Zur Erinnerung: Am 19. Februar blockierten mehr als 15.000 Menschen in der Dresdner Südvorstadt dutzende Verkehrsknotenpunkte, sodass mehrere geplante Nazidemonstrationen nicht durchgeführt werden konnten. In einer Straße in der Südvorstadt kam es zu brennenden Barrikaden und Steinwürfen auf PolizistInnen. Die Polizei ging gegen alle Formen des aktiven Protestes äußert hart vor und verletzte mindestens 200 Personen durch Schlagstöcke, Prefferspray, aber auch durch Bisse von Hunden. Der Großteil der Nazis sammelte sich nicht in Dresden, sondern im südlich gelegenen Freital. In mehreren Großgruppen liefen die Nazis nach Dresden. Eine Gruppe griff, trotz mehrerer tausend PolizistInnen in der Stadt, ein alternatives Wohnprojekt im Stadtteil Löbtau an.
Bereits am Abend des 19. Februar stürmte ein Spezialeinsatzkommando das Pressebüro des Bündnis „Dresden Nazifrei“. Die Personen in dem Büro wurden in Gewahrsam genommen. Mittlerweile wurde die Razzia als rechtswidrig eingestuft und Schadensersatz geleistet. Im Juni fand die taz heraus, dass die Staatsanwaltschaft Dresden und das LKA Sachsen eine Funkzellenabfrage (FZA) durchgeführt hat. Diese darf eigentlich nur bei erheblichen Straftaten eingesetzt werden. Genutzt wurden die daraus gewonnen Daten allerdings u.a. in Ermittlungsverfahren gegen BlockiererInnen des Naziaufmarsches. Außerdem ermittelt das sächsische LKA gegen mittlweile über 20 Personen wegen dem „Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung“, die in Sachsen Jagd auf Nazis gemacht haben soll. Deshalb wurden im April zahlreiche Wohnungen durchsucht. Zur Begründung führte die Polizei beispielsweise Telefonate an, in denen sich Personen über zeitgleich stattfindende Naziversammlungen unterhielten.
Sachsen hat es in den vergangenen Jahren geschafft, zivilgesellschaftliches Engagement enorm zu verunsichern und dem vielfach geforderten „Aufstand der Anständigen“ einen herben Dämpfer verpasst. Ob die Landesregierung und die ermittelnden Behörden nach der Vorlage des Berichts der Kommission einlenken werden, ist ungewiss. In der Vergangenheit zeigte sich gerade die schwarz-gelbe Landesregierung beratungsresistent.
Veröffentlicht am 10. Oktober 2011 um 23:53 Uhr von Redaktion in Freiräume