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Namenslesung auf dem Heidefriedhof: Befürchtungen haben sich bewahrheitet

18. Februar 2020 - 16:00 Uhr - 2 Ergänzungen

Die vom Verein „Denk Mal Fort!“ auf dem Heidefriedhof organisierte Namenslesung am 13. Februar sorgte im Vorfeld für heftige Kritik. Mit dem unterschiedslosen Verlesen würde eine Gleichmacherei der Toten betrieben. Gleichzeitig bediene sich der Verein einer Form des Erinnerns, die den Opfern der nationalsozialistischen Verbrechen vorbehalten ist. Erst nach einer erfolgreichen juristischen Auseinandersetzung gelang es der Dresdner Linksjugend, dazu am Jahrestag der Bombardierung eine Protestkundgebung unweit der Veranstaltung zu organisieren.

Dass die Kritik nicht unbegründet war, sollte die Veranstaltung schnell zeigen. Bereits in der Eröffnungsrede drängte sich eine größere Abordnung der AfD, darunter der Bundestagsabgeordnete Joachim Keiler und die Dresdner Stadträte Silke Schöps und Heiko Müller, mitten durch die Veranstaltung. An der Sandsteinmauer legten sie zwei billige Europaletten ab, auf denen die Zahl 6.865 zu lesen war. So viele Leichen sollen auf dem Altmarkt verbrannt worden sein. Anschließend konnten sich die AfD-Vertreterinnen und Vertreter unwidersprochen in die Menge einreihen.

Dort versammelten sich neben der langjährigen Bisinger NPD-Aktivistin Edda Schmidt und der neurechten Buchhändlerin Susanne Dagen, auch der Sächsische Kultusminister Christian Piwarz und der Präsident des Sächsischen Landtags, Matthias Rößler (beide CDU).

Auch kritische Menschen waren anwesend. Sie machten sich besonders während des zweiten Redebeitrags von Justus Ulbricht mit empörten Zwischenrufen bemerkbar. Der Geschäftsführer des Dresdner Geschichtsvereins stellte dabei nicht nur seine Veranstaltung in eine Reihe mit Namenslesungen der Opfer der Shoah und der islamistischen Anschläge vom 11. September 2001. Er machte auch deutlich, dass ihm bewusst sei, dass sich hinter den gelesenen Namen neben Opfern des Nationalsozialismus auch überzeugte NS-Täterinnen und Täter verbergen. Mit der Lesung, so Ulbricht, mache man sie alle symbolisch wieder zu Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

Allein diese Worte zeigen, wie wenig sich die Verantwortlichen der Veranstaltung mit der Kritik auseinandergesetzt haben. Die Stiftung Weiterdenken sagte im Vorfeld der Veranstaltung gegenüber addn: „Das Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus vereitelt das Ziel der Nationalsozialisten. Wir erinnern an die Opfer und sind so Teil des Nichtvergessens. Das Erinnern ist so ein Teil antifaschistischer Praxis. Wir entreißen die Opfer dem Vergessen. Es gibt den Opfern Respekt zurück.Die gleichen erinnerungspolitischen Formen auf die Mehrheitsgesellschaft der Deutschen zwischen 1933 und 1945 anzuwenden, heißt, in Kauf zu nehmen, die Täterschaft bspw. von SSlern zu beschönigen und unsichtbar zu machen. Das ist verantwortungslos.“

Dass dieses Angebot von Nazis angenommen wurde, beobachtete wenig später der Journalist Henrik Merker. Beobachtern ist Sebastian A. lange bekannt. Auf seinem inzwischen gelöschten Facebookprofil teilte er Inhalte von Reichsbürgern, AfD und Jungen Nationalisten. Immer wieder nahm er an rechten Demonstrationen teil, zuletzt am sogenannten „Trauermarsch“ um den Dresdner NPD-Vorsitzenden Maik Müller. Die Problematik, dass sich extrem rechte Personen an der Namenslesung beteiligen und Opfer des Nationalsozialismus damit weiter verhöhnen könnten, war den Organisatorinnen und Organisatoren bekannt. Eine entsprechende Anfrage blieb allerdings unbeantwortet. So war es nur folgerichtig, dass sich Antifaschistinnen und Antifaschisten mit einem Transparent und lauten Rufen unter dem wachsamen Auge der überpräsenten Polizei gegen die Namenslesung positionierten. Im Anschluss an die Veranstaltung nahm die Polizei nach eigenen Angaben von neun Personen die Personalien auf. Hintergrund der Maßnahme ist bisher nicht bekannt. 


Veröffentlicht am 18. Februar 2020 um 16:00 Uhr von Redaktion in Antifa, Nazis

Ergänzungen

  • Geschätzte Antifaschistische Aktivisten,

    obwohl nur wenige Minuten Fußweg von daheim und sozusagen als Gartennachbar des Friedhofes, habe ich dennoch dem allseits würdelosen Spektakel dieses Jahr nicht beigewohnt. Ich bitte das bei Gelegenheit zu berichtigen. Wenn allerdings Bedarf an meiner Hospitanz bei ähnlichem Krawall besteht, dürfen Sie mich gerne über die angegebene Mail-Adresse buchen. Bin auch mal am 8. Mai mit dabei, schließlich wurde ich im Frühjahr 1986 bei Fackelschein an den Gräbern von Otto Buchwitz und Max Zimmering auf mein sozialistisches Vaterland vereidigt. Die Namenslesung und das Niederlegen von beschrifteten Kränzen finde ich im Übrigen aus diesem Anlaß schauerlich und bin froh das Der Denkmal-fort-Verein nun daran denkt fort zu bleiben. Bleiben Sie wie Sie sind und weisen Sie Ihre auswärtigen Gästen fortan besser ein.

    Mit internationalistischen Gruß
    Genosse Hennig
    Dipl. Maler/Grafiker, freier Publizist (Mitglied im DFJV)

  • Leider ist uns bei dem Artikel zum Heidefriedhof ein Fehler unterlaufen. Wie einer unserer Berichterstatter fälschlicherweise angenommen hat, war Herr Sebastian Hennig nicht als Teilnehmer auf der Veranstaltung. Wir haben dies geändert und entschuldigen uns für den Fehler.

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