Soliaktion nach Besetzung in Hamburg
20. September 2015 - 23:41 Uhr
Mit Transparenten und Schildern haben sich am Samstag Mitglieder der Dresdner „Gruppe Gegen Antiromaismus“ mit den Besetzerinnen und Besetzern der Hamburger Kirche Sankt Michaelis solidarisiert. Sowohl vor dem Festspielhaus Hellerau, als auch auf dem Rudolfstraßenfest und vor der kosmotique hatten sich dazu spontan verschiedene Menschen der Aktion angeschlossen. Seit Donnerstag protestiert in Hamburg die „Romano Jekipe Ano Hamburg – Vereinigte Roma Hamburg“ für ein Bleiberecht ihrer Familien und einen sofortigen Abschiebestopp in die Balkanländer. Bereits im Juli hatten Mitglieder der Gruppe mit einem einwöchigen Protest vor der Hamburger Ausländerbehörde und einer Demonstration versucht, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Anlass für den neuerlichen Protest waren Bescheide der Hamburger Ausländerbehörde an über 20 Familien, in denen für die kommende Woche ihre Abschiebung nach Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und in den Kosovo angekündigt wurde.
Ein Mitglied der Gruppe kündigte als Reaktion auf die drohende Abschiebung an, die Besetzung so lange aufrecht zu erhalten, „bis wir unser Ziel erreicht haben“. Romano Schmidt vom bundesweiten Romanetzwerk „alle bleiben!“ kritisierte die von der Bundesregierung per Gesetz festgelegten „sicheren Herkunftsländer“ als für Roma nicht sicher: „Es herrscht ein gefährlicher Mix aus Rassismus aus den Bevölkerungsmehrheiten und den staatlichen Institutionen. Der Zugang zu Arbeitsplätzen, Bildung und zur Gesundheitsversorgung ist weitestgehend versperrt. Es trifft also genau das zu, was im Asylverfahrensgesetz unter §3a und §3b als strukturelle Diskriminierung beschrieben ist. Zusammengenommen ist die Ausgrenzung lebensbedrohlich, vor allem für Kinder und alte Menschen. Diese bekannten Fakten ignorieren politische Verantwortliche in der Ausländerbehörde, der Hamburger Bürgerschaft und der Justiz.“ Zugleich wies Schneider die politisch gewollte Spaltung in „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge zurück und appellierte daran, in jedem Fall individuelle Fluchtgründe zu prüfen.
Was abgeschobene Roma in ihren Herkunftsländern erwartet, hatten Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe „alle bleiben!“ in Serbien und dem Kosovo recherchiert. Erst kürzlich hatte Bürgerrechtsaktivist Rudko Kawczynski als Vertreter verschiedener Organisationen der Roma auf einem Symposium im Festspielhaus Hellerau die Gesamtsituation der Minderheit als „funktionierendes System der Apartheid mitten in Europa“ bezeichnet. Seiner Ansicht nach sei die aktuelle Lage trotz der gerade abgeschlossenen „Roma-Dekade“ und einem Rahmenplan der EU zur Integration der Roma in Europa nach wie vor „völlig unakzeptabel“. Nach ersten Verhandlungen mit der Kirche wurde am Sonntag in Hamburg der Gruppe von Besetzerinnen und Besetzern bis auf weiteres Schutz gegen Abschiebungen zugesichert. Gleichzeitig will die Kirche sich noch in dieser Woche um Verhandlungen mit der Ausländerbehörde bemühen.
Veröffentlicht am 20. September 2015 um 23:41 Uhr von Redaktion in Antifa