Feststellungsklage eingereicht
13. Dezember 2011 - 14:30 Uhr - 4 Ergänzungen
Die beiden Abgeordneten der Linken im Sächsischen Landtag, Rico Gebhardt und Falk Neubert, haben gestern vor dem Amtsgericht einen Antrag eingereicht, der die „Rechtswidrigkeit der Handydatenerfassung am 19. Februar“ feststellen soll. Rechtsanwalt André Schollbach erinnerte daran, dass die Linke in diesem Jahr schon in zwei Fällen mit ihrem Widerspruch gegen die polizeilichen Maßnahmen im Februar Erfolg gehabt hatten und kritisierte die Dresdner Staatsanwaltschaft angesichts der bisher bekannt gewordenen „Ungeheuerlichkeiten der sogenannten Terrorzelle“ für ihre Energie bei ihrer Suche nach einer kriminellen Vereinigung im linken Spektrum.
In ihrem Antrag verweist Gebhardt auf den „Einschüchterungseffekt“ durch die Funkzellenabfrage tausender Menschen und kritisiert, dass die Staatsanwaltschaft dennoch der Meinung ist, dass nur die etwa 800 von den Überwachungsmaßnahmen betroffenen Menschen informiert werden sollen, die ein Auskunftsersuchen bei den ermittelnden Behörden gestellt haben. Er erinnerte daran, dass der § 100g Absatz 2 Satz 2 der Strafprozessordnung im Zuge der Anschläge vom 11. September in den Vereinigten Staaten „als Möglichkeit der Terrorbekämpfung und nicht um Straftaten am Rande einer Versammlung aufzuklären“ geschaffen wurde. Darin heißt es, dass im Fall einer „Straftat von erheblicher Bedeutung“ eine Funkzellenabfrage möglich wird, wenn dazu „die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre“ und vorab „eine räumlich und zeitlich hinreichend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikation“ festgelegt wurde.
Erst in der vergangenen Woche war im Rechtsausschuss des Sächsischen Landtages über das Thema diskutiert worden. Dabei stellten zahlreiche Datenschutzexperten klar, dass weder die Verhältnismäßigkeit noch die räumliche und zeitlich Begrenzung eines Gebiets, bei der Beantragung und Entscheidung über die Anwendung des Mittels der Funkzellenabfrage eine Rolle gespielt hatte. Fast zeitgleich wurde durch eine Landtagsanfrage der Grünen bekannt, dass die sächsischen Ermittlungsbehörden noch immer auswerten und bis heute knapp 55.000 Bestandsdaten ermittelt werden konnten. Erst gestern war darüber berichtet worden, dass die nach den Ereignissen im Februar eilig eingerichtete Sonderkommission 19/2 Menschen in Hannover darüber informiert, dass ihnen u.a. schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird.
Die sächsischen Behörden hatten nach dem Naziaufmarsch am 19. Februar damit begonnen, mittels einer flächendeckenden „nichtindividualisierten Funkzellenabfrage“ mehr als eine Million Handydaten abzufragen und anschließend auszuwerten. Von den Maßnahmen waren jedoch nicht nur zehntausende Anwohnerinnen und Anwohner betroffen, sondern auch vom Gesetz besonders geschützte Amts- und Mandatsträger. Das betrifft neben Journalisten und Rechtsanwälten auch die beiden linken Abgeordneten.
Veröffentlicht am 13. Dezember 2011 um 14:30 Uhr von Redaktion in Freiräume