Reaktionen auf die Durchsuchung bei Pfarrer Lothar König
12. August 2011 - 09:01 Uhr - 2 Ergänzungen
Vor der Dresdner Staatsanwaltschaft versammelten sich am Donnerstagnachmittag ungefähr 80 Menschen um ihren Unmut und ihr Unverständnis zu äußern. Sie forderten eine Einstellung der Verfahren wegen der angeblichen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und protestierten gegen die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements in Sachsen. Vom Landgericht zogen einige der Kundgebungsteilnehmer_innen später spontan über die Albertbrücke zum Alaunplatz. Grund war die Razzia am Mittwoch im thüringischem Jena beim dortigen Stadtjugendpfarrer Lothar König.
Diesem wird neben der Mitgliedschaft in einer kriminiellen Vereinigung, die in Sachsen Jagd auf Nazis gemacht haben soll, „aufwieglerischer Landfriedensbruch“ vorgeworfen. So soll aus einer spontan angemeldeten Demonstration am 19. Februar in Dresden zu Steinwürfen aufgerufen worden sein. Am Abend nach der Razzia versammelten sich in Jena etwa 500 Personen und zeigten ihre Solidarität mit dem Jenaer Stadtjugendpfarrer. Der Jenaer Oberbürgermeister sagte auf der Kundgebung vor dem Jugendpfarramt: „Ich stehe heute hier neben Lothar König und neben allen anderen, gegen die sich dieser Versuch der Einschüchterung richtet.“.
Die kritischen Stimmen kommen jedoch nicht mehr nur aus den Reihen der Opposition und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Auch der thüringische Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) beklagte ein „großes Informationsdefizit“. So lag weder ein Amtshilfeersuchen der Sächsischen Beamten vor, noch wurden die thüringischem Behörden im Vorfeld informiert. Die Sächsische Polizei hat ihre Kompetenzen mit dieser Hausdurchsuchung scheinbar weit überschritten.
Der Skandal um die Funkzellenabfrage tausender Menschen um die Demonstration vom 13. und 19. Februar in Dresden, ist nur noch ein Teil der fraglichen Ermittlungsarbeit sächsischer Behörden. Nach den Äußerungen Schröters und Poppenhägers zu der aktuellen Durchsuchung in Jena, äußerte sich nun auch Jan Hille, ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, und verteidigte das Vorgehen. Der taz sagte er: „Das, was sich im Moment einige Politiker und interessierte Medien an Vorwürfen gegen die Staatsanwaltschaft Dresden erlauben, kannte ich bisher nur aus der rechtsextremen Ecke oder von Querulanten.“. Die Reaktion erfolgte prompt von Jenas OB Schröter: „Der Vergleich der Dresdner Staatsanwaltschaft ist völlig unangebracht.“, sagte Schröter der taz. „Mit solchen Feindbildern kommen wir nicht weiter. Als Demokrat bin ich aber gerne bereit, Herrn Hille zu einem Gespräch nach Jena einzuladen, um mal deutlich zu machen, welches Demokratieverständnis wir hier haben.“
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus (BAGK&R) fand scharfe Worte für das Vorgehen der sächsischen Behörden. In einer Pressemitteilung bezeichneten sie die Unterstellungen der Dresdner Staatsanwaltschaft gegen Lothar König als „ungeheuerlich und ehrenrührig“. Das Vorgehen der Sächsischen Polizei „erinnert an das Vorgehen der DDR-Staatsmacht gegen oppositionelle kirchliche Gruppen in der DDR und sind durch nichts zu rechtfertigen“, so ein Sprecher der BAGK&R weiter.
Die Ermittlungen rund um den 13. und 19. Februar nehmen immer größere Ausmaße an. In einem aktuellen Hintergrundbericht hat die Initiative „Sachsens Demokratie“ das bisherige Ausmaß der Ermittlungen gegen mutmaßliche linke Straftäter zusammengefasst. Daraus geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft seit mindestens zwei Jahren ermittelt.
Veröffentlicht am 12. August 2011 um 09:01 Uhr von Redaktion in Antifa