Wieder etliche rechte Veranstaltungen in Sachsen
14. September 2015 - 17:41 Uhr
In der vergangenen Woche gab es in Sachsen erneut mehrere rechte Kundgebungen und Demonstration, auf denen nicht nur gegen die Unterbringung von Asylsuchenden gehetzt, sondern auch gegen die politisch Verantwortliche gewettert wurde. Erfreulich war, dass zumindest die vor dem neuen Zeltlager hinter dem Dresdner Hauptbahnhof angekündigte Nazi-Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Am Samstagnachmittag feierten bei tollem Wetter mehr als zweihundert Menschen ein durch die Aktionsgemeinschaft für Kinder- und Frauenrechte (Akifra) kurzfristig organisiertes Willkommenspicknick für die in der Offizierschule des Heeres untergebrachten Asylsuchenden im Neustädter Alaunpark. Während es am Mittwoch in Dresden zu vergleichsweise großen Protesten mit mehreren hundert Menschen kam, blieben in Heidenau, Freital und Riesa Gegenproteste gänzlich aus. Lediglich in Grünhain-Beierfeld hatten sich am Samstag rund 70 Menschen zum Schutz vor einer Unterkunft für Asylsuchende eingefunden, nachdem in der erzgebirgischen Kleinstadt etwa 300 Menschen gegen das Heim protestiert hatten.
Viele Menschen, vor allem Familien, im Alaunpark in #Dresden zu einem Willkommensfest m Geflüchteten #refugeeswelcome pic.twitter.com/Z8omTswhKa
— Straßengezwitscher (@streetcoverage) 12. September 2015
Die zahlenmäßig größte Veranstaltung fand gleich zu Wochenbeginn in Dresden statt. An der PEGIDA-Kundgebung auf dem Dresdner Neumarkt und dem anschließenden Abendspaziergang durch die Altstadt beteiligten sich nach Zählungen ähnlich wie vor zwei Wochen knapp 4.700 Menschen. In seiner Auftaktrede griff Lutz Bachmann erneut die derzeitige europäische Politik als „gescheitert“ an und forderte unter dem Beifall seines Publikums eine Abkehr von den Vereinigten Staaten, hin zu einer gemeinsamen Politik mit „starken, souveränen und selbstbestimmten Völkern“. Sowohl Ungarn, als auch Tschechien, Polen und die Slowakei hatten sich in der jüngeren Zeit geweigert, geflüchtete Menschen muslimischen Glaubens aufzunehmen. Seiner Ansicht nach sollten muslimische Menschen in ihren Herkunftsländern für eine Reformation des Islam auf die Straße gehen. Zudem verwies er in seiner Rede auf einige durch die Politik in den letzten Tagen umgesetzte Maßnahmen als Beleg dafür, dass die Forderungen von PEGIDA inzwischen durch die Politik vereinnahmt würden. Zum Abschluss lud Bachmann für den 1. Jahrestag von PEGIDA am 19. Oktober Marine Le Pen, Viktor Orbán und Heinz-Christian Strache nach Dresden ein.
Danach griff ein Winfried Wenzel aus „Ostpreußen“ in einem von ihm selbst verlesenen offenen Brief unter dem tosenden Applaus der Menge Bundespräsident Joachim Gauck an. Darin zeigte er sich erzürnt über die „beleidigenden“ Vergleiche von den nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vertriebenen Menschen mit den geflüchteten Menschen in der heutigen Zeit. Nach einer schweigsamen Runde durch die Altstadt hetzte abschließend noch einmal die ehemalige Kandidatin für die Wahlen zum Dresdner Stadtoberhaupt, Tatjana Festerling, gegen Politik, Linke und Medien. In ihrer immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochenen Rede warnte sie angesichts einer „ungesteuerten Asylflutung“ vor „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ in Deutschland und verglich die neu geschaffenen Zeltlager mit den Konzentrationslagern der Nazis. Der Regierung und Bundeskanzlerin Angela Merkel warf sie vor, mit „psychologischer Kriegsführung“ Probleme zu verharmlosen, so würde es hierzulande mittlerweile „ethnisch scharf abgegrenzte Parallelgesellschaften und No-Go-Areas“ geben, in die sich nicht einmal die Polizei trauen würde. Ihrer Meinung nach sei der Erfolg von PEGIDA in Dresden vielleicht darauf zurückzuführen, dass hier die „Kulturleistungen unserer Vorfahren” noch präsent und der „Geist der Deutschen“ noch immer spürbar sei: „So lange Dresden steht, so lange ist nichts verloren“.
Vor dem Hintergrund einer auf der Schnorrstraße neu eingerichteten Zeltlagers für mehrere hundert Menschen, hatten für den 9. September Dresdner Nazis über Facebook zu spontanen Protesten gegen „Asylmissbrauch und Antifagelumpe“ aufgerufen. Um Vorfälle wie auf der Bremer Straße Ende Juli zu verhindern, versammelten sich am frühen Abend etwa 300 Menschen unmittelbar vor dem Zeltlager, um damit ihre Solidarität mit den notdürftig untergebrachten Menschen zu zeigen. Abgesehen von einigen Böllerwürfen in der näheren Umgebung und einzelnen Personalienfeststellungen in den umliegenden Straßen durch die Polizei, blieb es am Tag selbst insgesamt ruhig. Wenige Stunden zuvor hatte der NPD-Stadtratsabgeordnete Hartmut Krien zusammen mit rund 100 Menschen im Dresdner Stadtteil Leuben gegen die Unterbringung von 168 Asylsuchenden in einem ehemaligen Arbeiterwohnheim in der Försterlingstraße protestiert. Später nahmen einige von ihnen noch an einer öffentlichen Sitzung des Ortsbeirats in Altleuben teil, auf der die Unterbringung mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung diskutiert und mit zehn Ja-Stimmen schließlich auch beschlossen wurde. Während sich Michael Kater von der AfD ebenso wie Hartmut Krien (NPD) gegen den Standort aussprachen, enthielten sich Erhard Kunte (CDU) und Matteo Böhme von der FDP.
Ebenfalls am Mittwoch waren 200 Menschen einem Aufruf der NPD gefolgt und hatten in Riesa gegen Asylmissbrauch demonstriert. Grund für die zweite Versammlung innerhalb weniger Wochen waren bekannt gewordene Pläne der Landesregierung, die im Landkreis vorgesehenen Kapazitäten für die Unterbringung von geflüchteten Menschen deutlich zu erhöhen. Auf Plakaten wurde dazu aufgerufen, „Deutschenhasser, Asyl-Mafia und Politiker-Pack in Gulacks“ einzusperren. Neben dem Dresdner Stadtratsabgeordneten Jens Baur (NPD) beteiligte sich auch der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel und der Meißner Kreisrat Peter Schreiber an der Veranstaltung, die mit dem Singen eines Liedes ohne Störungen endete. Anders als noch im August, hatte es am Mittwoch keine Gegenproteste gegeben. Mit einer Plakataktion auf der Hauptstraße hatte das Aktionsbündnis Riesaer Appell gegen den Aufmarsch protestiert.
Zu einer rechten Demonstration in Freital versammelten sich am Donnerstag rund 200 Menschen. Gemeinsam mit PEGIDA-Anwalt Jens Lorek zogen sie durch den Ort, feierten die Ereignisse von Heidenau und forderten unter anderem die Rückkehr zu nationalen Währungen. Am Rande der Demonstration kam es dabei mehrfach zu Handgreiflichkeiten und Drohungen gegen Presseleute, die daraufhin aus Sicherheitsgründen ihre Berichterstattung abbrechen mussten. Ob die der Polizei am Abend gemeldeten Eierwürfe auf das Freitaler Rathaus mit der Demonstration in einem Zusammenhang standen, konnte die Polizei nicht sagen, Sachschaden entstand dabei nicht. Tags darauf waren es etwa 150 Menschen, die in Heidenau gemeinsam mit Lorek vom Platz der Freiheit bis zum Rathaus zogen. Abgesehen von vereinzelten Hitlergrüßen und rechten Parolen blieb es bei der Demonstration an diesem Tag ruhig. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befanden sich neben NPD-Mann Rico Rentzsch auch zahlreiche bekannte Gesichter von PEGIDA. Zuvor war auf Grund der Demonstration ein bei Kindern und Familien gleichermaßen beliebter Sternmarsch zum Abschluss der Freibadsaison aus „organisatorischen Gründen“ abgesagt worden.
Aufgrund der Bedrohungslage brechen wir die Liveberichterstattung aus Sicherheitsgründen ab. #Freital #Sachsen
— Straßengezwitscher (@streetcoverage) 10. September 2015
Auch in dieser Woche sind in Sachsen wieder mehrere rechte Veranstaltungen geplant. Neben dem allwöchentlichen PEGIDA-Aufmarsch am Montag, ruft die Dresdner NPD für Dienstag zu einer Kundgebung in der Nähe zur neuen Zeltstadt in der Südvorstadt auf. Parallel dazu ruft das „Bürgerkomitee Rödertal“ am gleichen Tag zu einer Kundgebung um 19 Uhr in Großröhrsdorf auf. Am Mittwoch will die „Initiative Heimatschutz“ in den Abendstunden durch Meißen ziehen; ihr Treffpunkt ist um 19 Uhr die Neugasse in der historischen Altstadt. Am Tag darauf hat in Freital die neu gegründete rechte Gruppierung „Europa 2.0“ erneut eine Demonstration angemeldet. Das Ziel der Veranstaltung ist wie schon in der vergangenen Woche der Platz des Handwerks vor dem Freitaler Rathaus. Für Freitag den 18. September ruft eine NPD-nahe Initiative aus Plauen zu einer Kundgebung in der Innenstadt auf. Unter dem Motto: „Plauen wehrt sich – Schluß mit Asylmißbrauch und Überfremdung“ wurden dazu der Dresdner NPD-Stadtrat Jens Baur und der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete Arne Schimmer als Redner angekündigt.
Veröffentlicht am 14. September 2015 um 17:41 Uhr von Redaktion in Nazis