Besetzung Basteiplatz – Wen trifft es?
27. August 2019 - 16:15 Uhr
In Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen zur Unteilbar-Demonstration am 24.08.2019 wurde in verschiedenen Zusammenhängen auf bestehende Probleme am Dresdner Immobilienmarkt und den wachsenden Leerstand bei gleichzeitig steigenden Mieten hingewiesen. Bereits zu Beginn der Demonstration entrollte eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten an einem entmieteten Hochhaus am Pirnaischen Platz mehrere Banner mit dem Motto: „Bewohnen, Beleben, Besetzen, Erstreiten!“. Im weiteren Verlauf wurde am Johannstädter Elbufer in Demonstrationsnähe ein Transparent mit der Aufschrift: „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ angebracht und in einer separaten Stellungnahme des Dresdner Bündnisses Mietenwahnsinn Stoppen! auf die aktuellen Mietprobleme im Dresdner Stadtteil Johannstadt hingewiesen.
Zu Beginn der Abschlusskundgebung wurde dann über soziale Netzwerke bekannt, dass eine unter Denkmalschutz stehende Villa am Basteiplatz 3 durch Aktivistinnen und Aktivisten von „WirBesetzenDresden“ besetzt wurde. Eine Spontandemonstration von solidarischen Menschen bewegte sich daraufhin von der Unteilbar-Demonstration zur Besetzung. Anschließend solidarisierten sich ca. 150 Menschen an einer durch Juliane Nagel (Die Linke) angemeldeten Kundgebung mit den Besetzerinnen und Besetzer in unmittelbarer Nähe des von der Polizei hermetisch abgeriegelten Gebäudes. Im Laufe der Besetzung wurde dann der Eigentümer kontaktiert und erschien schließlich für Gespräche vor Ort. Die als Eigentümer in Erscheinung tretende Person ist am Dresdner Immobilienmarkt ein altbekanntes Gesicht. Er tritt ebenfalls als Vorstand der Castello Immobilien & Vermögen AG (Castello) auf. Ihr Tätigkeitsfeld beschreibt sie wie folgt: Die castello immobilien & vermögen AG erwirbt Immobilien und wertet diese zu renditenfähigen Anlageobjekten auf.
Neben dem Ankauf von Immobilien, Erhöhung der Bestandsmieten und dem anschließenden erhöhten Weiterverkauf errichtet die Firma selbst auch Neubauten. So u.a. in Dresden-Löbtau auf der Reisewitzer und Bienerstraße sowie in Cotta an der Ockerwitzer Straße. Die Mietpreise bewegen sich gemäß den Angeboten zwischen 10 und 13 Euro. Dringend benötigte Sozialwohnungen wurden bei den Neubauten jedoch nicht geschaffen.
Gemäß den Angaben bei der gestrigen Kundgebung plant die Castello nun die Errichtung einer betreuten Wohnanlage am Basteiplatz. Als Argumente für den Leerstand wurde im Gespräch der schwierige Baugenehmigungsprozess mit der Stadt angegeben. Gemäß des Gewinnstrebens der Immobilienfirma darf jedoch vermutet werden, dass auf dem Grundstücksareal eine maximale Anzahl an Wohnungen erstellt werden soll, um die Renditeversprechungen zu erfüllen. So wirbt die Firma bei der Dresdner Anlegermesse regelmäßig für ihre als „Anlageobjekte“ betitelten Wohnimmobilien mit Renditen von bis zu 15 Prozent. Gesetzliche Vorgaben werden dabei teilweise weit ausgelegt. So wurden bereits auf dem Grundstück Baumfällungen durchgeführt, die bis jetzt strittig sind, da wohl keine Genehmigung vorlag.
Ebenfalls ist das Konzept des Baus und Verkaufs von betreuten Wohnanlagen durch Immobilienhändler sehr umstritten. Die Vermietung läuft zentral über einen Einzelbetreiber. Der einzelne Eigentümer hat dabei wenig Mitspracherecht und ist von dem Einzelbetreiber abhängig. Durch die kleinen Grundrisse wird ebenfalls eine Maixmalmiete erzielt, welche sich über den Mietspiegel negativ auf die umgebende Bebauung auswirkt.
Das Beispiel Basteiplatz 3 zeigt einmal mehr auf, dass auf Grund von Renditestreben von Immobilienfirmen Leerstand besteht, obwohl die Mietpreise weiter steigen. Konzepte, die sich nicht an der maximalen Miete orientieren, jedoch einen wichtigen Bestandteil für unser gesellschaftlichen Zusammenleben darstellen, finden keinen Platz. Die fehlenden Sozialwohnungen bei Projekten der Castello aber auch die in Summe fehlenden Sozialen Zentren in Dresden sind dafür Beispiele.
Neben dem Basteiplatz befinden sich gemäß eigenen Angaben von Castello weitere Neubauvorhaben in Dresden in Planung. U.a. ist eine größere Wohnanlage im neuen Wissenschaftsstandort Ost sowie in Löbtau geplant. Aktivistinnen und Aktivisten der „Recht-Auf-Stadt Gruppe“ äußerten sich dazu wie folgt: „Die erste Werbung für das Neubauvorhaben der Castello an der Wernerstraße haben wir mitbekommen. Wir fordern von der Castello mind. einen Sozialwohnungsanteil von 30% und Gewerbeflächen im Erdgeschoss, die dem ganzen Stadtteil zu Gute kommen. Die Castello profitiert in einem hohen Maße von der Attraktivität des Stadtteils. Durch die über dem Durchschnitt liegenden Angebotsmieten werden die Bestandsmieten der umliegenden Häuser erhöht und bestehende Anwohner*innen unter Druck gesetzt. Damit niemand gezwungen wird, den Stadtteil zu verlassen, muss die Castello auf die Auswirkungen ihrer Projekte achten und diese minimieren. Wir werden den weiteren Prozess der Bebauung kritisch begleiten und uns regelmäßig vor Ort umschauen.“
Die Gruppe WirbesetzenDresden hat ebenfalls weitere Verhandlungen mit dem Eigentümer der Villa am Basteiplatz angekündigt, um damit zumindest eine Zwischennutzung zu erreichen. Die zahlreichen Aktivitäten von „Recht-Auf-Stadt“ und „Mietengruppen“ in den letzten Monaten und speziell beim Demonstrationsgeschehen zur Unteilbar-Demonstration zeigen, dass das Mietenproblem immer mehr Menschen betrifft und sich in Dresden entschlossener dagegen zur Wehr gesetzt wird.
Veröffentlicht am 27. August 2019 um 16:15 Uhr von Redaktion in Freiräume