Antifa

Sechs Jahre nach Blockaden: Freispruch für Tim

7. Januar 2017 - 20:39 Uhr

Fast sechs Jahre nach den erfolgreichen Massenblockaden tausender Menschen, wurde am Freitagnachmittag ein Berliner Antifaschist freigesprochen. Das Urteil kam wenig überraschend, da die Dresdner Staatsanwaltschaft auch im dritten Anlauf keine neuen Beweise vorlegen konnte, die zu einer Verurteilung des inzwischen 40 Jahre alten Familienvaters geführt hätten. Nachdem sie auch am letzten Verhandlungstag mit ihrem letzten Versuch gescheitert war, Daten aus der bereits 2013 vom Dresdner Landgericht für illegal erklärten Funkzellenabfrage (FZA) als Beweismittel zuzulassen, blieb dem Vorsitzenden Richter Martin Schultze-Griebler keine andere Möglichkeit, als den Angeklagten von allen Tatvorwürfen freizusprechen. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft trotz offensichtlich manipulierter Videobeweise eine Verurteilung zu einer achtmonatigen Haftstrafe auf Bewährung gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sven Richwin, einer der beiden Verteidiger des Angeklagten, bezeichnete das Verfahren als „ganz peinliche Nummer für die Staatsanwaltschaft“. In seinen Augen sei es „traurig, dass es nicht weniger als sechs Jahre gedauert hat, der Unschuldsvermutung auch in Dresden Geltung zu verschaffen“. Auch sein zweiter Verteidiger Ulrich von Klinggräff kritisierte die Versuche von Polizei und Staatsanwaltschaft, mit Hilfe von manipuliertem Beweismaterial zu einer Verurteilung zu gelangen. In einem ersten Urteil war der Mann, welcher inzwischen in der Bundesgeschäftsstelle der Linken arbeitet, vom Dresdner Amtsgericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Nur wenige Tage nach dem Beginn des dritten Prozesses hatten vermutlich Nazis seine Privatwohnung im Berliner Bezirk Neukölln angegriffen und verwüstet.

Schon während des zweiten Prozesses im Januar 2015 hatte die Verteidigung auf die durch die Polizei manipulierten Videos verwiesen, in denen an mehreren Stellen bewusst entlastendes Material herausgeschnitten worden war. So endete ein von der Polizei geschnittener Film zufällig in der Sekunde, bevor mindestens vier weitere Personen mit Megafonen zu sehen waren. Dies hatte gezeigt, dass es den von der Staatsanwaltschaft konstruierten Rädelsführer an jenem Tag gar nicht gegeben haben kann. Der Beweisführung durch die Verteidigung hatte sich damals auch der Richter in seiner mündlichen Urteilsbegründung angeschlossen: „Er war nicht vorne bei den Gewalttätern dabei und es ist nicht nachzuweisen, dass er von hinten die vorne angeleitet hat.“ Obwohl der Angeklagte in den Videos vom Februar 2011 zu erkennen war, seien auch die Ergebnisse eines Tongutachtens der Staatsanwaltschaft nach Auffassung des Richters keiner Person zuzuordnen gewesen. Ob diese Durchsagen überhaupt den Tatbestand des Landfriedensbruchs erfüllen würden, hatte er zudem offengelassen.

Der nunmehr dritte Prozess war notwendig geworden, nachdem die für das Verfahren zuständige Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichtes im Januar 2015 in Revision gegangen war und dieser durch das Oberlandesgericht stattgegeben wurde. Weil 2011 allerdings nicht rechtzeitig ein Strafantrag wegen Beleidigung gestellt worden war, musste dieser Anklagepunkt fallengelassen werden. Der Angeklagte soll damals während des Durchbruchs einen Polizisten mit den Worten: „Hau‘ ab, du Nazisau!“ beleidigt haben und war deshalb im Januar 2011 vom Landgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich der 40-Jährige erfreut über den Prozessausgang und kündigte an, sich künftig „den Nazis auch weiterhin in den Weg [zu] stellen“. Die Kosten des Verfahrens übernimmt die Staatskasse, zudem wurde dem jahrelang zu Unrecht Beschuldigten für die Hausdurchsuchung eine Entschädigung zugesprochen.


Veröffentlicht am 7. Januar 2017 um 20:39 Uhr von Redaktion in Antifa

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