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Kehrtwende – Polizei ermittelt in den eigenen Reihen

27. April 2011 - 17:25 Uhr - 2 Ergänzungen

Nach den Hausdurchsuchungen vor knapp zwei Wochen hat die Dresdner Staatsanwaltschaft nach Presseangaben damit begonnen, in den eigenen Reihen wegen „Verletzung von Dienstgeheimnissen“ zu ermitteln. Es besteht der Verdacht, dass vermeintliche Gewalttäter aus der linken Szene im Vorfeld über eine geplante Razzia informiert waren. Das Gesetz sieht in einem solchen Fall Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder empfindliche Geldstrafen vor. Die Polizei hatte demnach die Durchsuchung des alternativen Wohnprojektes „Praxis“ in letzter Sekunde abgeblasen, nachdem Ermittlern zufolge in dem Haus in den Stunden davor ungewöhnliche „Betriebsamkeit“ geherrscht hätte.

In den frühen Morgenstunden des 12. Aprils hatten knapp 400 Beamtinnen und Beamte die Privat- und Geschäftsräume von insgesamt 15 Personen in Sachsen und Brandenburg durchsucht. Den insgesamt 17 Beschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft vor, kriminelle Vereinigungen gebildet zu haben. Aus diesem Grund wurden über mehrere Monate die Telefonanschlüsse einiger Verdächtiger überwacht. Nach den Durchsuchungen waren einige der betroffenen Personen mit einem richterlichem Beschluß zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung und der Abgabe ihrer DNA verpflichtet worden. Erst wenige Tage zuvor hatte der 50-jährige Jurist Jörg Michaelis (CDU) den Posten an der Spitze des sächsischen Landeskriminalamtes mit dem Ziel übernommen, in den kommenden Monaten stärker gegen so genannte linksextreme Gewalttäter vorzugehen.

Noch vor Beginn der Razzia waren ausgewählte Medienvertreter über die bevorstehenden Durchsuchungen informiert worden, so konnte in Leipzig die BILD-Zeitung mit Fotos von vermummten Spezialkräften der Polizei vor einem Wohnhaus im alternativ geprägten Stadtteil Connewitz auf die Ereignisse aufmerksam machen. Begleitet wurde die wochenlang vorbereitete Aktion von Äußerungen des Pressesprechers der Dresdner Staatsanwaltschaft, Lorenz Haase, über die Gefährlichkeit und Bedrohung, die von der linken Szene in Sachsen ausgehen würde. Als Beleg dienten dabei Fotos von Verletzungen bei Geschädigten der rechten Szene aber auch Bilder der beschädigten Busse vom 19. Februar im Dresdner Vorort Freital. Beschlagnahmt wurde nach Angaben von Haase vor allem Computer- und Kommunikationstechnik, aber auch Fahnen, Transparente, Schlagstöcke, Pyrotechnik, Reizgas und Vermummungs- bzw. Kleidungsgegenstände wurden von den Ermittlern zur Untersuchung mitgenommen.

In einer Stellungnahme zeigten sich Dresdner Antifaschistinnen und Antifaschisten solidarisch mit den Beschuldigten und verwiesen auf die Unfähigkeit der sächsischen Landesregierung, gegen Nazi-Angriffe oder -Aufmärsche vorzugehen. Stattdessen werde versucht, mit neuen Gesetzen die Meinungsfreiheit einzuschränken und antifaschistisches Engagement zu kriminalisieren. Bereits wenige Stunden nach der Razzia hatte das Libertäre Netzwerk Dresden in einer Pressemitteilung die Maßnahme als „Einschüchterungsversuche gegen linke Strukturen in Sachsen“ verurteilt und eine „Einstellung aller laufenden Verfahren gegen Linke und Anarchist*innen“ gefordert.

Weiterer Artikel: 17 Antifas auf einen Streich


Veröffentlicht am 27. April 2011 um 17:25 Uhr von Redaktion in Antifa

Ergänzungen

  • Das als „Kehrtwende“ zu bezeichnen leugnet die dahinter stehende Motivation der Ermittlung in den eignen Reihen.

    wurden über mehrere Monate die Telefonanschlüsse einiger Verdächtiger überwacht

    Davon werden nur die wenigsten von den Behörden wirklich im Nachgang informiert werden – kann ja sein, dass die Person nochmal „brauchbar“ wird.
    Der MDR hat in dem Zusammenhang der Durchsuchungen im übrigen über Links-und-Rechtsextreme gesprochen, die sich in den Haaren liegen. Die Exekutive wird nach dieser Perspektive also als Mediator wirksam… „Die Mitte“ lehnt sich entspannt zurück. Deswegen: mehr Rechte statt neue Mitte!

  • In jeden anderem Bundesland hätte ein neue Präsident des Landeskriminalamtes,nach so einen großen und lang geplanten Razzia seinen Abschied einreichen können,nach dem die Hausdurchsuchungen aus den eigenen Reihen scheinbar verraten wurden.erschwerend kommt dazu das Herr Dr. Jörg Michaelis (CDU)schon seid Jahren(1998) beim LKA Sachsen ist.In Dresden hat auch bis jetzt noch keiner die frage gestellt ob Jörg Michaelis der richtige ist für das Amt.

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