Ein langes Veranstaltungswochenende in Dresden
17. September 2021 - 10:46 Uhr
Wie in jedem Jahr füllt sich der aktivistische Veranstaltungskalender gerade im September besonders schnell. Mit dem Wochenende vom 17. bis 19. September ist das Sommerloch in jedem Fall vorbei.
Schon seit Dienstag dem 14. September laufen die Libertären Tage des Anarchistischen Netzwerks Dresden, die in diesem Jahr auf eine elfjährige Geschichte in der Stadt zurückblicken können. Das Programm enthält zahlreiche Veranstaltungen zu Praxis, Theorie und Geschichte des Anarchismus, sowohl zum reinschnuppern, als auch zum weitschweifigen philosophieren.
Anknüpfend an den besetzungsfreudigen Sommer 2021 gibt es mehrere Veranstaltungen zu Besetzungs- und Enteignungsfragen. Die passenden Skills um nicht nur Häuser, sondern auch Bäume in den Kampf einzubeziehen, erwerben Teilnehmende dagegen bei einem Kletterworkshop am Sonntag. Wer dagegen lieber anonym gegen „die Gesamtscheiße“ vorgehen will, dem wird auch mit einem Adbusting-Workshop am Sonntag etwas geboten. Einen ganzen Tag nehmen Debatten um Ausgrenzung und patriarchale Strukturen in der Gesellschaft aber auch in anarchistischen Zusammenhängen ein. So gibt es am Freitag einen Vortrag zu Inklusion und Aktivismus und einen Workshop zur Planung von diskriminierungssensiblen Veranstaltungen. Außerdem stellt sich die Gruppe kollum (kollektive Umgänge mit sexistischer Gewalt und sexualisiertem Machtmissbrauch) vor, die Hilfe und Begleitung bei Prozessen kollektiver Verantwortung anbietet.
Laut, wütend und bunt wird es am Samstag in Dresden, denn „a pride will happen„. Die Queer Pride Dresden lädt ab 13 Uhr zur wütenden Tanzdemonstration durch die Dresdner Innenstadt. Mit dabei sind zahlreiche Wägen mit DJs, Redebeiträgen und auch einem rollenden Demonstrationsblock für Fahrräder, Rollstühle, Motorräder oder Skateboards. Die Queer Pride Dresden organisiert seit Ende 2020 zahlreiche Veranstaltungen zu queeren Themen. „Uns geht es um mehr als nur die Organisation einer Demonstration“ so die Aktivistin* Jascha, „wir betreiben queeres Community-Building.“ Höhepunkt des Tages wird die Abschlusskundgebung der Queer Pride mit vielen Konzerten auf dem Volksfestgelände sein. Von 17 bis 0 Uhr gibt es dort zahlreiche Künstler:innen zu sehen. „Der traurige Anlass des homofeindlichen Mordes letztes Jahr in Dresden hat gezeigt, dass es Hass auf Menschen außerhalb der cis-heterosexuellen Gesellschafts-Ordnung gibt. Dieser Hass ist alt, kommt manchen vielleicht unmodern vor, aber er nimmt auch zu. Er wird getrieben durch rechtes, islamistisches und anderes menschenfeindliches Gedankengut. Dieses Gedankengut wollen wir bekämpfen!“ sagte die Aktivistin* Ira über ihre Motivation, die Queer Pride Dresden auf die Beine zu stellen. „Wir beziehen Stellung, gegen Faschismus, Rassismus, den autoritären Staat, Patriarchat und Kapital, und den zahlreichen, daraus entstehenden Unterdrückungsformen.“
Gewohnt kryptisch geht es wiederum bei den Datenspuren 2021 zu. Unter dem Motto „Log Down Light“ lädt der Chaos Computer Club zu seinem jährlichen Dresdner Event in das Zentralwerk ein. „Die Pandemie des Coronavirus brachte auch eine Pandemie von Datensammlungen mit sich. Im ganzen Land war und ist ein exponentielles Wachstum von Kontaktdaten-Zetteln, Datenspende-Apps und Impfpässen zu beobachten. Wo bleibt hier der Ruf nach „flatten the curve“?“, heißt es in der Ankündigung. Große Aufgaben, die die Hacker:innen angehen möchten und dementsprechend bleibt hier kein Interesse unbeachtet: von der Aufgabe mit einem Hammer ein Datenbackup zu erstellen, in der „echten“ Welt Schlösser zu knacken, über die klimafreundliche Gestaltung der Digitalisierung bis hin zur Debatte um den Einsatz künstlicher Intelligenz. Es wird einiges geboten.
Desweiteren findet am Samstag ein Critical Walk in Hoyerswerda statt. Mit dem Gedenkspaziergang soll an das Progrom von Hoyerswerda im Jahr 1991 erinnert werden. Vor 30 Jahren hatten Neonazis und Bürger:innen über mehrere Tage zwei Vertragsarbeiter:innenheime mit Steinen und Molotowcocktails angegriffen. Die Bewohner:innen wurden schließlich evakuiert und teilweise direkt in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Das ganze Wochenende über finden in der Stadt Erinnerungsveranstaltungen statt.
Abgerundet wird das Wochenende von einer Sternfahrt des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs Dresden. Die Fahrt sei gedacht, um den politisch Verantwortlichen in der Stadt Beine zu machen in Sachen Verkehrswende, heißt es in der Ankündigung. Vier verschieden Züge sollen sich dafür um 15:45 Uhr an der Lingnerallee treffen, um dann eine gemeinsame Fahrt durch Neu- und Altstadt zu machen, welche 16:45 Uhr am Goldenen Reiter enden soll.
Veröffentlicht am 17. September 2021 um 10:46 Uhr von Redaktion in Freiräume