„Free Lina“-Demonstration in Dresden
10. Juli 2021 - 13:30 Uhr
Für Samstag den 3. Juli 2021 hatte das Antifaschistische Kollektiv Dresden (AKD) zu einer Solidaritätsdemonstration für inhaftierte und von Repression betroffene Anitfaschist:innen aufgerufen. Die Gruppe kritisiert in ihrem Aufruf die Inhaftierung der Leipzigerin Lina E., die eine von mehreren Beschuldigten in einem Verfahren gegen eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB ist. Nach monatelangen Ermittlungen wurde die 26-Jährige am 5. November 2020 vorläufig festgenommen und mit einem Hubschrauber medienwirksam zum Bundesgerichtshof (BGH) geflogen. Sie sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Konkret geht es bei den Ermittlungen um einen Angriff auf die von Nazis geführte Kneipe „Bulls Eye“ im thüringischen Eisenach und einen weiteren auf den Betreiber der Bar Leon Ringl. Dieser ist ein gut vernetzter und militanter Nazi, der unter anderem Kontakte zur rechtsterroristischen US-amerikanischen Atomwaffen Division (AWD) unterhält. Diese wird für mehrere Morde und einen versuchten Sprengstoffanschlag auf ein Atomkraftwerk verantwortlich gemacht. Auch in Deutschland ist die Gruppe mittlerweile aktiv.
Der Einladung zur Demonstration in Dresden folgten etwa 100 Aktivist:innen. Der Zug startete lautstark am Königsbrücker Platz und zog durch das Hechtviertel weiter zum Jorge-Gomondai Platz. Besonderes Augenmerk legten die Organisator:innen auf die Inhaftierung von Lina E. in der Untersuchungshaft in der JVA Chemnitz. Die polizeiliche Vorgehensweise begünstige eine Vorverurteilung und Stigmatisierung der Beschuldigten als Terroristin. Die Festnahme war im November 2020 mittels Spezialeinsatzkommando und anschließendem Hubschraubertransport erfolgt. Zumindest in den Reihen der sächsischen Polizei scheint diese Sichtweise bereits verbreitet zu sein. Demonstrationsteilnehmer*innen berichteten auf Twitter, ein Beamter hätte Passant*innen gegenüber erklärt, die Demonstration wäre für eine Terroristin.
In einem weiteren Redebeitrag erinnerte der Ermittlungsausschuss Dresden (EA) an die langjährige Verfolgung Dresdner Antifaschist:innen als Teile einer konstruierten Antifasportgruppe. Das Verfahren hatte sich nach acht Jahren in Luft aufgelöst. In dem Beitrag kritisierte die Gruppe, dass der § 129 StGB die Möglichkeit schaffe, politische Gegner:innen als Feind:innen zu brandmarken und sie dementsprechend einem Großteil ihrer Grundrechte zu berauben. Ein Großteil der wegen § 129 StGB erfolgten Ermittlungen führten in der Vergangenheit zu keinen Verurteilungen.
Doch auch abseits dieser aufsehenerregenden Verfahren wurde Repression gegen linke Bewegungen kritisiert. Die Antifaschistische Initiative Löbtau (A.I.L.) berichtete von einem Verfahren gegen einen Demonstrationsanmelder, der für die Nutzung von Pyrotechnik, welche auf einer von ihm angemeldeten Demonstration gezündet wurde, verantwortlich gemacht werden soll. „Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft müsste also die ganze Demonstration von der Organisator*innen selbst aufgelöst werden“, sagte der Redner. Die Ahndung von Straftaten sei aber allein Sache der Polizei. Anmelder:innen hätten lediglich die Pflicht, über Lautsprecheransagen auf die Versammlungsteilnehmer*innen einzuwirken.
Die Demonstration endete am Sitz des Oberlandesgerichtes Dresden (OLG) an der Brühlschen Terrasse, welches für die Verhandlung gegen die Beschuldigten im „Bulls Eye“-Verfahren verantwortlich ist. Die Verabschiedung wurde genutzt, um auf eine weitere Solidaritätsdemonstration am kommenden Samstag aufmerksam zu machen. Anlass dafür ist der Ausgang des Verfahrens gegen die Aktivistin Ella, die am 23. Juni wegen einer Baumbesetzungsaktion im Dannenröder Forst zu 27 Monaten Haft verurteilt worden war.
Veröffentlicht am 10. Juli 2021 um 13:30 Uhr von Redaktion in Antifa