Fragwürdige Polizeieinsätze bei „Critical-Mass“ in Dresden
9. August 2020 - 13:13 Uhr
Während die Dresdner CDU Umerziehungsunterricht für Fahrradfahrende bei Oberbürgermeister Hilbert beantragt, kriminalisiert die Polizei derweil weiter Fahrradfahrende und versucht sie durch mehr als fragwürdige Maßnahmen einzuschüchtern. Wie an jedem letzten Freitag im Monat startete auch am 31. Juli eine Critical Mass am Skatepark Lingnerallee in Dresden. Knapp 100 Radelnde folgten dem Aufruf in den sozialen Netzwerken und starteten ihre Runde in Richtung des wenige Kilometer von Dresden entfernte Coswig. Vorbei führte die insgesamt 41 Kilometer lange Strecke an jenem Punkt auf der Weinböhlaer Straße, an dem am 27. Juli eine 47 Jahre alte Radfahrerin durch einen rechtsabbiegenden Lkw tödlich verunglückte. Wie an anderen Orten auch, erinnert inzwischen ein Ghostbike an den folgenschweren Unfall.
Wie ein Teilnehmer gegenüber addn.me mitteilte, sicherte auf dem Rückweg nach Dresden die Polizei ab Coswig den Fahrradkonvoi zunächst am hinteren Ende ab. In Dresden angekommen, zwangen eingesetzte Polizeikräfte die verbliebenen 20 Personen unter Androhung einer Personalienfeststellung aller zur Anmeldung einer Versammlung. Warum eine Ansammlung von Fahrradfahrer:innen direkt eine Meinungskundgabe darstellt, blieb allerdings offen. Fahren 16 oder mehr Personen mit dem Rad als Verband im Straßenverkehr, gelten laut Straßenverkehrsordnung (StVO) Sonderrechte. Auf rot schaltende Ampeln dürfen beispielsweise vom Rest des Verbands passiert werden. Es besteht kein Benutzungszwang des Radwegs, sofern dieser überhaupt vorhanden ist und sogar das Fahren von zwei Personen nebeneinander auf einer Fahrspur ist zulässig.
Auch von der Critical Mass im Monat Juni schilderten Teilnehmer:innen ähnliche Szenen. Dabei stellte die Polizei mehrere Personalien von Radfahrer:innen fest, welche während Fahrt „gekorkt“ hatten. Korken bezeichnet das Absichern des Fahrradkonvois durch Warten in Kreuzungsbereichen. In Nürnberg spielten sich vergangene Woche fast zeitgleich noch absurdere Szenen ab. Am dortigen Critical Mass-Treffpunkt wartende Radfahrer:innen erhielten Platzweise. Der sich dennoch in Bewegung gesetzte Fahrradkonvoi wurde von Mannschaftswagen mit waghalsigen Manövern überholt. Später lüftete die Polizei an mehreren Fahrrädern die Schläuche, um eine Weiterfahrt zu unterbinden. In Dresden steht die nächste Critical Mass am Abend des 28. August am Skatepark Lingnerallee an, ob die Polizei auch an diesem Tag wieder aktiv werden wird, wird sich zeigen.
Bild: https://twitter.com/criticalmassdd/status/1289318481721204742/photo/2
Veröffentlicht am 9. August 2020 um 13:13 Uhr von Redaktion in Ökologie