Nazis

Zahl der Angriffe auf Asylsuchendenheime steigt – Sachsen ist Spitzenreiter

4. März 2014 - 22:12 Uhr

Wie die taz mit Berufung auf vorliegende Zahlen des Bundeskriminalamt (BKA) berichtet, ist im vergangenen Jahr die Zahl der Übergriffe auf Asylunterkünfte in Deutschland deutlich angestiegen. Während das BKA für 2012 noch 24 Übergriffe zählte, waren es im Jahr darauf bereits 58. Spitzenreiter ist demnach der Freistaat Sachsen, wo sich mindestens ein Dutzend der Taten ereigneten. Das 2013 gestartete Dokumentationsarchiv „Monitoring Agitation Against Refugees in Germany“ (M.A.A.R.), welches wie Flüchtlingsorganisationen von einer hohen Dunkelziffer ausgeht, zählte im gleichen Zeitraum bundesweit mehr als 100 Fälle. Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, rassistische Aktionen und rechtsmotivierte Übergriffe gegenüber Geflüchteten zu dokumentieren.

Eingebettet in eine deutliche Zunahme rechter Übergriffe in Sachsen, stellen Angriffe gegen Einrichtungen für Asylsuchende nur die Spitze des Eisberges dar. An vielen Orten gelingt es organisierten Nazis immer wieder, teilweise mehrere hundert Menschen zu Mahnwachen und Aufmärschen zu mobilisieren. So demonstrierten beispielsweise im November in Schneeberg über 1.000 Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Mitgliedern der NPD gegen eine für 300 Personen ausgelegte Außenstelle der Chemnitzer Erstaufnahmeeinrichtung. Auch in kleineren Städten, wie Rötha oder Borna, versuchen Nazis zum Teil erfolgreich an bürgerliche Ressentiments anzuknüpfen, um zusammen mit der Bevölkerung Stimmung gegen Asylsuchende zu machen.

Erst Ende Januar waren ca. 120 Menschen einem Aufruf zweier Bürgerinitiativen gefolgt und hatten im Chemnitzer Stadtteil Ebersdorf gegen die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Sachsen protestiert. Wenige Stunden später kam es in Schneeberg erneut zu einer Demonstration unter der Leitung des NPD-Funktionärs Stefan Hartung. An diesem Tag zogen zum wiederholten Mal etwa 250 Menschen mit Fackeln durch die Erzgebirgsstadt. Zeitgleich protestierte die NPD im 30 Kilometer von Leipzig entfernten Borna vor einem von Asylsuchenden bewohnten Gasthof. Der Hintergrund der Proteste sind zahlreiche von der NPD ins Leben gerufene Initiativen und Facebookgruppen, in denen an neuen Standorten immer wieder gegen Geflüchtete gehetzt wird. Zugleich wird anhand einer Reihe von Brandanschlägen und Übergriffen deutlich, welche Konsequenzen die rassistische Hetze für die Betroffenen hat.

Gegenüber der taz kritisierte der Geschäftsführer der Opferberatung des RAA Sachsen e.V., Robert Kusche, die mediale und politische Stimmungsmache gegenüber Flüchtlingen. „Es liegt nahe“, so Kusche, „dass die Angreifer die rassistischen Reden der letzten Monate als Legitimation sehen.“ Er berichtete, dass inzwischen nicht nur jene Menschen, die aus Bürgerkriegsgebieten nach Deutschland kommen „in eine Bedrohungslage geraten“, sondern sich auch in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten oft nicht mehr sicher fühlten. Kritik kam auch von Günter Burkhardt von der Menschenrechtsorganisation „Pro Asyl“. In Anbetracht der von ihm beobachteten Diskussionen bei der Eröffnung von Asylunterkünften forderte er die Politik zu einem klaren Bekenntnis zu den Menschenrechten und zum Recht auf Asyl auf. Alles andere, so der Geschäftsführer von „Pro Asyl“ weiter, sei eine „Ablehnung von Grundrechten“.

Eine Sprecherin des Innenministeriums verurteilte die „Agitation gegen Asylbewerber“ und verwies auf das nach dem NSU-Versagen neu geschaffene „Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechts“, welches Informationen austauschen und Behörden vor Ort sensibilisieren soll. Das Ziel ihrer Behörde sei es, jede Straftat konsequent zu verfolgen. In Hinblick auf die Europa- und Kommunalwahlen im Mai und auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst sei davon auszugehen, dass für die rechte Szene das Thema auch 2014 ein „zentrales Agitationsthema“ bleiben wird, um damit auch „das nichtextremistische, bürgerliche Spektrum“ zu erreichen.

Video zum Thema: NPD organisiert Widerstand gegen Asylberwerberheime


Veröffentlicht am 4. März 2014 um 22:12 Uhr von Redaktion in Nazis

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