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Bizarrer Fahnenstreit in Dresden

29. September 2011 - 08:05 Uhr - 7 Ergänzungen

Am Montagabend spielte der lokale Zweitligist SG Dynamo Dresden zuhause gegen den letztjährigen Bundesligsten und selbst ernannten „Randalemeister“ Eintracht Frankfurt. Im Vorfeld war einiges über das Spiel berichtet worden und zahlreiche vor allem lokale Zeitungen hatten sich dem medial dankbaren Thema drohender Zuschauerausschreitungen gewidmet. Während des Spiel kam es dann, wie es kommen musste.

Nachdem die Ultras des Heimvereins zu Beginn des Spiels mit einer schon im Vorfeld bekannt gewordenen neuen 70×35 Meter großen Blockfahne die eigenen Fans auf das Spiel eingestimmt hatten, konterten einige der Gäste aus Frankfurt mit einem eigenen Entwurf der Dresdner Fahne. Darauf war die Silhouette der Stadt zu sehen, über welche der Spruch „Bomben auf Dynamo“ zu lesen war. Auch während das Spiels wurden dem Anlass entsprechend immer wieder verbale Nettigkeiten zwischen den beiden Lagern ausgetauscht, die in der zweiten Halbzeit ihren vorläufigen Höhepunkt fanden. Nachdem einige Anhänger des Dresdner Vereins die Gästefans mit „Dönerverkäufer“-Rufen, Hitlergrüßen und Halbmond-Fahnen provoziert hatten, konterten diese mit lautstarken „Nazischweine“ Rufen in Richtung der vermeintlichen Täter.

Das wiederum nahm der Dresdner Stadionsprecher zum Anlass, über Lautsprecher die Beendigung „rassistischer Fangesänge“ einzufordern. Als Reaktion auf die Rufe der Frankfurter Fans hatten zuvor Teile der Dresdner Anhänger aus dem Fanblock mit lautstarken „Eintracht Frankfurt, Jude, Jude, Jude“ Sprechchören reagiert, die jedoch zu keinem Zeitpunkt von der Mehrheit des Dresdner Blocks mitgerufen wurden.

Fahne der Frankfurter Fans mit der Aufschrift: "Bomben auf Dynamo"
Fahne der Frankfurter Fans mit der Aufschrift: "Bomben auf Dynamo"

Heute nun setzte die mediale Empörung ein. So äußerte sich Dresdens Sportbürgermeister Winfried Lehmann (55) gegenüber der BILD-Zeitung mit den Worten: „Das ist unfassbar und kopflos. Eine Verunglimpfung all derer, die die Wirren des Krieges erlebt haben.“ Was war passiert? Die Fahne der Frankfurter soll, so die Boulevardzeitung weiter, eine Anspielung auf die Zerstörung der Stadt im Februar 1945 gewesen sein. Ein Meldung, die auch die Kollegen von der Sächsischen Zeitung dazu animierte, ebenfalls die Meinungen zu der eigenwilligen Interpretation des so genannten „Hetzplakates“ abzudrucken. Inzwischen ermittelt sogar der DFB-Kontrollausschuss wegen der Fahne gegen die Frankfurter Eintracht.

Es steht außer Frage, dass es nicht nur in Dresden selbst, sondern auch bei Dynamo Probleme mit Nazis gibt. Dass aber eine unter Fußballfans übliche Form der optischen Auseinandersetzung mit dem gegnerischen Verein zum Anlass genommen wird, eine „sportpolitische Verfolgung des Vorfalls“ einzufordern, zeigt einmal mehr, dass es politisch Verantwortlichen oftmals überhaupt nicht darum geht, sich mit der Thematik und den Hintergründen näher zu beschäftigen, sondern in Law & Order Manier drakonische Strafen auszusprechen. Denn es sollte in der Debatte über Fankultur eben nicht darum gehen, provokante Fahnen zu verbieten, sondern wie im Fall von Dynamo, konsequent gegen Antisemitismus auch am Rande von Fußballspielen vorzugehen. Ob es dazu hilfreich ist, kreative Aktionen wie von CDU-Parteifunktionär Lehmann im Anschluss an das Spiel gefordert, „mit aller Härte des Gesetzes“ zu bestrafen, bleibt zumindest fraglich.

Das Spiel der beiden Mannschaften endete übrigens mit einer verdienten 1:4 Niederlage des gastgebenden Vereins. Während die Eintracht damit sportlich einmal mehr ihre Aufstiegsambitionen unterstrich, bedeutete für Dynamo die sechste Niederlage im neunten Spiel, dass der Abstiegskampf auch in Sachsens Landeshauptstadt angekommen sein sollte. Im Anschluss an das Spiel waren nach Polizeiangaben bei Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und der Polizei insgesamt drei Beamte verletzt und neun Personen verhaftet worden.

Rufe der Frankfurter Fans:

Reaktion des Dresdner Anhangs:


Veröffentlicht am 29. September 2011 um 08:05 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur

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