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Auswirkung der Finanzkrise erreicht Dresden

15. Januar 2010 - 22:58 Uhr - 2 Ergänzungen

Mit etwas Verzögerung hat die weltweite Wirtschaftskrise nun auch den Stadthaushalt von Dresden erreicht. Auf einer Klausurtagung in Bad Schandau musste Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) am vergangenen Wochenende feststellen, dass Dresden in den kommenden beiden Jahren offenbar 200 Millionen Euro fehlen. Grund dafür sind zum einen die spätestens seit September bekannten sinkenden Zuweisungen aus dem Landeshaushalt und zum anderen stark zurückgehende Gewerbesteuereinnahmen. (Erklärung der Oberbürgermeisterin gegenüber Dresden Fernsehen)

Die Oberbürgermeisterin forderte daraufhin die sieben Fachbürgermeister der Stadt auf, die Investitionen für 2010 und 2011 zu überprüfen. Bis März soll dann geklärt sein, welche Projekte verschoben werden müssen. Woher Stadtchefin Helma Orosz allerdings den Optimismus nimmt, dass sich die Situation bis 2012 verbessern wird, ist ebenso unklar, wie die interne Liste der Stadt zu den geplanten Streichungen.

Kürzungen werden und das steht bereits fest, vor allem die Sanierungspläne der städtischen Infrastruktur treffen. So soll etwa der seit fast einem Jahrzehnt geplante Ausbau der Königsbrücker Straße vorerst auf Eis gelegt werden, da die dafür notwendigen Mittel im Stadthaushalt in den kommenden beiden Jahren nicht zur Verfügung stehen. Neben Kürzungen im Straßenbau sind aber auch die Dresdner Verkehrsbetriebe von den Sparmaßnahmen betroffen. Im Rathaus wird geplant, die Eintrittspreise für Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie etwa Schwimmbäder, Sportstätten, Theater und den Zoo zu erhöhen; Vereine müssen in den kommenden Jahren damit rechnen, weniger bzw. gar keine Zuschüsse mehr zu bekommen. Betroffen von den Einsparungen sind auch die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, deren Generaldirektor Martin Roth bereits Schließungen von kleineren Museen angekündigt hat.

Festhalten möchte die Stadt an bereits beschlossenen mehrere Millionen Euro teuren Großprojekten wie der umstrittenen Modernisierung des Kulturpalastes und dem Umbau des Heizkraftwerks Mitte zum Standort für Operette und das Theater Junge Generation. Prognosen aufzustellen, wo in Dresden in Zukunft gespart werden wird, ist schwierig. Ein Vergleich lässt sich am ehesten an der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt anstellen. Dort soll es in Anbetracht eines Haushaltlochs von 40 Millionen Euro in diesem Jahr zu massiven Einsparungen in den Bereichen Kultur, Bildung und Soziales kommen. Betroffen sind 15% des Etats kommunaler Kulturprojekte, 25% im Bereich der Jugendförderung und in der Familien-, Senioren- und Behindertenarbeit sogar bis zu 50%. Obwohl das Beispiel zeigt, wie schnell der kulturelle und sozialpolitische Supergau auch besonders viele kleinere Projekte in Dresden treffen könnte, ist es in der sächsischen Landeshauptstadt bis jetzt erstaunlich ruhig.

Das Beispiel WOBA-Verkauf zeigt, wie schnell politische Entscheidungsträger der Stadt gewillt sind, notwendige Verantwortung für sozial benachteiligte Menschen abzugeben. Vor vier Jahren hatte der Stadtrat der sächsischen Landeshauptstadt mit Stimmen aus dem Lager der Linken dem Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBA GmbH für rund 982 Millionen Euro an die amerikanische Investmentgesellschaft Fortress Investment Group zugestimmt und war auf einen Schlag zur ersten schuldenfreien deutschen Großstadt geworden. Doch zu welchem Preis?

Regional und überregional war der Verkauf auf breiten Widerstand gestoßen. Beispiele aus Städten wie Berlin haben gezeigt, dass neben Entlassungen mit dem Verkauf kommunaler Wohnungsgesellschaften an private Investorengruppen fast immer auch deutliche Mieterhöhungen verbunden waren. Aus diesem Grund hat sich Dresden vertraglich bis 2026 so genannte „Belegungsrechte“ für 8.000 der 48.000 verkauften Wohnungen gesichert. Die Klausel ist Bestandteil einer „Sozialcharta“, in der u.a. Mieterhöhungen auf jährlich maximal drei Prozent begrenzt werden. Diese vertraglich festgelegte maximale Mieterhöhung bezieht sich allerdings auf den Gesamtbestand, nicht auf jede Wohnung. Einzelne Wohnungen in Gegenden mit durchschnittlich höheren Mieten können aus diesem Grund sehr schnell teurer werden. Letztendlich führt das genau zum Gegenteil dessen, was als sozialpolitische Stadtentwicklung bezeichnet wird.

Die WOBA hatte einen hohen Anteil an Sozialwohnungen und Wohnungen für einkommensschwache Familien. Gleichzeitig war sie Dresdens größter Anbieter preiswerter Wohnungen und hatte damit die wichtige Funktion, die sozialpolitische Entwicklung einzelner Stadtteile gezielt zu fördern, um sozialen Brennpunkten vorzubeugen. Durch den Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft konnte zwar kurzfristig das Defizit im Haushalt ausgeglichen und Schulden abgebaut werden, dennoch fehlen der Stadt nun längerfristig die Millionen, die die WOBA jährlich an Gewinn erwirtschaften konnte.

Nach Angaben des deutschen Immobilienverbandes sind in Dresden die durchschnittlichen Kaltmieten seit 2005 um 20% gestiegen. Mit Ausnahme von Plattenbauwohnungen in einfachen Lagen war ein Anstieg von jährlich etwa vier Prozent zu verzeichnen. Am höchsten seien die Steigerungen mit mehr als 30% bei Altbauwohnungen, die nach 1948 gebaut wurden. In Dresden sank die Leerstandsquote von unvermieteten Immobilien seit 2001 um ca. 6%. Ein Grund liegt nicht nur in der stetig steigenden Einwohnerzahl, sondern auch im staatlich geförderten Abriss leerstehender Wohnungen. Für den Rückbau hat der Freistaat Sachsen seit 2000 mehr als 475 Millionen ausgegeben. (Eine äußerst umfangreiche und lesenswerte Magisterarbeit zu diesem Thema findet ihr hier: cultiv.net)

Der neue Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) hat in seiner ersten Rede im neuen Jahr von den Abgeordneten mehr Anstand gefordert, denn Politiker sollten ihrer gesellschaftlichen Vorbildrolle gerecht werden. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum sich nicht nur die neu gewählten Stadträte in Dresden die Bezüge erhöhen wollen, sondern warum bei allen sächsischen Landtagsabgeordneten zum Jahreswechsel die Diäten um 354 Euro angehoben wurden. Im Laufe des Jahres soll dann noch ein zweiter Anstieg der Diäten um 223 Euro erfolgen. Wie das mit der aktuell prekären finanziellen Situation in Sachsens Städten und Gemeinden zusammenpasst, bleibt wie so oft ein Geheimnis.

Nicht ganz so gut sieht es für Menschen am unteren Ende unserer Gesellschaft aus, nach den gestiegenen Preisen für den öffentlichen Personen- und Nahverkehr im Herbst des Jahres, sind im Dezember nach Angaben des statistischen Bundesamts auch die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr um 1% gestiegen. Die Preise für Kraftstoffe lagen demnach knapp 13% über denen des Vorjahres. Auch die Drewag hat angekündigt, zum März die Preise für Strom um mehr als 9% anzuheben. Es sieht so aus, als ob von den Auswirkungen der Krise besonders die Menschen betroffen sind, die ohnehin mit dem wenigstens Geld im Monat auskommen müssen. Die so genannten Leistungträger der Gesellschaft jedenfalls wird die Krise nicht im gleichen Ausmaß treffen, mit milliardenschweren Steuererleichterungen gerade für Besserverdienende hatte die neue Koalition aus CDU und FDP eines ihrer wichtigsten Wahlversprechen eingelöst.


Veröffentlicht am 15. Januar 2010 um 22:58 Uhr von Redaktion in News, Soziales

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