Demonstration „Es ist immer ein Angriff auf uns alle!“
19. September 2010 - 12:05 Uhr - 3 Ergänzungen
Knapp 700 Menschen demonstrierten gestern am späten Nachmittag erneut in der Dresdner Innenstadt gegen den rechten Terror der vergangenen Monate und die Gleichgültigkeit der Politik. Seit Beginn des Jahres kam es in Sachsen zu insgesamt 14 Brandanschlägen. Ziel der Angriffe waren linke Wohnprojekte, Lokale von MigrantInnen und Autos von Menschen, die sich gegen Rechts engagieren. Nur dem Zufall ist es zu verdanken, dass bei den Anschlägen auf die bewohnten Häuser niemand verletzt oder gar getötet wurde.
Mit Transparenten, Sprechchören und zahlreichen Redebeiträgen von Betroffenen, machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Situation im Freistaat aufmerksam und riefen die Menschen am Rand der Demonstration zu mehr Zivilcourage gegen Rassismus im Alltag auf. Der Aufzug bewegte sich vom Treffpunkt am Albertplatz durch die gesamte Dresdner Altstadt bis zum Wiener Platz.
Auf halber Strecke wurde unter dem Beifall der Demonstration auf dem Dach eines Plattenbaus Feuerwerk angezündet und ein Transparent mit der Forderung nach einer „sozialen Revolution“ ausgerollt. Hier kam es zu kleineren Rangeleien, als einige Menschen die Personen auf dem Dach vor dem Zugriff der Polizei schützen wollten.
Kurz nach dem Ende der Demonstration versuchten wie so oft einige der eingesetzten Beamtinnen und Beamte die Situation zu eskalieren. Der Grund für den plötzlichen Einsatz vor dem Hauptbahnhof war nach Aussage der Polizei eine „Störung der Versammlung“. Schon während der Veranstaltung waren sie immer wieder mit willkürlichen Personalienfeststellungen und Platzverweisen gegen jugendliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefallen.
Leider ist es der Demonstration in der Kürze der Zeit nicht gelungen, über das eigene Spektrum hinaus, Menschen zur Teilnahme zu bewegen. Das zeigt aber auch die mangelnde Bereitschaft in weiten Teilen der Bevölkerung, sich öffentlich mit den Opfern rechter Gewalt zu solidarisieren. Insgesamt konnten die Demonstrierenden aber vor allem am Terrassenufer mit guten Redebeiträgen und informativen Flyern die zahlreichen Touristen der sächsischen Landeshauptstadt über die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit informieren.
Weitere Fotos der Demonstration: AKuBiZ e.V. Pirna
Veröffentlicht am 19. September 2010 um 12:05 Uhr von Redaktion in Antifa, Freiräume
Fotos: http://www.flickr.com/photos/left-press/sets/72157624987518578/
Hausprojekt RM16 sagt Begehung durch LKA ab
Das linke Wohn- und Kulturprojekt RM16 sagt aufgrund des skandalösen Verhaltens der Polizei am vergangenen Samstag eine Begehung seiner Räumlichkeiten ab.
Es war eine Begehung des Objektes durch Beamte der Soko Rex im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu dem Brandanschlag auf die RM16 im August vergangenen Jahres geplant.
Zur Begründung erklärte das Hausprojekt:
Wir verurteilen die martialische und gewaltsame – und im übrigen zumindest in dieser Form illegale – Durchsuchungs-, Beschlagnahme- und Festnahmeaktion, welche das LKA und SEK (Sondereinsatzkommando) am Abend des 19. Februar in den Räumen des „Roten Baum“ sowie der Linkspartei und einer Anwaltskanzlei durchführten.
Außerdem stellen wir fest, dass die Polizei zwar zum Schutz und zur Durchsetzung des Naziaufmarsches massiv gegen Gegendemonstrant_innen vorgegangen ist, aber gleichzeitig nicht Willens oder in der Lage war, Wohnhäuser, die bereits in der Vergangenheit Angriffsziele von Neonazis waren und deren Gefährdung dadurch bekannt war, zu schützen.
Bei dem Angriff von 200 Nazis am 19. Februar auf das Wohnhaus “Praxis” in Dresden Löbtau sahen die Besatzungen von mindestens drei unmittelbar anwesenden Streifenwagen untätig zu, während das Haus von Nazis mit Steinen beworfen wurde. (http://www.youtube.com/v/5yDT_UHupSQ)
Der Angriff dauerte etwa 10 Minuten, der Anmarsch der Nazis aus Richtung Freital war der Polizei im Vorfeld bekannt.
Sahen wir uns schon vor diesen Ereignissen vor die schwierige Entscheidung gestellt, ob wir einer Begehung unserer Räumlichkeiten im Rahmen der Ermittlungen des LKA zustimmen können, so ist es uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, unsere Türen für diejenigen zu öffnen, die Überfälle auf linke Projekte verüben oder ihnen tatenlos zusehen. Es erscheint uns höchst widersprüchlich, einerseits mit der Festnahme des Neonazis Stanley Nähse im Januar diesen Jahres den Erfolg der Polizei im Kampf gegen gewälttätige Neonazis zu feiern, andererseits jedoch eben diese in ähnlich gefährlicher Weise gewähren zu lassen. Dass die „Praxis“ bei dem Angriff am vergangenen Sonnabend nur Sachschaden nahm, ist jedenfalls nicht dem Verhalten der Polizei zuzurechen. Wie die Brandanschläge auf „Praxis“ und RM16 im vergangenen Jahr zeigen, schrecken Neonazis nicht vor Mordversuchen auf politische Gegner zurück.
Wir fordern die Sächsische Landespolizei auf, zu den genannten Vorfällen, insbesondere zu dem Verhalten der beteiligten Beamten, Stellung zu beziehen. Im Übrigen erwarten wir, dass die Täter auch ohne die Kooperation der Betroffenen ermittelt werden. Damit meinen wir ausdrücklich auch die beteiligten Polizeibeamten.
http://kneipentreff.blogsome.com/2011/02/22/hausprojekt-sagt-begehung-durch-lka-ab/