Trauerkundgebung in Dresden
12. Juli 2009 - 23:39 Uhr - 2 Ergänzungen
Zu einer Trauerkundgebung mehr als eine Woche nach dem rassistischen Mord im Dresdner Landgericht kamen am Samstag Nachmittag mehr als 1.500 Menschen. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis hatte dazu aufgerufen mit einer weißen Rose als zweifelhaftes Zeichen der Mahnung ihr Beileid mit der Ermordeten auszudrücken. Auf der Kundgebung übte sich die politische Prominenz wie so oft in Lippenbekenntnissen. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sprach davon, dass dafür gesorgt werden muss „dass Rechtsextreme und Rassisten verboten werden und keine Chance mehr haben, sich in Parteien zu organisieren“ und übersah dabei die Tatsache, dass es der Rot/Grünen-Regierung in ihrer Amtszeit nicht gelungen war, ein 2001 in die Wege geleitetes NPD-Verbotverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durchzusetzen.
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Bezeichnenderweise konnte und wollte die Dresdner CDU-Oberbürgermeisterin Helma Orosz ihren Urlaub nicht unterbrechen und blieb der Kundgebung fern. In einer offiziellen Stellungnahme der Stadt Dresden mehr als eine Woche nach der Tat (!) war zu entnehmen, dass „Fremdenhass oder Ablehnung von Muslimen […] kein Alltag, sondern die Haltung einer kleinen Minderheit [in Dresden sei]“. Damit wird scheinbar bewußt übersehen, dass rassistische Übergriffe in der sächsischen Landeshauptstadt auch 2009 zum Alltag gehören. Mit der Behauptung, dass die Stadt in ihrem „Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass nicht nachlassen dürfe“ karikiert die Stellungnahme zudem die Strafverfahren und die Verhinderung öffentlich wahrnehmbaren Protestes durch die Dresdner Ordnungsbehörden bei Europas größtem Naziaufmarsch im Februar. Vor fünf Monaten waren mehr als 6.000 Nazis aus ganz Europa geschützt durch die Polizei ungestört durch die Dresdner Innenstadt marschiert, während antifaschistischer Protest durch die Polizei gewaltsam angegriffen wurde.
Dresdens erster Bürgermeister Dirk Hilbert versprach am Rande der Kundgebung „mehr gegen Rassismus, Fremdenhass und Islamophobie zu unternehmen“ während im nicht einmal 100 Kilometer entfernten Grimma vier Familien von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ihre Kirchenbesetzung auf Grund mangelnder Kooperationsbereitschaft der sächsischen Behörden, der Kirche und der Stadt Grimma beenden mussten.
Alles beim Alten also in Sachsen, manche Sachen ändern sich eben nie.
Veröffentlicht am 12. Juli 2009 um 23:39 Uhr von Redaktion in Antifa, Kultur, News