Antifa

Status Quo: „Breitere Bündnisse auf Basis eines antifaschistischen Grundkonsens gegen die AfD aufbauen.“

7. September 2020 - 15:04 Uhr - Eine Ergänzung

Ein Debattenbeitrag der Anifaschistischen Initative Löbtau

Status Quo ist eine Debatten-Reihe über unterschiedliche Themen, in welcher linke, emanzipatorische sowie progressive Gruppen Beiträge und Analysen veröffentlichen.

Welche Probleme und Veränderungen mit der AfD als stärkste Oppositionskraft in Sachsen seht ihr?

Als antifaschistische Stadtteilinitiative liegt unser Fokus weniger auf der AfD im Landtag, als auf ihrer Präsenz im Stadtrat bzw. Stadtbezirksbeirat. Obgleich die AfD bei den Kommunalwahlen im Stadtteil als stärkste Kraft hervorging, ist der politische Output der Partei im Stadtteil als gering einzuschätzen. Ein relevanter Akteur ist hier der Neonazi Andreas Harlaß, Pressesprecher der AfD Sachsen und ihrer Landtagsfraktion. 2019 kandidierte er selbst im Wahlkreis Dresden 6 für den Landtag und verkündete, ein AfD-Stadtteilbüro eröffnen zu wollen. Da er kein Mandat ergattern konnte, blieb diese Ankündigung heiße Luft. Anstelle eigener Räume ist daher das Haus der Burschenschaft Arminia der lokale Bezugspunkt für die rechte Partei und ihre Jungendorganisation ‘Junge Alternative’. In den Räumlichkeiten auf der Kesselsdorfer Straße 55 finden gelegentlich interne Veranstaltungen statt, die dienen als Scharnier zwischen Konservativen, AfD und der extremen Rechten, darunter den Identitären in Dresden.

Nach der Wahlkampfzeit waren kaum öffentlichen Veranstaltungen der AfD in Löbtau zu verzeichnen. Hauptsächlich tritt das Personal der AfD auf Facebook auf, neben der üblichen rechtspopulistischen Stimmungsmache wird dabei auch regelmäßig Bezug auf Aktionen der Antifaschistischen Initiative Löbtau genommen. Ihre Reaktionen auf Stadtteilarbeit aus dem antifaschistischen Spektrum sind natürlich ein Indikator dafür, dass sie um die Existenz progressiver antifaschistischer Gruppierungen wissen, dem jedoch keine eigenen Inhalte entgegensetzen können.

Welche Rezepte habt ihr im Umgang mit der AfD und was ist das beste Rezept die AfD zu bekämpfen? Welche waren wirksam und welche haben ihrZiel verfehlt?

Generell legen wir bei unserer politischen Arbeit Wert darauf, uns nicht in ständigen Reaktionen an den immer wieder neuen Provokationen der AfD abzuarbeiten, sondern eigene Schwerpunkte zu setzen. Zu Themen wie Stadtteilentwicklung und Wohnungsmarkt, Selbstorganisation, Antisexismus etc. bringen wir unsere Inhalte ein und stellen sie denen der AfD entgegen. Für die perspektivische politische Arbeit ist es dennoch wichtig, die Partei zu beobachten und die von ihr ausgehenden Gefahren zu thematisieren. Wohl ist die AfD zum derzeitigen Stand nicht in der Lage, intensive Stadtteilarbeit zu leisten, es besteht jedoch die Befürchtung, dass es aber künftig zu einer Professionalisierung und Institutionalisierung der Strukturen kommen könnte. Dem entgegenzusetzen ist ein milieuübergreifender antifaschistischer Konsens gegenüber der extrem rechten Bewegung und der AfD als ihrer momentan stärksten parlamentarischen Kraft. Wir arbeiten daran, flächendeckende Bündnisse auszubauen, versuchen Kontakte ins bürgerliche oder parteiliche Spektrum zu knüpfen und die Strukturen, Kontakte und Taktiken der AfD offenzulegen und dies doch von unseren Schwerpunkten und nicht von der Existenz der AfD abhängig zu machen.

Eines unsere Konzepte, und zwar breitere Bündnisse auf Basis eines antifaschistischen Grundkonsens‘ gegen die AfD aufzubauen, hat bisher recht gut funktioniert. Vor allem beim „Stadtteilfest“ des Restaurants Mephisto, wo die AfD als Hauptsponsor aufgetreten ist, konnten wir viele Mitstreiter*innen gewinnen. Dies führte dazu, dass einige Bands ihre Teilnahme an dem Fest absagten. Desweiteren versuchen wir, unsere eigenen progressiven Inhalte mit dem Kampf gegen die AfD zu verbinden. So ist ein Teil, die AfD inhaltlich zu kritisieren, aber auch konkrete emanzipatorische Handlungsoptionen zu liefern und damit der Partei den Agitationsraum zu nehmen. Dass die AfD z.B. auf die Straßenumbenennung der Columbusstraße auf Facebook sauer reagiert hat, war für uns ein Erfolg. Sie musste auf unsere Inhalte reagieren und nicht andersherum. Oder auch die inhaltliche Arbeit mit dem „Recht auf Stadt“ Bündnis im Zuge einer Veranstaltung im Mephisto zum Thema Wohnungsmarkt. Hier offen zu legen, dass die Pläne der AfD nicht über die neoliberale Logik hinaus gehen und dagegen unsere eigenen Vorschläge zur Kommunalisierung des Wohnungsmarktes zu liefern, hat uns viele Sympathien eingebracht. Sich nur auf die AfD zu beziehen, schärft das eigene Profil nicht. Trotzdessen müssen wir auch leider immer wieder feststellen, dass die eigenen Handlungen nur einen geringen Einfluss auf konkrete politische Entwicklungen haben. So ließ sich nicht feststellen, ob unsere Bemühungen im Vorfeld des Wahlkampfes einen wirklich Einfluss auf das Wahlverhalten hatte. Hier können wir nur offen, das eine langfristige Arbeit den entsprechenden Erfolg bringt.

Jenseits der direkten parlamentarischen Arbeit, welchen direkter Bezug auf euer Politikfeld hat die AfD und wie beeinflusst sie dieses? Welche Gefahren und Verschiebungen haben hier durch die AfD stattgefunden?

Als Antifaschist*innen hat die AfD natürlich schon alleine durch ihre Existenz Einfluss auf unsere politische Arbeit. Die Partei versucht anhaltend, antifeministische, rassistische und hierarchische Strukturen weiter zu etablieren und in die Stadt zu tragen. Das wollen wir versuchen zu verhindern, auch wenn uns bewusst ist, dass die (rechts-)konservative Basis in Dresden (z.B. durch CDU, Freie Wähler und FDP) ein wesentliches Fundament für den Erfolg der Partei bietet. Das werden wir auch nicht aus dem Auge verlieren und weiterhin kritisieren. Im Landtag versucht die AfD immer wieder, „die Antifa“ anzugreifen und verbieten zu lassen. Auch hat der Erfolg von PEGIDA und der AfD dazu geführt, dass rechte Positionen wesentlich selbstbewusster auch öffentlich geäußert werden. So hat sich z.B. die Hemmschwelle, rassistische und antifeministische Äußerungen im öffentlichen Raum zu verbreiten, massiv verschoben. Diese Verschiebung wollen wir thematisieren und sichtbar machen. Wir möchten dazu aufrufen, diesen meist verbalen, teils auch physischen Angriffen und jederzeit selbstbewusst zu widersprechen. Dabei bewegen wir uns ständig im Zwiespalt, der Partei nicht eine unnötig große Aufmerksamkeit zu geben. Wir werden deswegen auch weiterhin, neben der Thematisierung der AfD, auch unsere eigenen Inhalte und Themen bearbeiten.


Veröffentlicht am 7. September 2020 um 15:04 Uhr von Redaktion in Antifa

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