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Schwarz-Gelb plant Änderungen am Sächsischen Hochschulgesetz

18. September 2012 - 11:23 Uhr - 4 Ergänzungen

Wer freie Bildung fordert, darf von Kapitalismus nicht schweigen.

In Sachsen plant die Landesregierung mehrere Änderungen am bestehenden Sächsischen Hochschulgesetz (SächsHSG). So sieht das Gesetz einem Beschluss des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zufolge in Zukunft Langzeitstudiengebühren, die Abschaffung der Freiversuchsregelung bei Prüfungen und die Möglichkeit für einen Austritt aus der Studierendenschaft vor. Sächsische Studierendenvertretungen und Teile der Opposition kritisieren die Änderungsvorschläge und befürchten angesichts eines ohnehin geplanten Stellenabbaus an den Hochschulen den Verlust demokratischer Mitbestimmung und Beteiligung für Studierende.

Nach der Gesetzesänderung stehen nicht nur die von den Fachschaftsräten der Fakultäten angebotenen Erstsemestereinführungsveranstaltungen und die Förderung studentischer Projekte auf der Kippe, sondern auch die Service- und Beratungsangebote der Fachschaftsräte und des StuRas etwa bei Fragen zum Studium oder BAföG. Außerdem sollen nach den Vorstellungen von CDU und FDP in Dresden Studentinnen und Studenten künftig nach einem Semester selbst entscheiden können, ob sie bereit sind, die im Augenblick veranschlagten 145,20 Euro pro Semester für das sachsenweit gültige Semesterticket zu bezahlen oder nicht. Eine der möglichen Konsequenzen nach der Novellierung wäre eine Preiserhöhung oder sogar ein Wegfall des Tickets. Die im Gesetzentwurf festgelegte Gebührenerhebung für Studierende, die mehr als vier Semester über der Regelstudienzeit immatrikuliert sind, sieht, so der StuRa weiter, keine Härtefallregelung für studentische Eltern oder die Studierenden vor, welche zur Finanzierung ihres Studiums nebenbei arbeiten müssen. Auch die als „Freiversuch“ bezeichnete Möglichkeit, in modularisierten Studiengängen eine Prüfung vor dem eigentlich dafür vorgesehenen Zeitpunkt abzulegen, soll demnach wegfallen.

Andreas Spanger vom Studentenrat der Technischen Universität Dresden, sieht in der Novelle „die logische Konsequenz ihrer unverantwortlichen sächsischen Bildungs- und Hochschulpolitik der letzten Jahre“ und bezeichnete das Vorhaben als „direkten Angriff auf die Rechte der Studierenden, ihre Vertretungsorgane und ihre demokratischen Partizipationsmöglichkeiten“. Kritik kommt auch von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen. Marco Unger, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft, zeigte sich angesichts der „Entdemokratisierung des Hochschulbereichs“ besorgt und verwies auf die historischen Hintergründe, die zur Gründung der Studierendenschaften geführt haben.

Der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Geert Mackenroth, verteidigte das neue Hochschulfreiheitsgesetz als „Chance“ für sächsische Hochschulen ihre „Zukunftsfähigkeit“ auch „gegenüber dem Steuerzahler“ zu beweisen. In seinen Augen würde das künftige Wahlrecht dem „Wunsch vieler Studierenden“ entsprechen und „letztlich auch die Legitimation studentischer Gremien“ stärken. Auch die FDP sieht in den Änderungen keinen Versuch, die Beteiligungsrechte der Studentinnen und Studenten einzuschränken. Vielmehr stelle das Ende der „Zwangsmitgliedschaft“ auch eine „Aufwertung“ der Studentenschaft dar, so Andreas Schmalfuß, Hochschulexperte der FDP-Fraktion, in einer Pressemitteilung seiner Partei.

Die Grüne Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen kritisierte die Änderungen als „unsozial und kurzsichtig“. Vor allem Studierende „mit langen Pendelwegen“ würden in Zukunft benachteiligt werden. Sie befürchtet nach den „drastischen Kürzungen beim ÖPNV“ nicht nur den Wegfall von Einnahmen der Verkehrsunternehmen durch das Semesterticket, sondern auch eine stärkere Umweltbelastung durch eine damit verbundene Zunahme des innerstädtischen Pkw-Verkehrs. Gerhard Besier von den Linken sprach von einer „akuten Bedrohung“ der studentischen Interessenvertretung durch den drohenden Wegfall der Finanzierung. Das Argument von Teilen der Staatsregierung, dass in Anbetracht geringer Wahlbeteiligungen bei den Wahlen zu den Studierendenvertretungen, Zweifel angebracht seien, ob die Vertretungsorgane wirklich für die Studierenden sprächen, nannte er „polemisch und gefährlich“. Ob sie den geplanten Änderungen zustimmen oder nicht, müssen nun die Abgeordneten des Sächsischen Landtages entscheiden. Wann genau das passieren wird, steht allerdings noch nicht fest.


Veröffentlicht am 18. September 2012 um 11:23 Uhr von Redaktion in Freiräume, Soziales

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