Gerichtsprozess gegen Hausbesetzer in Dresden gestartet
18. Mai 2020 - 22:31 Uhr - Eine Ergänzung
Rund 40 Aktivist:innen versammelten sich am frühen Montagnachmittag vor dem Amtsgericht Dresden. Anlass war der Beginn des Prozesses gegen Besetzer:innen eines Hauses auf der Königsbrücker Straße im Januar diesen Jahres, welches nach vier Tagen durch die Polizei geräumt worden war. Bisher wurden mehrere Strafbefehle an die Aktivist:innen verschickt, gegen die jedoch allesamt Widerspruch eingelegt wurde. Gegen zwei der Besetzer:innen wird nun vor dem Amtsgericht wegen Hausfriedensbruch und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung verhandelt. Nach zwei Stunden vertagte das Gericht den Prozess auf dem 27.05.2020. Bereits im Vorfeld hatte es mehrere Solidaritätsbekundungen gegeben.
Die Aktivist:innen waren einem Aufruf der Gruppe „Wir besetzen Dresden“ gefolgt und hatten sich vor dem Amtsgericht versammelt, um ihre Solidarität mit dem vor dem Gericht stehenden Besetzer:innen zum Ausdruck zu bringen. Von einer mobilen Anlage wurde neben Musik auch Redebeiträge verlesen, die sich unter anderen mit Repression gegen Hausbesetzer:innen in der Geschichte oder der Spekulation mit Immobilien auseinandersetzten. Auf mehreren Transparenten wurde sich gegen teure Mieten und die Illegalisierung von Hausbesetzungen ausgesprochen. Während im Amtsgericht der Prozess lief, machten die Demonstrant:innen immer wieder mit Sprechchören auf sich aufmerksam.
Gegenüber addn.me erklärte ein Anwesender den Grund seines Protestes: „Ich bin heute hier, weil ich nicht verstehen kann, warum Besetzen hier immer noch so Illegalisiert wird“. In anderen Städten, so der Demonstrant, sei es auch möglich, Leerstand wieder nutzbar zu machen und verwies dabei auf ein Projekt in Tübingen, welches in Gesprächen mit der Stadtverwaltung aus einer Besetzung heraus entstanden sei.
Während es sich die Demonstrierenden vor dem Gebäude gemütlich gemacht hatten, begann pünktlich 14 Uhr im Amtsgericht der Prozess gegen die zwei Angeklagten. Dabei räumten die beiden Angeklagten ein, Teil der Besetzung gewesen zu sein und begründeten dies in einer längeren Erklärung mit einer politischen Motivation. Gründe für ihre Beteiligung an der Besetzung seien vor allem steigende Mieten und die Verdrängung benachteiligter Menschen aus ihren Stadtteilen gewesen.
Nach rund zwei Stunden Verhandlung wurde die Verhandlung vertagt. Der prozessbevollmächtigte Richter Fiedler signalisierte allerdings, dass er an einer Einstellung nicht uninteressiert wäre. „Privat fand ich die Idee mit den Tierkostümen lustig, das Nutzungskonzept war durchdacht“, zitiert Tag24 den Richter. Die Staatsanwaltschaft stimmte einer Einstellung hingegen nicht zu, so dass der Prozess am 27.05. seine Fortsetzung finden wird.
Zum Bumerang für die Staatsanwaltschaft könnte ein möglicher Verfahrensfehler werden. So wurde der Strafantrag im Namen der Argenta Internationale Anlage GmbH gestellt, die Eigentümer des Geländes ist. Der Anwalt der Angeklagten wendete dagegen ein, dass das Hausrecht bei Dental-Kosmetik GmbH & Co. KG liege, deren Geschäftsführerin einen Strafantrag jedoch abgelehnt hatte.
Gegenüber addn.me zeigten sich die Besetzer:innen unzufrieden über den Verlauf des Prozesses. „Dass gegen die Einstellung des Prozesses gestimmt wurde, zeigt uns deutlich, das hier ein politisches Interesse seitens der Staatsanwaltschaft im Vordergrund steht“. Ungeachtet dessen kündigten sie an, auch weiterhin aktiv zu bleiben und auch beim nächsten Prozess mit Unterstützer:innen vor dem Amtsgericht auf ihre Anliegen aufmerksam machen zu wollen. Darüber hinaus riefen sie dazu auf, für die anstehenden Kosten des Prozesses Geld zu Spenden.
Nach Angaben der Polizei Sachsen wurde bereits in der Nacht zum Sonntag auf dem Radweg unterhalb des Sächsischen Landtag an einer Sandsteinmauer ein rund 20 Meter langer Spruch angebracht. Auf der Mauer ist „Putzi – Dresden Besetzen“ zu lesen, weswegen die Polizei davon ausgeht, dass sich der Spruch auf die Hausbesetzer:innenszene bezieht und Ermittlungen aufgenommen hat.
Veröffentlicht am 18. Mai 2020 um 22:31 Uhr von Redaktion in Freiräume