Nazis

Schwacher Protest gegen Naziaufmarsch am 17. Juni

19. Juni 2012 - 00:24 Uhr - 6 Ergänzungen

Kränze an der Panzerkette in Dresden

Parallel zur „Bunten Republik Neustadt“ demonstrierten am frühen Sonntag Nachmittag knapp 230 Nazis nahezu ungestört durch Teile der Dresdner Innenstadt. Nachdem sich gegen 13 Uhr der Platz am Denkmal zur Erinnerung an den so genannten „Volksaufstand“ vom 17. Juni 1953 zunehmend gefüllt hatte, setzte sich der Marsch wenig später in Richtung Marienstraße in Bewegung. Die Zahl der rechten Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag damit etwas unter denen des vergangenen Jahres. Insgesamt drei Personen nahm die Polizei bei den Protesten vorläufig in Gewahrsam, ihnen werden Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.

Am Rande protestierten etwa 200 vor allem junge Menschen lautstark gegen die rechte Demonstration, die von einem riesigem Polizeiaufgebot begleitet wurden. Während im vergangenen Jahr noch knapp 450 Einsatzkräfte ausgereicht hatten, waren am Sonntag nach Polizeiangaben mit 900 Beamtinnen und Beamte aus mehreren Bundesländern fast doppelt so viele im Einsatz. Vor der dem Polizeidirektion auf der Schießgasse waren zu diesem Zweck sogar Räumpanzer und Wasserwerfer geparkt worden. Polizeisprecher Thomas Geithner sprach insgesamt von einem friedlichen Verlauf, gleichzeitig sei durch die Polizei ein „fortlaufender Protest in Hör- und Sichtweite des Aufzuges“ ermöglicht worden.

Schon in den Morgenstunden hatten nur wenige Vertreterinnen und Vertreter der Stadt gemeinsam mit etwa 30 Nazis vor der Panzerkette auf dem Postplatz Kränze niedergelegt. Der erste Bürgermeister der Stadt, Winfried Lehmann (CDU), wies in seiner Rede einen Missbrauch des Tages durch Nazis zurück. Dresden, so Lehmann in seiner Rede, „eignet sich nicht als Aufmarschplatz für Extremisten – nicht im Februar, nicht im Juni und auch zu keinem sonstigen Zeitpunkt“.

Obwohl es in diesem Jahr erneut zu wenn auch weniger Protest gekommen war, bleibt festzuhalten, dass sich mit dem 17. Juni ein zweiter kontinuierlicher Naziaufmarsch in der Landeshauptstadt zu etablieren scheint. Sie knüpfen damit an den Versuch von staatlicher Seite an, die Erinnerung an den Tag als offiziellen Gedenktag an die DDR-Diktatur festzuschreiben. Zwar lag die Zahl der Nazis dabei etwas unter denen des vergangenen Jahres, dennoch zeigen die deutlich geringeren Proteste der vor allem jungen Menschen, dass trotz des Erfolges im Februar ein Aufmarsch in dieser Größenordnung in Dresden zur Normalität geworden zu sein scheint. Bis auf eine wenige Menschen bei den angemeldeten Kundgebungen war von der in diesem Zusammenhang oft beschworenen aktiven Zivilgesellschaft oder Gewerkschaften nichts zu sehen.

Fotos zum Aufmarsch und den Protesten: Gedenkveranstaltung, Naziaufmarsch und Gegenprotest

Rede des Bürgermeister Winfried Lehmann (CDU):


Veröffentlicht am 19. Juni 2012 um 00:24 Uhr von Redaktion in Nazis

Ergänzungen

  • Sicher die Teilnehmerzahlen allein könnten Anlass zur Vermutung geben, dass der Protest gegen den Nazisaufmarsch stagniert. Auf der anderen Seite war aber viel Entschlossenheit und „Mut zur Lücke“ zu spüren, ich denke die erfolgreichen Aktionen im Februar haben vielen Menschen Mut gemacht. Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass die Organisation viel besser funktioniert hat: eine große Demonstration, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, mehrere strategisch angemeldete Kundgebungen, die gut genutzt wurden und der Ticker hat zuverlässig über den aktuellen Stand informiert. Ich denke viele Menschen sind mit dem Gefühl nach Hause gegangen, dass viel Potential da ist und wir nächstes Jahr noch deutlich mehr erreichen können. Ein bisschen mehr Mobi und noch ein klein wenig mehr Professionalität und die Blockade sitzt.:) Es gibt trotz der notwendigen Selbstkritik (Verbesserungspotential!) keinen Grund übermässig schwarz zu sehen.

  • Die sogenannten Linksradikalen hatten doch selbst keine Lust und haben sich das mit irgendwelchen ideologischen Pamphleten schön geredet, die auch hier auf addn.me im Vorfeld beworben wurden. Erst Antiwerbung machen und sich dann wundern, wenn tatsächlich kaum jemand kommt, wirkt schon etwas schizophren.

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