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Landratsamt erklärt polizeilichen Notstand in Heidenau

28. August 2015 - 02:12 Uhr - Eine Ergänzung

Auf ein Willkommensfest für Asylsuchende hat das in Pirna ansässige Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge am Donnerstagabend mit einem generellen Versammlungsverbot für das bevorstehende Wochenende reagiert. Das Verbot umfasst alle öffentlichen Versammlungen und Aufzüge im Stadtgebiet von Heidenau und soll von Freitag 14 Uhr bis zum Montag 6 Uhr gelten. Neben des für 15 Uhr angedachten Festes hatten auch rechte Gruppen über soziale Netzwerke zu eigenen Aktionen aufgerufen. Sowohl Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, als auch das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hatten anschließend mit Unverständnis auf die Entscheidung reagiert. Bislang ist noch unklar, ob der polizeiliche Notstand auch auf die am Samstag in Dresden geplante Demonstration ausgeweitet wird.

Als Grund für die massiven Grundrechtseinschränkungen gab das Landratsamt einen „polizeilichen Notstand“ an, wonach die für die kommenden Tage zur Verfügung stehenden Polizeikräfte nicht in der Lage sind, „der prognostizierten Lageentwicklung gerecht zu werden“. Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass es bei einem Aufeinandertreffen der verschiedenen Lager zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und damit zur Schädigung schutzwürdiger Rechtsgüter, insbesondere Leben und Gesundheit von Teilnehmern öffentlicher Versammlungen, Unbeteiligten aber auch der zum Schutz von Versammlungen eingesetzten Polizei- und Ordnungskräften kommen würde.“ Weiter heißt es in der Verbotsbegründung: „Angesichts der zurückliegenden Konfrontationen von Asylgegnern und –befürwortern vor Erstaufnahmeeinrichtungen wie auch des gegenwärtigen Demonstrationsgeschehens vor der Erstaufnahmeeinrichtung am vergangenen Wochenende in Heidenau sah das Landratsamt keine andere Möglichkeit als die Verfügung eines Versammlungsverbots für das Stadtgebiet Heidenau, um insbesondere die Sicherheit der Heidenauer Anwohner und der Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung zu gewährleisten.“

Nicht nur, dass am vergangenen Wochenende ein Mob aus Teilen der Bevölkerung und organisierten Nazis zwei Nächte lang von der Polizei nahezu unbehelligt wild marodierend durch die Straßen ziehen durfte, jetzt muss auch noch eine antifaschistische Intervention als Reaktion auf die rassistischen Ausschreitungen als Begründung herhalten. Die aktuelle Situation in Heidenau hat jedoch, anders als es das Landratsamt glauben lassen will, mit einem vollkommenen Versagen staatlicher Sicherheitsorgane zu tun, die nicht Willens waren, dem rechten Treiben ein Ende zu bereiten. Wenn jetzt die Anmeldung eines Willkommensfestes zum Anlass genommen wird, sämtliche Veranstaltungen in Heidenau zu verbieten, dann lässt sich das nur noch mit einer Kapitulation des Rechtsstaates bezeichnen. Heidenau ist allerdings kein Einzelfall, erst zu Jahresbeginn hatte das Ordnungsamt der Stadt Leipzig einen Aufmarsch von LEGIDA mit einer ähnlichen Begründung untersagt.

Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ kündigte an, an den Plänen für ein Willkommensfest festzuhalten und nach Alternativen zu suchen. Derzeit laufen Gespräche mit dem Deutschen Roten Kreuz, das Fest in das Gelände der Unterkunft zu verlegen. Dort wäre es keine öffentliche Versammlung mehr und damit nicht von dem Versammlungsverbot betroffen. Schon am Nachmittag hatte das Bündnis von der Möglichkeit eines Verbotes gesprochen, dies konnte jedoch zunächst weder vom Ausländerbeauftragten des Freistaates, Geert Mackenroth (CDU), noch dem Sprecher des Sächsischen Innenministeriums bestätigt werden. Als Reaktion auf das Versammlungsverbot hatte der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir über Twitter bekannt gegeben, am Freitag gemeinsam mit Mitgliedern seiner Partei nach Heidenau zu fahren: „Wenn der Freistaat Sachsen kapituliert, wir tun es nicht! Wir kommen morgen, 15:00, nach Heidenau.“


Veröffentlicht am 28. August 2015 um 02:12 Uhr von Redaktion in Antifa, Freiräume

Ergänzungen

  • Verbot wurde für rechtswidrig erklärt (aber: „Gegen die Entscheidung der Richter war Beschwerde möglich.“ … ob immernoch möglich, keine Ahnung)

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