Ortsgruppe der Roten Hilfe kritisiert Ermittlungen
5. Mai 2015 - 11:10 Uhr
Nach dem Angriff auf das Gebäude der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB), bei dem Ende März im Stadtteil Trachau drei Scheiben beschädigt und die Fassade mit schwarzen und roten Farbbeuteln beworfen worden war, hat sich die Dresdner Rote Hilfe zu den bisherigen Ermittlungen geäußert. Nachdem eine Polizeistreife etwa eine Stunde nach der Tat in einem anderen Stadtteil einen verdächtigen Fahrradfahrer kontrolliert hatte, standen nur wenige Stunden später mehrere Beamte des Sächsischen Landeskriminalamtes (LKA) in seiner Wohnung, um nach möglichen Hinweisen für die Tat zu suchen. Insgesamt war bei dem nächtlichen Angriff auf das Gebäude in der Schützenhofstraße ein Sachschaden in Höhe von rund 10.000 Euro entstanden.
Der Betroffene soll demnach gegen 2:40 Uhr von einer Polizeistreife aufgegriffen und von den Beamten nach der Kontrolle seiner Rahmennummer und Taschen zunächst wieder laufen gelassen. Am Folgetag erschienen dann gegen 15 Uhr drei Beamte des LKA vor seiner Wohnung und verschafften sich mit einem Durchsuchungsbeschluss Zugang zu seinen Wohnräumen. Bei der mehrstündigen Durchsuchung auf der Suche nach dunklen Kleidungsstücken zeigten sich die Beamten vor allem an Plakaten und Postkarten mit einem vermeintlich ‚linkspolitischen‘ Hintergrund interessiert. Zugleich wurde der Betroffene immer wieder unter der Androhung von „Konsequenzen“ aufgefordert, ein Geständnis abzulegen. Im Anschluss an die Durchsuchung wurde der Beschuldigte mit auf die Wache genommen und musste nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung seine DNA abgeben.
Die Rote Hilfe kritisierte in ihrer Stellungnahme die Hausdurchsuchung „als Maßnahme zur Durchleuchtung von linken Personenzusammenhängen“. Wie die im vergangenen Jahr eingestellten jahrelangen Ermittlungen gegen eine bis zuletzt nicht auffindbare Antifa-Sportgruppe gezeigt haben, reicht in Sachsen oft schon ein „minimaler Anfangsverdacht“ und eine vermutete Nähe zu linken Bewegungen aus, um Grundrechtseingriffe wie Hausdurchsuchungen richterlich abzusegnen. Zugleich kritisierte der Verein die Abgabe der DNA als Eingriff in „intimste Informationen“ eines jeden Menschen, der ihrer Auffassung nach nur dazu dient, um in Zukunft eine Rechtfertigung für Massenentnahmen zu schaffen. „Wir, die Ortsgruppe Dresden der Roten Hilfe e.V., wenden uns entschieden gegen diese neuerlichen Angriffe der sächsischen Ermittlungsbehörden auf linke Personen und Strukturen!“
Anders als noch bei den zahlreichen gewalttätigen Übergriffen auf Asylsuchende in Sachsen, hatte sich nicht nur Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), sondern auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kurz darauf zu Wort gemeldet. Ulbig, der sich gerade im Wahlkampf für seine Kandidatur als Oberbürgermeister in der Sächsischen Landeshauptstadt befindet, kritisierte den Angriff und lobte zugleich den Leiter der SLpB, Frank Richter, für seine Bemühungen um einen Dialog mit PEGIDA: „Mir geht es weniger um den Schaden, mir geht es um den Angriff auf die Institution“. Noch am Vorabend hatte in den Räumlichkeiten der SLpB eine Veranstaltung mit dem Titel „Wo hört Meinungsfreiheit auf und wo fängt Volksverhetzung an“ stattgefunden. Dort hatte Richter aus einer an ihn gerichteten Email zitiert, in der der einstige DDR-Bürgerrechtler von einem PEGIDA-Anhänger bedroht worden war. Ob die Email in Zusammenhang mit dem Angriff am Tag darauf stand, konnte die Polizei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Für Richter selbst steht der Schuldige offenbar fest. Nicht anders ist ein offener Brief zu erklären, der wenige Tage nach der Tat auf der Internetseite der Landeszentrale veröffentlicht wurde. Richter, der darin noch einmal bekräftigte, auch vom ärgsten politischen Gegner etwas lernen zu können, appellierte an den mutmaßlichen Täter, zu einem Gespräch in den Räumen der Landeszentrale vorbeizukommen. Zugleich warf er ihm vor, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SLpB mit der Tat verängstigt zu haben: „Sie haben einige Mitmenschen hinterlassen, meine Kolleginnen nämlich, die seit dem 26. März mit einem flauen Gefühl zur Arbeit gehen. Das ist übrigens das, was ich Ihnen am meisten übel nehme. Sie haben nicht einmal ein Bekennerschreiben hinterlassen. Sie haben Menschen gegen sich aufgebracht, Menschen, die wünschen, dass Sie gefasst und überführt werden, Menschen, die sich für Ihre Ideale interessiert hätten.“
Veröffentlicht am 5. Mai 2015 um 11:10 Uhr von Redaktion in Antifa