Solidaritätsdemonstration am Kobanê-Aktionstag
3. November 2015 - 18:41 Uhr
Einem Aufruf der kurdischen Jugendorganisation Ciwanen Azad zu einer Solidaritätsdemonstration anlässlich des Welt-Kobanê-Tags folgten am Sonntagnachmittag etwa 150 Menschen. Die Versammlung erinnerte an die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten (YPG/ YPJ), welche seit mehr als einem Jahr mit ihrem beispiellosen Kampf gegen die Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) für Religionsfreiheit, Selbstbestimmung und Autonomie kämpfen. Vom Theaterplatz aus zog der bunt gemischte Demonstrationszug mit kurdischen Sprechchören bis zu einer Zwischenkundgebung auf dem Albertplatz. Die Demonstration endete schließlich ohne besondere Vorkommnisse mit einer Kundgebung am Alaunplatz. „In Rojava kämpfen die Kurd*innen gegen den menschenverachtenden IS. Und genauso müssen wir hier gegen PEGIDA kämpfen. Denn jede Form von Faschismus und Rassismus ist Grundlage für ein menschenverachtendes Weltbild.“, so die Kurdische Jugend in ihrem Redebeitrag. Nach dem Ende der Demonstration fand in den Räumlichkeiten des Dresdner Vereins „Deutsch-Kurdische Begegnungen e.V.“ noch eine Filmvorführung und eine Diskussionsrunde statt.
Wenige Tage zuvor war bei den durch die Generalstaatsanwaltschaft Celle veranlassten Durchsuchungen von insgesamt sieben Räumlichkeiten in Dresden und Hannover ein mutmaßliches Mitglied der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) festgenommen worden. Dem 44-Jährigen wird vorgeworfen, spätestens seit Mitte 2014 als „Gebietsleiter“ im Raum Hannover tätig gewesen zu sein, im Juli sei er dann in der gleichen Funktion nach Sachsen gewechselt. Zu seinen Aufgaben habe nach Auffassung der Ermittler die organisatorische, finanzielle, personelle und propagandistische Arbeit in seinem Zuständigkeitsbereich gehört. Die Ermittler werfen ihm zudem vor, Finanzmittel für die Organisation beschafft und Nachwuchs für den Kampf rekrutiert zu haben. Der Beschuldigte wurde noch am gleichen Tag einem Ermittlungsrichter vorgeführt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Das Demokratische Gesellschaftszentrum (NAV-DEM) und der Rechtshilfefonds (AZADÎ) für Kurdinnen und Kurden verwiesen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf das Engagement des Festgenommenen für die Demokratische Partei der Völker (HDP). „Will die Bundesregierung endlich einen konstruktiven Beitrag für Frieden und Demokratie in der Türkei und dem Mittleren Osten leisten und Fluchtursachen anstatt die Geflüchteten selbst – denn die meisten Kurdinnen und Kurden in der BRD haben selbst Fluchterfahrungen – bekämpfen, muss sie aufhören, die Regime der Region zu unterstützen, und stattdessen die Verfolgung der Kurdinnen und Kurden auch im eigenen Land beenden.“ Gleichzeitig forderten sie die Bundesregierung und die deutschen Behörden dazu auf, das PKK-Verbot, welches die Grundlage für die Kriminalisierung ist, endlich aufzuheben.
Obwohl die in Dresden durchsuchten Räumlichkeiten lediglich als Dritte Ziel der Aktion waren, hatte insbesondere die Dresdner Morgenpost den Verein und die durchsuchten Haushalte immer wieder als Beschuldigte bezeichnet. Der Landtagsabgeordnete Mirko Schulze (Die Linke) kritisierte die Berichterstattung anschließend als Teil einer medialen Hetzkampagne. Vor dem Hintergrund von Angela Merkels (CDU) Staatsbesuch in der Türkei sprach er zugleich von einem offensichtlichen Zusammenhang mit den für den 1. November neu angesetzten türkischen Parlamentswahlen und den Durchsuchungen. Viele Kurdinnen und Kurden äußerten ihr Unverständnis und warnten vor einer weiteren Stigmatisierung und Kriminalisierung: „Wieso greift die Staatsanwaltschaft einen Verein an, der sich für Demokratie und Integration von Geflüchteten einsetzt?“
Veröffentlicht am 3. November 2015 um 18:41 Uhr von Redaktion in Antifa