Hausbesetzung anlässlich der Bunten Republik Neustadt
16. Juni 2019 - 01:08 Uhr
Anlässlich des Stadtteilfestes „Bunte Republik Neustadt“ (BRN) hat eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten in der Nacht auf 15. Juni 2019 ein seit geraumer Zeit leerstehendes Gebäude in der Königsbrücker Straße 14 besetzt. Nach Vorstellung der Besetzerinnen und Besetzer soll mit der Aktion der ursprünglich politische Geist der BRN wiederbelebt werden. Außerdem sei die Besetzung unter den gegebenen Umständen als legitimes Mittel anzusehen, um auf Missstände wie immer weiter steigende Mietbelastungen, Wohnungsknappheit und die fortschreitende Verdrängung von Freiräumen aufmerksam zu machen. Das alljährlich von mehreren zehntausend Menschen besuchte Stadtteilfest im Herzen der Äußeren Neustadt entstand im Sommer 1990 und verstand sich in seinen Anfängen als freies Territorium mit unabhängigen Strukturen und einer eigenen lokalen Währung.
Die Besetzerinnen und Besetzer riefen die politisch Verantwortlichen in der Sächsischen Landeshauptstadt dazu auf, nicht nur Maßnahmen zur Reduzierung der Mietpreise, sondern mit einem Kurswechsel in Richtung einer gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik auch bezahlbaren kommunalen Wohnraum zu schaffen. Gleichzeitig forderten sie von der Stadt die Etablierung selbstverwalteter Räume zu unterstützen: „Der Anteil gewinnorientierter Vermieter erhöht sich stetig und Mietsteigerungen werden ohne Rücksicht auf die Mietenden durchgesetzt.“, so eine Aktivistin. „Wohnraum in der Stadt darf kein Geschäftsmodell sein, sondern ist ein Grundbedürfnis, das unabhängig von finanziellen und persönlichen Lebensumständen erfüllbar sein muss!“ Angesichts der für große Teile der Bevölkerung immer prekärer werdenden Wohnraumsituation kündigte die Gruppe einen „heißen Sommer“ an: Mit einer „neuen Welle“ von Hausbesetzungen soll ähnlich wie im vergangenen Jahr in Berlin ein „entscheidender Beitrag zur öffentlichen Diskussion und Veränderung von Wohnungspolitik“ beigetragen werden.
Obwohl nach wie vor etliche Gebäude leerstehen, sinkt im Stadtgebiet auf Grund einer stetig wachsenden Bevölkerungszahl das Wohnraumangebot immer weiter. Bereits seit 2017 wird laut dem Dresdner Stadtplanungsamt von einem „angespannten“ Wohnungsmarkt gesprochen. Angesichts dieser kaum noch zu übersehenden Entwicklung haben Vermieterinnen und Vermieter nach Auffassung der Gruppe derzeit eine „Vormachtposition in Bezug auf Wohnungsvergabe und Mietpreisentwicklung“. Während auf der einen Seite die Gewinne für private Investoren steigen, sind die Folgen für einkommensschwache Bewohnerinnen und Bewohner drastisch: höhere Mietbelastungen, Einschränkungen in der Wahl des Wohnstandortes und steigende Obdachlosigkeit. Neu entstehender Wohnraum richtet sich derzeit vor allem an einkommensstarke Menschen, was bereits jetzt zu negativen Auswirkungen auf das soziale Gefüge innerhalb der Stadt geführt hat. Zudem droht mit den Veränderungen nach Einschätzung der Besetzerinnen und Besetzer auch ein Verlust kultureller Vielfalt.
Veröffentlicht am 16. Juni 2019 um 01:08 Uhr von Redaktion in Freiräume