Dresdner Ermittlungsbehörden angezeigt
17. Dezember 2011 - 11:34 Uhr - 3 Ergänzungen
Der Anwalt des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König hat die Ermittlungsbehörden in Sachsen wegen Beleidigung und Verfolgung Unschuldiger angezeigt. In Auszügen aus den vorliegenden Ermittlungsakten war einer der Beschuldigten im Verfahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung von den Beamten als „afroamerikanisch/europäischer Mischling mit dementsprechender brauner Hautfarbe“ bezeichnet worden. Die Begrifflichkeiten würden an nationalsozialistische Rassegesetze erinnern und weder Staatsanwaltschaft, noch die mit der Sache betrauten Ermittlungsrichterin hätten die Wortwahl kritisiert, so der Rechtsanwalt von Lothar König in der Begründung für seine Anzeige wegen Beleidigung.
Gegen König hatte die Staatsanwaltschaft Anfang Dezember eine Klage vor dem Dresdner Amtsgericht wegen schweren Landfriedensbruchs eingereicht. Der Pfarrer soll am 19. Februar aus einem von ihm gesteuerten blauen VW-Bus heraus, „ständig gegen die Polizeibeamten gehetzt“ haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, „Musik mit aggressiven, anheizenden Rhythmen“ gespielt zu haben. Vom Lautsprecherwagen aus soll das Lied „Keine Macht für Niemand!“ der 70er Jahre Kultband „Ton Steine Scherben“ gespielt worden sein. Die Ermittler glauben, dass der Bus als „Führungszentrale“ der gewaltbereiten Szene fungiert haben soll. Im Fall einer Verurteilung droht dem Pfarrer eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
Mehrere Menschen haben sich inzwischen mit einem offenen Brief gegen die Kriminalisierung Lothar Königs gewandt. In dem von zahlreichen bundesdeutschen Prominenten und DDR-Bürgerrechtlern unterschriebenen Schreiben heißt es, dass Demokratie nur „durch die tätige Teilnahme aller am Meinungsbildungsprozess“ aufrecht zu erhalten sei. Das Beispiel zeige, dass der Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen „als Angriff“ empfunden und bekämpft wird. Auch etliche Fraktionen im Thüringer Landtag schlossen sich den Vorwürfen an. So sei bisher nicht zu erkennen, dass die sächsischen Ermittlungsbehörden „mit gleicher Intensität Neonazis verfolgen“. Diese hatten am 19. Februar unter den Augen der Polizei ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Löbtau angegriffen, welches ein halbes Jahr zuvor schon Ziel eines rechten Brandanschlags geworden war. Bis heute wurde keiner der zum Teil namentlich bekannten Täter vor Gericht gestellt.
Begonnen hatten die Ermittlungsmaßnahmen am 5. Februar diesen Jahres auf dem Dresdner Heidefriedhof. Dort soll nach Angaben der Süddeutschen Zeitung ein Besuch der linken Landtagsabgeordneten Katharina König „mittels Personenüberwachung minutiös“ überwacht worden sein. Da gegen die Abgeordnete der Linken und Tochter von Lothar König wegen ihres Landtagsmandats nicht so einfach ermittelt werden konnte, hätten die Ermittler Anfang Februar damit begonnen, den Pfarrer zu observieren. Nachdem ein auf ihn angemeldetes Telefon in eine Telefonüberwachung geriet, wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung eröffnet. Dazu hatten sächsische Einsatzkräfte im August, also knapp ein halbes Jahr nach dem Besuch seiner Tochter auf dem Heidefriedhof, seine Wohnung in Jena durchsucht und den Lautsprecherwagen der JG Stadtmitte beschlagnahmt.
Veröffentlicht am 17. Dezember 2011 um 11:34 Uhr von Redaktion in Antifa