Antifa

Polizeieinsatz bei friedlicher Protestaktion in der Dresdner Altstadt

23. Juni 2019 - 17:00 Uhr

Am vergangenen Montag fand eine weitere Aktion im Rahmen der „AktionNichtNeutral“ statt. Gegen 21 Uhr fanden sich Schätzungen zufolge rund 200 Aktivistinnen und Aktivisten auf der Brühlschen Terasse vor dem Gebäude der Hochschule für Bildende Künste (HfbK) ein. Unter dem Motto „Noise Eats Neutrality“ sollte auf die Forderungen der Studierenden aufmerksam gemacht werden. Auf mehreren Bannern waren Slogans wie „Positioniert euch“ oder „Mucken statt Ducken“ zu lesen. In einer Pressemitteilung bekräftigten die Aktivistinnen und Aktivisten ihren Aufruf nach einer Positionierung der Dresdner Institutionen: „Wir fordern konsequente, öffentliche Standhaftigkeit und Handlung aller in der Überzeugung, dass die AfD nicht mit einer demokratischen, menschlichen Bildung, Forschung und Kultur zu vereinen ist. Es gibt schlichtweg keine Lehre, keine Wissenschaft und keine Kunst, die außerhalb dieses politischen Raumes steht und sich dieser Verantwortung entziehen kann.“ Nach Informationen der Polizei Sachsen lag keine Anmeldung bei den Behörden vor. Erst kürzlich hatten Studierende über mehrere Stunden die Bibliothek der Hochschule aus Protest gegen eine Kandidatur der Leiterin für die AfD besetzt.

Mit Beginn der Aktion sollte eine „Lärmbarrikade“ aufgebaut werden. Angeleitet von zwei „Dirigent*innen“ wurde mit allen möglichen Gegenständen versucht, eine Lärmkulisse aufzubauen. Wenige Minuten nach Beginn machte die Polizei eine Strich durch die Rechnung der Aktivistinnen und Aktivisten, indem sie eine Person in Gewahrsam nahmen. Dieser soll laut Aussage der Polizeibeamten zuvor mit Sprühkreide auf den Gehweg gemalt haben. Als Reaktion auf die Festnahme umringten mehrere dutzend Menschen die Beamtinnen und Beamten und forderten die Herausgabe der Person. Dabei kam es zu chaotischen Szenen, bei denen die Polizistinnen und Polizisten auch unmittelbaren Zwang mittels Pfefferspray androhten. In folge der aufgeheizten Situation wurde eine weitere Person von der Polizei festgenommen, die sich nun wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten muss. Nach 10 Minuten entschlossen sich die Studierenden die „Lärmbarrikade“ zu beenden, um deeskalierend zu wirken. Erst daraufhin beruhigte sich die Situation wieder. Eine der festgenommenen Personen musste sich anschließend medizinisch behandelt werden.

In der im Nachgang veröffentlichten Pressemitteilung wurde die Polizeiaktion auf das Schärfste kritisiert und wie folgt beschrieben: „Nach kurzer Zeit stürmte die Polizei in die Menge und zog ohne Anlass brutal zwei Personen heraus. Von Seiten der Aktivist*innen ging im Voraus keine Eskalation aus. Sie (die Aktivist*innen) verurteilen dieses Handeln seitens der Polizei aufs schärfste und ordnen es ein in eine unverhältnismäßige und repressive Handlungen gekennzeichnete Taktik der sächsischen Polizei.“ Auch mehrere Augenzeugen der Situation zeigten sich entsetzt vom Vorgehen und äußerten dies vor Ort gegenüber addn.me: „Das Vorgehen der Polizei war schockierend. Wir haben unserer Recht auf Versammlungen unter freiem Himmel friedlich wahrgenommen. Dass die Polizei ohne Grund und mit solcher Brutalität gegen uns vorgeht, lässt mich immer noch fassungslos zurück. Da ist ein ganzes Stück Vertrauen verloren gegangen“, so ein 23jähriger Student noch am Abend des Geschehens. Eine weitere Beobachterin versuchte das Verhalten der Polizei zu erklären: „Ich hatte das Gefühl, dass die drei oder vier Polizistinnen und Polizisten auf eigene Faust gehandelt haben und überrascht wurden, dass sich so viele mit den Betroffenen solidarisierten. Nicht anders ist zu erklären, dass zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Einsatzkräfte vor Ort waren. Auch die dazukommenden Polizistinnen und Polizisten wirkten so, als wüssten sie gar nicht, was gerade los ist.“ Weiter kritisierte auch diese Augenzeugin das Gesehene: „Das ist ein ungemein unprofessionelles Vorgehen der Polizei. Es wäre genügend Zeit gewesen, eine Maßnahme einzuleiten oder ins Gespräch zu kommen. […] Hier muss es dringend Nachholbedarf für das Handeln der Polizei geben“, so die 25 Jahre alte Studentin abschließend.

Nachdem sich die Situation beruhigt hatte, luden die Aktivistinnen und Aktivisten alle anwesenden Menschen dazu ein, bei Picknick und Kerzenschein noch weiter auf der Brühlschen Terrasse zu verweilen. Gegen 23 Uhr wurde damit begonnen, den Platz zu räumen. Bis dahin hielt sich die Polizei im Hintergrund. Abschließend zeigte sich eine Initiatorin trotz eines zunächst auf Eskalation ausgelegten Polizeieinsatzes zufrieden und kündigte für die Zeit bis zu den Landtagswahlen weitere Aktionen an: „Wir sind froh, dass so viele Menschen hinter unseren Forderungen stehen und sich an unseren Aktionen beteiligen. Wir werden weiterhin aktiv bleiben und selbstbewusst unsere Inhalte an die Stadtgesellschaft tragen. Wir kommen definitiv wieder.“

Titelbild: AktionNicht


Veröffentlicht am 23. Juni 2019 um 17:00 Uhr von Redaktion in Antifa

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